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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Futter. Außerdem eine Schutzweste, olivgrün, mit Hüftgurt, Kragen- und Leistenschutz. Protektoren für Ober- und Unterarme, Ober- und Unterschenkel. Gabriel prüfte das Material; er tippte auf einen Verbund von Keramik und Titan. Er war verblüfft, wie leicht es war. Alle Teile waren gut erhalten und sauber, bis auf ein paar Blutflecken an der Brust. Der Schutzanzug eines US-Soldaten, wahrscheinlich hatte ihn ein Schuss ins Gesicht getötet. Hamoudi, der schlaue Fuchs, hatte also immer noch gute Kontakte. Er konnte immer noch liefern.
    Aber etwas fehlte. Das Entscheidende. Gabriel suchte zwischen den Granaten, dem Maschinengewehr, den Magazinen. Er fühlte sein Herz pochen. Er schloss den Kasten und eilte nach draußen, wo Hamoudi an seiner Wasserpfeife sog.
    »Das Wichtigste fehlt!«
    Hamoudi seufzte. Griff in die Seitentasche seines Sakkos und holte ein Zigarrenkistchen heraus. Er reichte es Gabriel und schüttelte den Kopf. »Was willst du bloß damit?«
    Gabriel öffnete das Kistchen. Betrachtete andächtig den Inhalt, ohne ihn zu berühren. »Die Telefonnummer?«
    »Steht auf dem Deckel.«
    »Wie lange dauert es, bis sie heiß werden?«
    »Zwanzig Sekunden.«
    »Wie lange reichen die Mikrozellen?«
    »Vierundzwanzig Stunden. Wahrscheinlich länger.«
    Ein Fußball rollte vor die Füße des Alten. Er schoss ihn zurück, mit erstaunlicher Kraft, in die Mitte des Spielfeldes.
    »Diese jungen Leute tun mir leid«, sagte er. »In welcher Welt werden sie groß? Wofür kämpfen sie? Unser Leben war hart. Wir wussten nie, ob wir den nächsten Tag überleben. Aber wir wussten, wofür wir kämpfen! Wir kannten die Sache!«
    Hamoudi redete gern von dieser Zeit. Die achtziger Jahre, der Bürgerkrieg im Libanon. Hamoudi war Nachrichtenoffizier der Amal-Miliz in Beirut gewesen. Ihr oberster Folterer. Immer redete er von der Sache. Aber Gabriel wusste, die Sache war Hamoudi nie wichtig gewesen. Er hatte für Geld gefoltert. Und zum Spaß.
    »Geben die Griechen dir Geld?«, fragte er. »Damit du dich in ihre dreckige Politik mischst?«
    »Ich kann über meinen Auftrag nicht reden.«
    Hamoudi hatte in den Verhörkellern gern junge Mädchen vergewaltigt. Und sich über das Flehen der Brüder und Väter amüsiert, die zusehen mussten. Heute lebte er mit einer dreißig Jahre jüngeren Frau und vier Söhnen. Er hatte keine Töchter. Die Frau hatte die Töchter abgetrieben, weil sie wusste, ihr Mann würde sich an ihnen vergehen, sobald die Brüste schwollen. Natürlich hatte sie ihn vorher um Erlaubnis gebeten. Er hatte geseufzt, wehmütig, wegen der hübschen verschwendeten Körper, und seine Erlaubnis erteilt. Hamoudi erzählte die Geschichte gern in geselliger Runde.
    Gabriel zog einen Umschlag aus der Tasche und hielt ihn Hamoudi hin. »Zwanzigtausend.«
    »Ich glaube dir.«
    »Gehe rein und zähle nach.«
    »Ich möchte dir lieber vertrauen und in der Sonne sitzen bleiben.«
    Hamoudi steckte den Umschlag ein. Eine alte Frau am Stock auf der anderen Straßenseite grüßte ihn. Er rief ihr etwas zu, schäkernd, die Frau lachte.
    »Wie alt warst du, als wir uns begegnet sind?«, fragte er. »Dreizehn? Vierzehn? Ein magerer, schüchterner Junge. Der allein ein geraubtes Fischerboot aus Griechenland in den Hafen von Sour gesteuert hatte. Meine Männer bringen dich zu mir. Ich frage: ›Was kannst du?‹ Du sagst: ›Ich kann fischen.‹ ›Was kannst du noch?‹ ›Ich kann töten.‹ ›Und was magst du lieber?‹ ›Töten.‹«
    Nach dem Bürgerkrieg hatte sich Hamoudi in Sour niedergelassen, in einer Villa mit vielen Leibwächtern. Er war mit Gabriel in den Keller gegangen. Zwei französische Entwicklungshelfer hatten an Ketten gehangen, den Kopf nach unten. Eine Erpressungsgeschichte, Gabriel hatte es nicht genau verstanden. »Jetzt zeige mal, wozu du fähig bist«, hatte Hamoudi gesagt. Beim Anblick der abgerissenen Ohren und Brustwarzen war Gabriel übel geworden. Aber die Männer atmeten noch. Gabriel sollte sie weiterfoltern. Mit geschlossenen Augen hatte er an ihnen herumgestochert, nach wenigen Minuten waren beide tot gewesen. Hamoudi hatte die Augenbrauen zusammengezogen und gesagt: »Das üben wir noch mal.« Doch Gabriel hatte gesagt: »Ich möchte lieber einfach nur töten.«
    Die Jungen stritten sich um einen Freistoß. Gabriel versuchte, ein silbernes Döschen zu öffnen. Der Deckel hatte sich verklemmt.
    »Was ist mit deinem Arm?«, fragte Hamoudi.
    »Die Schulter gestoßen.«
    »Brauchst du einen Arzt?«
    »Es

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