Das Patent
Position ein.
Aber wir haben einen Mehrheitsbeschluss. Wir machen weiter und setzen unsere Reservezugriffscodes ein, um eine zweite DVD zu brennen. Wir können aber nicht länger als eine halbe Stunde warten. Wenn die Sicherheit des Parks bis dahin nicht gänzlich wiederhergestellt ist, benachrichtigen wir das FBI.«
»Das FBI?«
»Je länger die Sache dauert, umso gefährlicher wird sie. Der Vorstand meint, wenn die Situation sich nicht sofort entspannt, wird der Punkt überschritten, an dem eine Umkehr noch möglich ist. Außerdem haben wir dann keine Möglichkeit mehr, eine schlechte Presse zu verhindern. Wenn es zu einer Katastrophe kommt, möchte der Vorstand lieber, dass die Polizei die Kritik einsteckt. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
Sarah biss sich auf die Unterlippe. »Das kann man wohl sagen, Sir.«
»Eine halbe Stunde, Sarah. Seien Sie vorsichtig! Und möge Gott Ihnen allen beistehen!«
Dann war die Leitung tot.
15:45 Uhr
John Doe saß unter einer Markise im »Chumley’s«:, dem Biergarten in Gaslight. Mit seinen schlanken Händen blätterte er die Seiten einer frisch gedruckten Ausgabe der Londoner »Times« aus dem Jahr 1891 um. Er war so gut gelaunt, dass er sich kaum bezähmen konnte, den Gästen zuzunicken, die vor ihm über das Straßenpflaster flanierten. Die meisten Menschen waren zwischen dem Soho Square, einer schicken Einkaufsstraße, und den »Mayfair Follies« unterwegs, einer Liveshow, die nur ein paar Häuser weiter aufgeführt wurde.
»Hallo!«, sagte er hin und wieder mit einem starken britischen Akzent und lächelte die Leute an, die Augen hinter der Sonnenbrille versteckt. »Hallo!« Einige Besucher schauten ihn nur irritiert an und beschleunigten ihren Schritt.
Die Mehrheit jedoch lächelte ebenfalls und erwiderte seinen Gruß. Die Verwandlungskraft Utopias war wirklich bemerkenswert. Sie war fast wie eine Droge.
Ja, diese Freiterrasse war wirklich ein herrlicher Fleck. Genau der richtige Ort, um sich mit einer beruhigenden Tasse Tee vor einer Verabredung zu entspannen. Der Tee im »Chumley’s« hatte sich jedoch als enttäuschend erwiesen, deswegen war John Doe auf Kaffee umgestiegen, denn der war besser. Er musste Sarah Boatwright unbedingt fragen, in welchem Restaurant es den köstlichen Jasmintee gab. Aber dazu hatte er ja bald Gelegenheit.
Der für John Does Tisch zuständige Kellner, ein großer, in Tweed und mit einem riesigen Schlips gekleideter Bursche, trat an seinen Tisch. »Darfs noch ein Tässchen sein?«
»Aber gern«, sagte John Doe. Er seufzte zufrieden und blätterte eine Seite um.
Der Kellner begutachtete ihn mit einem amüsierten Lächeln.
»Sie wirken so aufgekratzt, Chef.«
»Ach, ich hab nur Spaß an meiner Arbeit.«
John Doe schaute zu, als der Kellner sich an den weißen Tischdecken vorbei einen Weg zurück bahnte. Sein Akzent war nicht mal übel, aber ein echter Cockney hätte vermutlich etwas gegen seine Sprüche gehabt. Trotzdem, er war mehr als akzeptabel. Gaslight gefiel John Doe wirklich viel besser als alle anderen Erlebniswelten Utopias. Camelot bestand nur aus grellen Kostümen und martialischem Geschrei, und Callisto strahlte einen postmodernen Glanz aus, der ihm auf die ´nerven ging. Abgesehen natürlich von dem abscheulichen Piccadilly mit den T-Shirt-Läden und Schmuckgeschäften wirkte Gaslight kultivierter. Und der kleine Biergarten hier war eine echte Entdeckung. Er war schlicht und gemütlich - und nur ein Stückchen vom Holokabinett entfernt. Als John Doe sich umschaute, erspähte er ein, zwei gut getarnte Überwachungskameras. Wie schade, dass sie momentan außer Betrieb waren. Seine gute Laune wurde noch besser.
Der Kellner kehrte mit einer neuen Tasse Kaffee zurück.
»Bitte«, sagte er und stellte sie mit einer schwungvollen Gebärde auf dem Tisch ab. »Möge er Ihnen munden!«
»Danke.« John Doe blickte von seiner Zeitung auf. »Ein leckeres Käffchen servieren Sie hier«, sagte er und verfiel in einen ähnlichen Akzent. »Nicht so´n Spülwasser wie in den Fischbuden auf dem Weg hier rauf.«
Der Kellner lächelte. »Oh, das Geschäft läuft gut.«
John Doe umfasste die Tasse mit beiden Händen. »Is aber ein bisschen feucht hier draußen, wenn´s so pieselt.«
»Hätten Sie lieber einen Tisch drinnen?«
»Nee, da sitzen überall Onkel Paul und Tante Martha rum.
Hätte aber kaum was dagegen, einen Blick auf Ihre Speisekarte zu werfen.«
»Da tun Sie recht dran. Wollense ein Hauptgericht? Oder
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