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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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geschlossen. Obwohl sie sich bei den Planungssitzungen ein halbes Dutzend Mal begegnet waren, kannte Barksdale seinen Namen nicht. Er wurde einfach Cracker Jack genannt. Er kannte auch die Namen der anderen nicht - sie hatten alle ein Pseudonym, wie Water Buffalo, Candyman und der Typ, der einem wirklich Angst einjagte:
    Hardball. Barksdale hatte sich in dieser Anonymität stets rückversichert gefühlt, als könne seine Unwissenheit ihn irgendwie schützen. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
    Seit der seltsame Unbekannte mit der Kordjacke aus dem Nichts aufgetaucht war, ihn mit der KIS-Ge schichte aufs Kreuz gelegt und ihm die Kanone gezeigt hatte, war für Barksdale Feierabend gewesen. Die Aufregung, die ihn im Laufe der letzten Woche immer mehr vereinnahmt hatte, war erstaunlicherweise schlagartig einer Art Erleichterung gewichen. Es war aus. Er hatte verloren. Es war endlich aus.
    Beim Betreten der Sicherheitsabteilung war seine Betäubung freilich in einen schrecklichen inneren Konflikt übergegangen. Er verwünschte sich, weil er die Sache überhaupt erst angefangen hatte; weil er zugelassen hatte, dass die Dinge sich jeglicher Kontrolle entzogen; weil er sich von John Doe bis zu diesem würdelosen Ende hatte abwechselnd verführen und bedrohen lassen. Das Gerede über die Toten in Callisto, so vage es auch war, fühlte sich zudem an wie ein Dolch, der sich in sein Herz bohrte. Trotzdem hatte er seine Überraschung zu verbergen versucht, als die Zellentür aufgegangen war und den Blick auf Cracker Jack auf der Pritsche freigegeben hatte. Jedes Zeichen, das besagte, dass sie sich kannten, musste nun gegen ihn arbeiten. Trotz des Schmerzes und Abscheus, den Barksdale sich selbst gegenüber empfand, wusste er instinktiv, dass er noch immer darauf hoffte, sich herauswinden zu können.
    Cracker Jack öffnete die Augen und beobachtete ihn bei seinem ´nervösen Gerenne. »Wie harn eigentlich die Lakers gespielt?«, fragte er.
    Sein Witz erntete nur Schweigen. Barksdale beschleunigte seinen Schritt. Er ging auf und ab. Auf und ab.
    >»Ich bin ein Mensch, den das Glück schnöde missachtet hat<«, zitierte er Shakespeare so leise, dass Cracker Jack es nicht hörte.
    Er hatte Sarah im medizinischen Zentrum nicht ganz die Wahrheit gesagt. Ihm war nämlich doch ein Shakespearezitat eingefallen: »Alles wird gut.« Aber es war zu unpassender Zeit von einem unpassenden Menschen ausgesprochen worden - von Claudius, dem Mörder von Hamlets Vater. Deswegen hatte er es nicht über die Lippen gebracht.
    Oh, meine Untat ist widerlich - sie stinkt zum Himmel ...
    Barksdale verdrängte den Gedanken. Heute würde Shakespeare ihm keinen Trost spenden.
    Wieso war alles schief gegangen? Es hatte doch so einfach ausgesehen. Jedes Teilstück war locker an seinen Platz gerutscht, fast so, als hätte ein anderer das Puzzle für ihn zusammengesetzt.
    Vielleicht war es auch so. Er hätte es nur erkennen müssen.
    Dieser Jemand hieß John Doe.
    Für Barksdale hatte alles mit einer Riesenwut angefangen. Er war der ideale Betriebsleiterkandidat gewesen, doch man hatte ihn übergangen. Dass die Herrscher Utopias, statt ihn zu nehmen, jemanden von der Carnegie-Mellon-Universität abgeworben hatten, hatte ihn gewaltig auf die Palme gebracht. Sarah Boatwrights makellose Referenzen - sie war Geschäftsführerin bei Busch Gardens und Vizepräsidentin der Verwaltung eines Mikrochipherstellers im Silicon Valley gewesen - hatten ihn weniger gestört. Ihn wurmte vor allem, dass sie von außerhalb gekommen war. Chuck Emory, das arrogante Geschäftsführerschwein, hatte ihn nie richtig leiden können. Barksdale hätte vor Empörung beinahe gekündigt.
    Doch dann war ihm eine Idee gekommen. Eine Idee, die besser war als eine Kündigung.
    Zuerst hatte er nur mit der Idee gespielt. Sie war eine intellektuelle Herausforderung. Er hatte sie lösen wollen. Erst als ihm klar geworden war, wie listig, wie absolut einfach die Lösung war - dass er sich als Chef der Systemverwaltung als Einziger in der Position befand, diese Idee umzusetzen -, hatte er allmählich ernsthaft über sie nachgedacht.
    Die Lösung lag in dem hohen Automationsgrad, dem sämtliche Prozesse auf dem Utopia-Gelände unterworfen waren.
    Die Automatisierung beherrschte hier alles: die Bewegungsmelder, die die Verteilung der Massen im Park registrierten; die Computer, die Beleuchtung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wasserdruck und zahllose andere Umweltvariablen überwachten, und

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