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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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beiden beugten sich schweigend über die Papiere. Poole schaute ihnen eine Weile zu, dann machte er eine neue Runde durch den Raum. Flügelmutter neben Warne beobachtete Pooles Bewegungen genau und rollte auf seinen großen Rädern vor und zurück. Im Hintergrund bemühte sich Axl Rose von den Slash mit nölender Stimme, die hektischen Gitarrenriffs seiner Band zu übertönen.
    »Ich kann Sie wohl nicht dazu überreden, das abzudrehen, was?«, sagte Warne und deutete mit dem Kopf auf den CD-Spieler.
    »Hilft mir beim Denken.« Terri nahm ein neues Blatt. Dann kicherte sie.
    »Was ist denn?«
    »Ich hab nur nachgedacht. Ein doppelter Pistazien- Schokolade-Eisbecher mit Schlagsahne. Klingt absolut daneben.«
    »Ja, besonders für jemanden, der unreifes Obst mit brauner Fischpaste bestreicht.« Warne zögerte kurz, dann schaute er von den Ausdrucken auf. »Es ist wirklich komisch.«
    »Was denn?«
    »Dass wir fast ein ganzes Jahr lang wöchentlich miteinander telefoniert haben - und ich immer geglaubt habe, eine Frau, die Bonifacio heißt, müsse Italienerin sein.« »Ach so. Da haben Sie bestimmt immer an Sofia Loren gedacht, die sich in einer viel zu engen Bluse über den Metanet-Rechner beugt. Doch was wird Ihnen stattdessen geboten? Ein ältliches Exemplar von den Pazifischen Inseln.
    Sind Sie enttäuscht?«
    »Nein.« Warne schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht.«
    Vielleicht lag es an seinem herzlichen Tonfall, aber Terri quittierte seine Worte mit einem breiten Lächeln.
    »Pssst«, sagte Poole. Er ging zur Tür und schloss sie auf. »Ich überprüf mal den Gang«, sagte er. »Lassen Sie außer mir niemanden rein!«
    Warne schaute zu, als die Tür hinter ihm zufiel. Terri schloss sie ab, dann kehrte sie an ihren Platz zurück. Erneut trafen sich ihre Blicke.
    »Glauben Sie, es handelt sich um ne Art Maulwurf?«, fragte sie. Ihr Lächeln schwand.
    »Ich weiß nicht. Möglich ist alles. Laut Sarah gehören sogar Sie zu den Verdächtigen.«
    »Vielleicht.« Terri verdrehte die Augen.
    »Mein Bauch sagt mir, nein. Auch Poole kann ich mir nicht in der Rolle eines Bösewichts vorstellen.«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Außerdem... Welcher Terrorist würde sich schon so kleiden?«
    Warne wandte sich wieder einem Ausdruck zu. Nach einer Minute ließ er ihn seufzend auf den Schreibtisch fallen.
    »Was ist denn?« Terris Hand legte sich leicht auf seine Schulter.
    »Haben Sie sich je Sorgen über etwas gemacht, von dem Sie wussten, dass es verrückt ist - und anschließend ist es doch passiert? So wie jetzt? Ich wusste, dass es bescheuert ist, Georgia zu suchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr etwas passiert, war fast null. Aber dann ist es doch eingetreten. Jetzt werde ich das Gefühl nicht mehr los, dass wir in Gefahr sind.« Er hielt inne. »Ergibt das einen Sinn?«
    Terri schaute ihn noch eine Weile an. Ihre dunklen Augen wichen seinem Blick nicht aus. Dann rutschte ihre Hand von seiner Schulter. Sie schaute wieder auf die Ausdrucke und starrte sie schweigend an.
    »Als ich noch auf den Philippinen lebte«, begann sie schließlich, »haben meine Eltern mich in eine Klosterschule gesteckt.
    Es war abscheulich, fast so wie in >Oliver Twiste. Ich war die Jüngste und Kleinste. Alle haben mich zur Schnecke gemacht.
    Da ich es nicht leiden kann, wenn man mich rumschubst, hab ich mich gewehrt. Aber irgendwie wurde immer nur ich bestraft. Die Nonnen haben mich mit dem Kochlöffel verdroschen. Manchmal konnte ich stundenlang nicht sitzen.«
    Die Erinnerung ließ sie den Kopf schütteln. »Ich hab mich damit abgefunden. Mit der Beichte allerdings nicht. Ich konnte sie nicht ausstehen. Ich konnte den engen, dunklen Beichtstuhl nicht ausstehen. Ich wusste genau, dass man mich eines Tages in so ein Ding einschließen und darin vergessen würde.
    Ich weiß auch nicht, warum es mich so gequält hat. Ich wusste nur eins: Sollte es je dazu kommen, würde ich sterben. Der Gedanke hat mich so verängstigt, dass ich mich eines Tages weigerte, zur Beichte zu gehen. So was war noch nie vorgekommen. Zur Strafe hat mich die Oberin in die Besenkammer gesperrt. In einen winzigen Raum ohne Licht.«
    Obwohl Terri noch immer auf den Ausdruck starrte, erkannte Warne, dass sie sich bei der Erinnerung an ihr Erlebnis verkrampfte. »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Ich bin zusammengebrochen. Ich glaube, ich war ohnmächtig. Ich erinnere mich an nichts. Ich weiß nicht mal, wie lange ich in der Kammer war. Als ich zu mir kam, war ich in der

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