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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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abgesagt. Seither brodelte in den Reihen der höheren Chargen eine wilde Gerüchteküche. Was war während der »Greifenturm«-Vorstellung um 13.20 Uhr passiert? Was war bei »Finsterwasser« schief gelaufen? Und was sollte der Sicherheitsalarm? Sarah hatte alle Fragen in der Hoffnung abgeschmettert, dass man ihr ansah, wie unbekümmert sie in dieser Hinsicht sei: die üblichen Krisen, keine große Sache.
    Dann hatte sie sich vorsichtig nach eventuell bekannt gewordenen neuen Zwischenfällen erkundigt, die Luft angehalten und mit Vorboten neuen Unheils aus John Does Richtung gerechnet. Doch alle Meldungen waren harmlos und beruhigend alltäglich gewesen: unhygienische Zustände in der Damentoilette im Restaurant »Poor Richard«, dem Nachtclub Camelots. Beschwerden über einen übereifrigen Fahrdienstleiter auf der Achterbahn »Hindernislauf«. Das Parkplatzpersonal hatte wieder mal einen besonders ´nervenden Rechtsanwalt ausgemacht, der am Ausstieg der Schwebebahn nach potenziellen Klägern Ausschau hielt.
    Sarah hatte den Leuten zugehört und sie dann unter dem Vorwand eines dazwischengeschobenen Termins freundlich verabschiedet. Nun schaute sie ihnen zu, als sie Schnellhefter und Klemmbretter unter den Arm nahmen und den Raum verließen. Es war sehr einfach gewesen, sie zu beruhigen. Die Leute waren geradezu darauf versessen ihr zu glauben, denn Alternativen waren kaum vorstellbar. Für die Utopia-Abteilungsleiter war ein Park, in dem alles glatt lief, fast so wichtig wie das Leben an sich. Sarah fragte sich, ob sie je eine Möglichkeit finden würde, den Leuten die Wahrheit zu sagen, falls dieser Albtraum je endete.
    Grace, ihre Assistentin, streckte den Kopf durch die Tür.
    »Mr. Emory ist am Apparat, Miss Boatwright. Und Ihr Flugticket liegt auf meinem Schreibtisch.«
    Emory, dachte Sarah. Sie hatte ihn vor einer halben Stunde auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht. Was konnte er jetzt wollen? Die Übergabe hatte doch noch gar nicht... Ihr fiel auf, dass Grace noch immer im Türrahmen stand.
    »Wie bitte? Was für ein Flugticket?«
    »Für die Maschine nach San Francisco.«
    »Natürlich. Danke, Grace.« Sarah lächelte und wartete darauf, dass die Tür zuging. Sie hatte den Kongress völlig vergessen.
    Die Tür fiel klickend ins Schloss. Sarahs Lächeln verflog. Sie nahm den Hörer ab. »Mr. Emory?«
    »Ich bins, Sarah«, sagte der Geschäftsführer. »Ich muss Ihnen unbedingt etwas sagen. Die neue Entwicklung, über die Sie mich informiert haben. Nun, der Vorstand ist außer sich.«
    »Der Vorstand, Mr. Emory?«
    »Nach unserem letzten Gespräch habe ich den Vorstand zu einer Notsitzung einberufen.«
    Sarah wartete ab, hörte zu. Typisch Emory. Da er in Krisensituationen selbst keine Entscheidungen fällen wollte, hatte er den Vorstand einberufen, um sich den Rücken freizuhalten. Nun hatte sie es nicht nur mit ihm zu tun, sondern mit einem Dutzend Leuten. Alle würden hektisch durch die Gegend rennen, die Lage anhand von Ferngesprächen beurteilen und widersprüchliche Anweisungen erteilen, die die Situation nur noch verschlimmerten.
    »Ich musste den Vorstand informieren, Sarah. Auch wenn Sie sozusagen im Schützengraben liegen - am Ende wird man den Vorstand für alles verantwortlich machen, was passiert. Was schon passiert ist. Offen gesagt, Bob Allocco überrascht mich. Sind Sie noch immer ganz sicher, dass er nicht.«
    »Ja, Mr. Emory. Ich habe die Anweisung erteilt, und.«
    »Sie brauchen nichts zu erklären, Sarah. Was getan wurde, wurde getan. Ich weiß, dass Sie im besten Interesse des Parks gehandelt haben. Aber angesichts der jetzigen Verzögerung, der Verletzten und nicht zuletzt der beiden Todesfälle will der Vorstand Taten sehen. Die Herren wollen nicht, dass man glaubt, Sie säßen nur herum und schauten zu, wie alles den Bach runtergeht.«
    »Aber ich habe es Ihnen doch erläutert, Mr. Emory. Wir sitzen nicht herum. Die Übergabe ist auf 16.00 Uhr festgelegt.
    Wir sind nahe daran, die Situation zu entspannen. John Doe hat gesagt.«
    »Ich weiß. Aber dieser John Doe ist unberechenbar, vielleicht sogar instabil. Mit dem Abschmieren der Überwachungskameras sind die Sicherheitsabteilung und die öffentliche Sicherheit ernsthaft ins Hintertreffen geraten. Wir können keinerlei Risiken mehr eingehen.«
    Sarah öffnete den Mund zu einem Protest. Aber es war auch teilweise ihre Schuld, dass Emory nun diesen Schritt unternahm. Sie schwieg.
    »Leider nimmt der Vorstand keine einmütige

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