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Das peinlichste Jahr meines Lebens

Das peinlichste Jahr meines Lebens

Titel: Das peinlichste Jahr meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lowery
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beendet. Mir gefiel das nämlich ganz und gar nicht.
    Doch dieser Plan hatte einen großen Haken. Wenn ich einfach davonlief, würde Lucy mir das vielleicht nie verzeihen. Sie würde nie mehr mit mir sprechen, mich anlächeln oder mir Witze über Abdrücke von Schwimmbrillen erzählen.
    Voller Selbsthass räusperte ich mich, blickte zum Fenster hinauf und rief leise, in einem Tonfall, der an den Schrei einer Eule erinnerte: »Freak an Liebesgott. Freak an Liebesgott …«
    Die Verfolgungsjagd
    Ste sprang aus dem Fenster. Er hatte das Glück, dass ich seinen Sturz mit meinem Körper abfederte.
    »Hat er dich gesehen?«, fragte ich, während wir uns aufrappelten.
    »Nein«, sagte er atemlos. »Ich bin noch rechtzeitig rausgekommen. Los, nichts wie weg.«
    Wir stürmten durchs Tor und rannten die Straße entlang. Trotz des Stechens in meiner Lunge hatte ich gut fünf Meter Vorsprung vor Ste, als ich hinter uns ein vertrautes Brüllen hörte. »Kommt sofort zurück!«
    »Dave!«, rief ich.
    Er stieß einen Schrei aus, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, und kam dann hinter uns hergerannt, wobei er mit jedem Schritt aufholte. Ich kam mir vor wie eine kranke Antilope, die von einem Löwen verfolgt wird.
    Wir bogen um die Ecke, Stes Auto direkt vor uns.
    »Langsam, langsam«, keuchte Ste. »Nimm die Schlüssel und schließ die Tür auf.«
    Dave war nur noch etwa dreißig Meter entfernt.
    Ich verlangsamte meine Schritte und streckte die Hand aus, um die Schlüssel zu ergreifen.
    WUMM !
    Ohne Vorwarnung senkte Ste die Schulter und rammte mich wie ein Rugbyspieler. Ich flog durch die Luft, über eine niedrige Mauer hinweg, und landete mit dem Gesicht nach unten in einem Blumenbeet.
    »Was soll das?«, fragte ich und spuckte einen Mundvoll Erde aus. Im Rücken und im Gesicht verspürte ich einen pochenden Schmerz und hatte das Gefühl, als hätte mich ein Lastwagen überrollt.
    Ste drückte mein Gesicht ins Blumenbeet. »Alles klar, Dave. Ich hab ihn. Ich hab ihn erwischt. Der belästigt Lucy nicht mehr.«
    Was für ein Schuft.
    Stes Darstellung der Ereignisse
    Ich konnte von Glück sagen, dass in diesem Moment gerade ein Streifenwagen vorbeifuhr. Der Beamte, der den Wagen lenkte, stieg aus, bevor Dave mir ein Haar krümmen konnte. Offenbar hatte es ihn ziemlich überrascht zu sehen, dass sich zwei Leute in einem Blumenbeet voller Begonien herumwälzten. Kurz darauf trafen auch meine Eltern ein.
    Ste gab vor der Polizei, unseren Eltern, Miss Skinner und Mr. und Mrs. King, die uns gefolgt waren, um zu sehen, weshalb so eine Aufregung herrschte, folgende Darstellung der Ereignisse zum Besten:
    Er sei zu Hause gewesen und habe wie ein guter Bruder auf mich aufgepasst. Doch plötzlich hätte ich angefangen, mich seltsam zu verhalten, hätte Schaum vor dem Mund gehabt und irgendwas über Leitern und Lucy King gelallt. Er habe versucht, mich zu beruhigen, aber ich hätte ich mich aufgeführt wie ein »Besessener«. [49]
Trotz seiner Bemühungen hätte ich mich aus dem Haus geschlichen. Als er es gemerkt habe, sei es bereits zu spät gewesen. Natürlich habe er genau gewusst, wo ich hinwollte. Um Dave und seine nette Frau [50] nicht zu beunruhigen, habe er um die Ecke geparkt. In der Hoffnung, er könne mir mein perverses Vorhaben ausreden und Lucy vor mir schützen, ohne Aufsehen zu erregen oder unseren Eltern den entspannten Abend bei ihren neuen Freunden zu verderben.
Als er im Garten eingetroffen sei, habe er mich, schon halb in Lucys Fenster hängend, oben auf der Trittleiter gesehen, wo ich so seltsame Laute von mir gegeben hätte »wie ein Schimpanse, der eine Wassermelone frisst«. Plötzlich habe er Dave im Haus etwas rufen hören. Ich sei von der Leiter gestürzt und davongerannt. Um der Gerechtigkeit willen habe er mich verfolgt und zu Boden geworfen.
    Er beendete seinen Auftritt mit der Bemerkung, es sei sein größter Wunsch, dass ich von meiner Krankheit geheilt werden könne. Dann fragte er den netten Polizisten, ob er irgendeine Einrichtung kenne, in der man mich einsperren und mir eine Elektroschockbehandlung verabreichen könne, um dieser Triebhaftigkeit ein Ende zu setzen.
    Ich wollte ihm widersprechen, doch Mum sagte ständig, ich solle ruhig sein und was für eine große Überraschung das Ganze sei, doch zum Glück sei ein so guter, rechtschaffener Bürger wie Ste dagewesen, um mich aufzuhalten.
    Der Polizist fragte, ob er mit Lucy sprechen könne, doch da schaltete Mum sich ein: »Das ist nicht

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