Das Patent
Sprengplan und suchte die Konstruktion noch einmal nach übersehenen Mängeln oder Strukturschwächen ab. Die Kuppel war außergewöhnlich gut gebaut, die Ladungen hatte er perfekt über die einzelnen Abschnitte verteilt. Normalerweise hätte er sie lieber in drei verschiedenen Höhen angebracht, damit sie in Intervallen von einer Viertelsekunde von unten nach oben detonierten.
Bei der Sprengung stahlverstärkter Brücken war er im Auftrag tschetschenischer und kongolesischen Rebellen immer gut damit gefahren. Doch angesichts der Größe gerade dieses Auftrags und der begrenzten Menge an C-4, die er hierher hatte schleppen können, musste er auf maximale Wirkung setzen. Ein einzelner Kreis aus zwanzig Sprengladungen, rings entlang des Sockels angebracht, musste der Kuppel das Kreuz brechen. Eine zweite Reihe von Ladungen, in einem kleineren Kreis auf halber Höhe verteilt, sollte gleichzeitig hochgehen, den oberen Teil zerschmettern und dann implodieren lassen.
Der Mann trank einen Schluck aus der Feldflasche und vollzog die Geometrie der Explosion mit Höchstgeschwindigkeit in seinem Kopf nach. Er ließ die Kuppel einstürzen und baute sie im Rückwärtsgang wieder auf. Dann wieder ab, auf, ab. Der Plan war perfekt. Er brummte zufrieden.
Demontagearbeit gehörte an sich zu den schönen Künsten.
Sie war wie umgekehrte Architektur. Außerdem war sie, wie die Tätigkeit des Heckenschützen, eine Einmannkunst, die zu Einzelgängern passte.
Er löste den Blick von der Kuppel und schaute auf das Funkgerät. John Doe würde sich jeden Moment melden. Der Mann schob die Feldflasche in die Sporttasche, dann legte er das Buch von Proust dazu. Schließlich zog er sich in den Schatten zurück, beobachtete wieder den Horizont und wartete. Wartete.
Tief unter ihm, in den höhlenartigen Räumen des Callisto- Weltraumhafens, stand Bob Allocco hinter den Schreibtischen, aus denen der Behelfskommandoposten bestand. In einer Hand hielt er ein Telefon, in der anderen ein Walkie-Talkie. Er sprach gleichzeitig in beide Geräte hinein. Im Zuge der Rettungs- und Ermittlungsarbeiten war das medizinische, technische und sicherheitstechnische Personal immer größer geworden. Doch die Ein- und Ausstiegsbereiche von »Station Omega« wirkten trotz der vielen hier versammelten Arbeiter leer und klangen hohl. Allocco beendete das Gespräch und legte den Hörer auf. Er lag kaum auf dem Apparat, als es wieder klingelte.
In der ganzen Hektik hatte er Sarah Boatwright völlig vergessen.
Nicht weit entfernt stand John Doe im göttlich kühlen Zwielicht der Promenade. Er lehnte an einer der zahlreichen Leuchtsäulen, die den Eingang des Fahrgeschäfts »Angstplanet« säumten. Seit der plötzlichen Schließung des Weltraumhafens waren die Warteschlangen beträchtlich länger geworden. Er verschränkte die Arme vor der Brust und beugte sich vor, um dem Gerede der Besucher zu lauschen.
»Ich hab gehört, es soll ne Bombe gewesen sein«, sagte jemand. »Eine Neutronenbombe. Terroristen haben sie hochgehen lassen.«
»Ich hab gehört, es war ein Gasangriff«, sagte jemand anderes. »Wie damals in Indien. Da sind dreihundert Leute gestorben. Die Opfer liegen noch immer da drin.«
»Das ist doch alles Quatsch. Wir sind hier in Utopia. Da stirbt doch niemand! Wenn wirklich was passiert wäre, hätte man den Laden längst dichtgemacht. Glaubst du, dann wären wir noch hier?«
»Ich weiß nicht. He, siehst du die Leute, die zum Ausgang gehen? Die sehen ganz schön durcheinander aus. Die rennen ja geradezu. Vielleicht wissen sie was. Vielleicht sollten wir auch lieber gehen. Es ist schon nach vier, und bis zum Hotel ist es eine lange Fahrt.«
»Kommt gar nicht in Frage! Ich hab den ganzen Tag darauf gewartet, dass ich endlich den Holofilm sehen kann. Das sind doch alles nur Gerüchte, verdammt noch mal! Die werden wahrscheinlich nur von der Konkurrenz verbreitet.«
John Doe hörte den Leuten mit einem breiten Lächeln zu.
Das Gerücht von Bomben und Explosionen war nicht zu verachten. Da fehlte nur noch ein Aufschrei, der plötzliche Anblick von verbrannten Kleidern und Eingeweiden, um schlagartige Panik zu erzeugen. Es war wunderschön, einem Gerücht bei der Arbeit zuzusehen. Es war, als verteile man einzelne Blutstropfen auf die glatte, unbewegte Oberfläche eines Teiches. Die Wellchen verbreiteten sie langsam und unaufhaltsam. Und so war es beabsichtigt.
Does Blick fiel auf eine Gruppe von Wachleuten. Sie trotteten über die Promenade und
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