Das peinlichste Jahr meines Lebens
behaupten, aber versuchen Sie mal, Ihr Frühstück zu essen, wenn ein Busen drinhängt. Der Busen Ihrer eigenen Mum. Versuchen Sie mal, in Ihrem Haus zu leben, wenn Ihnen jedes Mal auf dem Weg durch den Flur ein Bild von den beiden ins Auge springt, auf dem
alles
zu sehen ist. Versuchen Sie mal, eine Tür zu öffnen, ohne zu wissen, ob Sie ein Sie-wissen-schon-was zu sehen bekommen oder ein … ein … ein … Dingsda. Versuchen Sie mal, damit klarzukommen, dass die beiden ihre Teile in aller Öffentlichkeit zur Schau stellen.
In aller Öffentlichkeit
. Ist es ein Wunder, dass ich mich weigere, weiterhin mit meiner Mum zu sprechen? Ist es eine riesige Überraschung, dass ich lieber jede Nacht in einem Zelt friere, als sie anschauen zu müssen? Ist es eine bestürzende Enthüllung für Sie, dass ich vielleicht etwas durcheinander bin wegen all dem, was passiert ist?
POM : Alles in Ordnung, Michael? Du bist ganz rot geworden.
MS : (nimmt Inhaliergerät) Mir geht’s gut. Er versteht es bloß nicht.
Chas: Mikey, du hast recht. Ich versteh’s nicht, Kumpel. Aber ich kann dir helfen, es zu verstehen.
MS : Ich verstehe vollkommen, danke.
Chas: Aber weißt du was? Lass deine Wut weiter raus, Mann. Lass sie weiter raus. Denn ich glaube, das ist der Schlüssel. Ich hab’s schon gesagt und sage es noch mal. Was du brauchst, ist Freiheit, Mann. Freiheit von deinen eigenen Erinnerungen. Freiheit von allem, was passiert ist, und allem, was dich blockiert. Die Freiheit, dein Leben zu leben, und deshalb, mein abgefahrener Freund, glaube ich, dass wir Fortschritte machen. Du öffnest dich, Mann, und es dauert nicht mehr lange, bis wir sehen, was hinter dem Ganzen steckt. Das wär’s für heute.
POM : Fabelhafte Rede, Chas. Einfach inspirierend.
Chas: Das ist meine Aufgabe, Baby. Das ist meine Aufgabe. Kann ich Ihnen beim Abendessen mehr darüber erzählen?
MS : Ich bin immer noch da, wissen Sie.
Chas: Tut mir leid, Mann.
POM : Vielleicht ein andermal. Ich muss … ähm … meine neue Katze entwurmen.
Chas: Cool.
[Ende der Abschrift]
Ich kann Chas nicht ausstehen
Als ich die heutige Sitzung verließ, war ich fuchsteufelswild. Chas macht mich total wütend.
Und er akzeptiert einfach nicht, dass Miss O’Malley nein sagt. Eigentlich hätte er die Botschaft doch inzwischen kapieren müssen. Wegen der Sache, die diese grässlichen Jungen ihr angetan haben, will sie mit Männern nichts mehr zu tun haben. Und das gilt auch für spindeldürre alte Skateboarder mit bescheuerten Klamotten, die in einer 1980 er-Zeitschleife leben. Deshalb sollte er sie einfach in Ruhe lassen. Wenn sich ihr die Gelegenheit bietet, mit ihm auszugehen, entwurmt sie lieber eine nichtexistente Katze. Das sagt doch wohl alles.
Aber am schlimmsten ist, dass ihn Miss O’Malley trotz allem anscheinend für einen guten Menschen hält. Wenn die Sache mit dem Kino damals nicht passiert wäre, würde sie für ihn vielleicht sogar Interesse zeigen. Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, warum sie ihn mögen sollte. Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, kann ich ihn weniger leiden.
Das Problem ist, dass ich mir jedes Mal vornehme, nichts zu sagen, aber kaum sehe ich ihn, werde ich so wütend, dass ich mich nicht mehr bremsen kann. Er behauptet, wir machen Fortschritte, doch ich habe keine Ahnung, wie er das meint. Er fragt mich immer bloß Sachen, die er schon weiß. Und ich wünschte, er würde endlich von diesem verdammten Esel aufhören. Das wird langsam langweilig.
Was für Folgen die Hilfe für meinen idiotischen Bruder hatte A) Die schlechten Sachen
Nachdem, was bei Lucy passiert war, bekam ich erwartungsgemäß ziemlichen großen Ärger. Ich erhielt kein Taschengeld mehr, und zu Hause wurde ich erst gar nicht mehr zur Kenntnis genommen, geschweige denn, dass jemand mit mir gesprochen hätte. Na ja, Dad versuchte es, doch Mum sagte, ich würde nichts lernen, wenn sie mich nicht angemessen bestraften. Außerdem bekam ich zwei Wochen Hausarrest. [51]
Ich musste einen Brief an Dave schreiben, in dem ich mich dafür entschuldigte, dass ich Lucy nachgestellt hatte, und ihn anflehte, trotzdem am Fackelumzug als Seegurke teilnehmen zu dürfen. Am nächsten Tag musste ich ihm den Brief bei Trainingsbeginn in einem von Mums Blümchenumschlägen überreichen. Das war wirklich erniedrigend. Er las den Brief und zerknüllte ihn.
»Ab ins Wasser mit dir, du kleiner Rotzlappen«, brummte er. »Und an dem Umzug darfst du bloß teilnehmen, weil meine Frau
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