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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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war schwer, den Mann selbst zu beschreiben. Nichts an seinem Gesicht war auffällig, nichts hatte Kontur. Ein Mann, den man in jeder Menschengruppe übersah. Selbst seine Stimme – mittelhoch, eher leise – hatte geklungen wie aus zahllosen Stimmen generierter Durchschnitt.
    Sie beschrieb ihre Flucht auf dem Rad. Die Verfolgung. Sein Versuch, sie auf ihrem Rad in die Schlucht zu stoßen. Ihr Sturz, die Böschung hinunter. Das Messer in seiner Hand.
    »Was haben Sie getan?«, fragte Gerakákis.
    »Ich habe ihn mit Steinen beworfen.«
    »Mit Steinen?« Er runzelte die Stirn.
    »Was sollte ich machen?«
    »Haben Sie ihn verletzt?«
    »Ich glaube nicht. Er ist zurück zu seinem Wagen geklettert. Er ist wieder hochgefahren. Er hat die Blutspuren beseitigt. Er musste nur etwas Geröll mitnehmen und ein paar Sträucher abschneiden. Und er musste die Leiche wieder mitnehmen.«
    »Falls dort eine Leiche gelegen hat.«
    »Warum hat er sonst die Blutspuren beseitigt? Warum hat er versucht, mich zu töten?«
    Gerakákis überlegte. Nickte. Machte eine Notiz.
    »Und Sie?«, fragte er.
    »Ich habe das Fahrrad auf meine Schultern genommen und bin auf einem Trampelpfad bergab gegangen, ungefähr zwei Kilometer. Dort habe ich den Traktorfahrer getroffen.«
    Gerakákis begann ein neues Blatt auf einem Schreibblock. Alles an diesem Kommissar, fiel Maria auf, war knapp, klar, effizient. Seine Bewegungen, sein geschorenes Haar, sogar die etwas zu kurz geschnittenen Fingernägel.
    »Ist Ihnen sonst irgendetwas aufgefallen?«, fragte er. »An dem Mann? Im Auto?«
    »Die Plastiktüte mit den Coladosen. Und ein Koffer.«
    »Ein Koffer?«
    »Er lag auf dem Rücksitz. Er ist mir aufgefallen, weil der Wagen sonst leer war, wie ein Mietwagen. Und weil der Koffer ungewöhnlich aussah.«
    »Was meinen Sie mit ungewöhnlich?«
    »Zuerst dachte ich, er sei ein Safe. Bis ich den Griff gesehen habe. Ganz aus Metall, wahrscheinlich Stahl. Starke Schlösser und Beschläge.«
    »Wie groß?«
    »Ungefähr einen Meter breit, einen halben Meter hoch.«
    Gerakákis tippte in seinen Computer. Er drehte den Monitor. Bilder von Rimowa-Koffern, Samsonite-Koffern, Beco-Koffern …
    »Ungefähr wie der. Eher noch stabiler.«
    Maria zeigte auf ein Modell, das als Sicherheitskoffer beschrieben wurde. Doppelaluminiumrahmen. Silikon-Dichtungsschnur. Zylinderschlösser aus Stahl. Luftdicht, staubdicht, wasserdicht. Geeignet für den Transport von empfindlichen Messgeräten und Gefahrgut.
    Die Tür wurde aufgestoßen; eine Frau mit roten Strähnchen in der blondierten Dauerwelle kam herein. Sie stellte ein Tablett mit Wasserflasche und zwei Gläsern auf den Tisch. Sie hatte Schweißflecken unter den Achseln. Gerakákis stellte keine Fragen, solange die Frau im Raum war. Er drehte sogar den Monitor mit den Kofferbildern weg. Er dankte mit einem Nicken; die Frau schloss die Tür.
    »Ich vermute, Sie lesen keine griechischen Zeitungen?«, fragte er.
    »Ich verstehe kein Griechisch.«
    Er schob ihr eine Zeitung über den Tisch. »Seite vier.«
    Sie schlug die Seite auf. Ein Foto zeigte Marias zertrümmertes Mountainbike. Zwei weitere zeigten sie selbst, verletzt, im Schatten des Traktors. Die Fotos waren so bearbeitet, dass sie aussah, als sei sie knapp dem Tod entkommen. Ihr Gesicht war leichenblass. Statt Kratzern hatte sie an Armen und Beinen klaffende Wunden. Ein letztes Foto zeigte sie, dankbar lächelnd, am Arm von Rhadámanthus.
    »In dem Artikel steht, sie hatten einen Unfall«, sagte Gerakákis. »Sie sind in hohem Tempo auf ihrem Rad einen Abhang heruntergefahren und gestürzt. Rhadámanthus Typánis, der Traktorfahrer, hat Sie aus einer Felsspalte gerettet.«
    »Aus einer Felsspalte?«
    »Er hat sein Unterhemd zerrissen und Ihre Wunden verarztet.«
    »Schwachsinn.«
    »Deutsche überschätzt ihre Kräfte. Grieche rettet sie aus der Klemme. Opfert sein letztes Hemd. Die Leute lesen das gern, gerade in diesen Zeiten.«
    »Aber kein Wort stimmt!«
    »Pátris, ein Regionalblatt. Worüber sollen die Leute schreiben? Alles ist im Urlaub, nichts passiert.«
    »Aber wie kommt die Zeitung an die Fotos?«
    Er goss Wasser in die Gläser. »Das läuft hier wie überall auf der Welt. Wenn etwas Aufregendes passiert – ein Unfall oder eine Verhaftung –, kriegt die Zeitung von der Polizei einen Tipp. Der Reporter kriegt seine Story, der Polizist kriegt sein Trinkgeld.«
    »Wie viel?«
    »Wenn er Glück hat, reicht es für Schulbücher für sein Kind. Die kann er sich

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