Das Patent
Unfall gegeben, und...«
Poole lachte. Es war ein kurzes Bellen, fast ein Husten.
»Es ist ne ernste Angelegenheit, stimmt«, sagte er. »Aber bestimmt kein Unfall.«
Da niemand etwas sagte, fuhr er fort. »Ich kann's nicht fassen, dass all die Lichter angegangen sind«, sagte er mit seiner Baritonstimme fast traurig. »>Flucht von Finsterwasser< war meine Lieblingsbahn. Aber jetzt weiß ich, wie es abläuft.
Jetzt ist mir der Spaß verdorben.«
Auch diesmal tauschten Sarah und Allocco einen Blick. Doch sie sagten nichts.
»Ich war noch ganz am Anfang der Fahrt, als das Ding hochging. Nachdem ich meine Verwandten rausgeholt hatte, war ich ziemlich lange da oben und hab gewartet. Später hat man mich dann an dem kaputten Sparren entlang runtergelassen.
Inzwischen waren alle Lampen an und ich hatte eine wirklich gute Aussicht. Ein typisches Sprengstoffszenario. C-4, was? Drei Ladungen, seitlich angebracht. Man nennt es auch Club-Sandwich. Wirklich bemerkenswert. Präzise Arbeit. Und gerissen gemacht, wenn man das Arbeitsumfeld bedenkt.«
In der Nische herrschte Stille.
»Reden Sie weiter!«, sagte Allocco.
»Ist das denn nötig? Wenn Sie Sprengladungen nicht gerade als Spezialeffekte einsetzen, würde ich sagen, Sie haben es mit ein paar ungeladenen Gästen zu tun. Oder mit einem Besucher, der ernstlich sauer auf Sie ist.« Poole deutete mit der Hand auf den Vorhang. »Aber wo bleibt die Polizei? Warum wird der Tatort nicht abgesperrt? Stattdessen rennen hier jede Menge Anzüge rum und entschuldigen sich für den Unfall. Für den Unfall. Das stinkt doch förmlich nach Vertuschung. Irgendjemand jagt Ihnen Angst ein. Und ich glaube, ich weiß, wer es ist.«
»Ach, wirklich?«, sagte Sarah.
Poole nickte. »Heute Morgen hab ich im Nexus einen Kerl beobachtet. Er hat Selbstgespräche geführt. Ich bin auf ihn aufmerksam geworden, weil er irgendwelche Gedichte rezitiert hat. Als Zweites ist mir sein südafrikanischer Akzent aufgefallen. Und erst der Schnitt seines Anzugs! Kein Tourist rennt in einem italienischen Anzug für fünftausend Dollar in einem Freizeitpark herum. Aber richtig wach bin ich erst geworden, als ich gesehen habe, wie er sich umgesehen hat.
Ich kenn diesen Blick. Er sah aus, als würde er den Laden hier in Kürze übernehmen. Oder als würde er ihm schon gehören.
Als gäb´s nichts, das ihn überraschen kann.«
Poole schüttelte leise lachend den Kopf. »Aber da heute mein freier Tag ist, hab ich es vergessen. Bis ich dann in der kaputten Kapsel saß. Da hab ich angefangen, zwei und zwei zusammenzuzählen.«
»Sind Sie Polizist?«, fragte Sarah.
Der Mann lachte erneut. »Nicht ganz.«
»Was sind Sie genau?«
»Leibwächter. Personenschutz. Solche Sachen.«
Allocco verdrehte die Augen. »Ich dachte schon, Sie wären Sherlock Holmes.« Sein Ton hatte sich in den letzten ein, zwei Minuten beträchtlich geändert.
Wieder schwiegen alle. Diesmal länger.
Schließlich holte Sarah tief Luft. »Sie haben gesagt, Sie könnten etwas für uns tun, Mr. Poole. An was haben Sie dabei genau gedacht?«
»Ich weiß nicht. Was brauchen Sie denn?«
Allocco mischte sich plötzlich ein. »Das reicht«, sagte er. »Können Sie uns bitte einen Moment entschuldigen, Mr. Poole?«
»Gewiss.«
Warne folgte Sarah und Allocco in Georgias Nische.
»Was haben Sie vor, verdammt?«, sagte Allocco zu Sarah.
»Er ist doch nur irgendein Mietling. Und vor uns liegt eine Menge Arbeit.«
»Das ist ja das Problem«, erwiderte Sarah leise. »Was für eine Arbeit liegt denn genau vor uns? gibt´s schon was Konkretes über die internen Verdächtigen, die auf Barksdales Liste stehen?«
»Nichts, das einen argwöhnisch macht. Ein Techniker namens Tibbald hat sich heute Morgen am Kontrollpunkt abgemeldet und ist nicht zurückgekehrt. Deswegen konnten wir ihn noch nicht verhören. Und die Protokolldateien der Überwachungskameras haben sich bisher als sauber erwiesen.«
»Sehen Sie, was ich meine? Wir haben bis jetzt nur unsere Wunden geleckt und darauf gewartet, dass das Telefon klingelt.«
Allocco deutete mit dem Daumen nach hinten auf den Vorhang. »Der könnte auch zu denen gehören.«
»Also, wirklich, Bob! Sie wissen doch, dass das Quatsch ist.
Seine Verwandten haben die Fahrt mitgemacht. Er hat sein Leben riskiert, um sie zu retten.«
»Dann ist er eben nur ein Besucher. Das ist noch schlimmer.
Ist Ihnen klar, wie das aussehen wird? Was er erzählen wird?«
»Was wird er denn Ihrer Meinung nach erzählen,
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