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Das peinlichste Jahr meines Lebens

Das peinlichste Jahr meines Lebens

Titel: Das peinlichste Jahr meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lowery
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auf der Welt Milliarden von Frauen, aber mich gibt’s nur einmal. Was soll ich denn sonst tun, wenn Lucy schwimmt oder auf so einem bescheuerten Festwagen rumkutschiert? Jede Frau auf Erden hat ein Stückchen vom Stevenator verdient.«
    Ich war entsetzt. »Ich wusste es. Ich hab’s immer gewusst. Du betrügst sie wirklich.«
    Ste sah mich an, als sei ich schwachsinnig. »Na klar. Der Stevenator lässt sich keine Fesseln anlegen. Was willst du schon unternehmen? Es ihr erzählen? Sie wird dir nicht glauben. Du bist ein Freak, Mike.
Ein Freak.
Das hab nicht ich gesagt, sondern Lucy King.«
    »Aber dann machst du sie wieder traurig. In ein paar Monaten muss sie zu den Landesmeisterschaften. Du könntest ihre Karriere zerstören.«
    Er strich einen Klecks Schminke glatt, der einen Pickel an seinem Kinn abdeckte. »Und genau deshalb wird sie’s nie rausfinden. Ich bringe mein anderes Häschen nach Hause. Dann komme ich in die Stadt, um Lucy nach dem Umzug abzuholen, und sie freut sich, mich zu sehen, und erfährt gar nicht, was ich getan habe. Ende. Ach, und dann brauche ich noch den Karton, danke.« Er griff unter die Steppdecke und riss ihn mir aus der Hand. »Wir wollen doch nicht, dass Lucy wieder
traurig
wird, nicht wahr? Nicht so kurz vor den Landesmeisterschaften.«
    Er gab mir einen Klaps auf die Wange, zwinkerte mir zu und schlenderte aus der Küche.
    Der Fackelumzug
    Den Rest des Tages verbrachte ich allein, im Haus eingesperrt, deprimiert, und aß zum Trost eine weitere Packung Custard Creams. Gegen halb fünf rief Mum an und sagte, sie komme erst spätabends nach Hause, und bat mich, mir das Abendbrot selbst zuzubereiten. Dad war noch nicht von der Arbeit zurück, und Ste knutschte mit irgendeinem Mädchen rum.
    Etwas später bekam ich eine SMS von Paul Beary, in der er mich fragte, ob ich mich immer noch mit ihm in der Stadt treffen wolle, um mir den Fackelumzug anzusehen und die Bekanntschaft seiner französischen Freundin zu machen. Erst wollte ich nicht gehen. Das Letzte, was ich sehen wollte, war, wie Lucy vorbeifuhr, glücklicherweise nicht ahnend, was Ste hinter ihrem Rücken tat. Aber aus drei Gründen sagte ich dann doch zu:
    Mir war total langweilig, und ich hatte die Nase voll.
Ich war wirklich neugierig, was für eine Lüge sich Paul einfallen lassen würde, um zu vertuschen, dass seine Freundin nicht existierte.
Wenn ich zu Hause bliebe, würde ich wahrscheinlich bloß eine weitere Packung Custard Creams verdrücken.
    Und dann kam noch hinzu, dass es sich gut anfühlte, Mums Hausarrest-Befehle zu ignorieren. Deshalb stand ich gegen halb sieben allein an der Straße und wartete auf die Festwagen. Erwartungsgemäß kam Paul nicht pünktlich. Vermutlich dachte er sich gerade seine lächerliche Geschichte aus.
    Falls Sie noch nie bei einem Fackelumzug waren: Der ist so ähnlich wie jeder andere Umzug (d.h. langweilig), nur dass er abends stattfindet und die Festwagen (in Wirklichkeit bloß lausig geschmückte alte Lastwagen) von ein paar Leuten mit brennenden Fackeln angeführt werden. Diese Leute tun so, als würden sie den Lastwagen an einem Stück Seil in ihrer anderen Hand ziehen, obwohl jeder merken kann, dass der Motor läuft und die Person im Führerhaus ganz offensichtlich fährt. Das kommt mir völlig sinnlos vor (genau wie die Tatsache, dass trotz der absolut ausreichenden Straßenbeleuchtung in Preston Fackeln verwendet werden).
    Ich stand kurz vor der Ortsmitte am Straßenrand. Wie gesagt, dieser Fackelumzug findet nur alle zwanzig Jahre statt. Deshalb schien die ganze Stadt auf den Beinen zu sein, um ihn sich anzusehen. Auf den Gehsteigen wimmelte es von Menschen: Erwachsene, die den Hals reckten, um etwas zu sehen, Kinder, die auf den Schultern ihrer Eltern saßen oder sich an die Absperrung an der Straße drückten.
    Ich begriff nicht, was all die Menschen dort wollten. Ich meine, ich hatte wenigstens einen passablen Grund – ich wollte mich mit meinem übergewichtigen Freund treffen, um mir zu beweisen, dass seine französische Freundin nicht existierte, und vielleicht eine talentierte Sportlerin bewundern, die mich hasste. Doch die Leute waren bloß da, um sich Lastwagen anzusehen, die wie ein Dschungel, eine Kampfkunsthalle oder irgendwas ähnlich Albernes zurechtgemacht waren. Das ergab keinen Sinn.
    Polizisten in gelben Jacken schlenderten auf und ab, ein paar von ihnen aßen sogar Zuckerwatte. In weiser Voraussicht hatte ich mich auf eine ungefähr einen Meter zwanzig hohe

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