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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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gelangte an einen Platz mit Bäumen und Blumenrabatten. An einer Seite stand das Historische Nationalmuseum. In der Mitte ein Denkmal: Theódoros Kolokotrónis, Freiheitskämpfer des 19. Jahrhunderts. Er saß auf einem Pferd, heroisch deutete sein Arm Richtung – wohin? Auf die Fassaden billig hochgezogener Bürohäuser? Vielleicht kam es darauf nicht an. Vielleicht war auch gar nicht wichtig gewesen, was Doukákis auf dem Rollfeld gesagt hatte. Die Geste zählte, die Entschlossenheit. Jeden Tag hörten die Griechen, wie faul, korrupt, überschuldet und verlottert sie waren. Sie wollten das nicht mehr hören. Sie würden jedem Führer folgen, der heroisch genug den Weg wies. Egal in welche Richtung. Das Ziel würden sie Freiheit, Stolz und Ehre nennen.
    »Griechenland war in seiner Geschichte immer groß, wenn es aufstand. Wenn es die Fesseln abwarf.«
    Originalton Yánnis Kostáki, Originalton Dimítros Doukákis. Sie sahen beide gut aus, waren erfolgreich und relativ jung. Was noch? Was verband diese beiden Männer?
    Der Piepton nervte. Maria brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass es ihr Handy war, das in der Hosentasche piepte.
    »Grüß dich, Maria.«
    »Hallo, Alexia.«
    »Tut mir leid wegen gestern.«
    »Kein Problem.«
    »Ich war völlig fertig.«
    »Kann ich verstehen.«
    Wieso war Alexia noch mal fertig gewesen? Ach ja, die Absage von der Diplomatenschule.
    »Inzwischen denke ich, vielleicht ist der diplomatische Dienst gar nicht so toll«, sagte Alexia. »Gibt bessere Jobs.«
    »Glaube ich auch.«
    »Die haben ihre Kriterien, wir haben unsere Kriterien.«
    »Richtige Einstellung.«
    »Ich habe für dich recherchiert, wegen Eléni Galánis. Kann es sein, sie war früher ein Mann?«
    »Kann gut sein.«
    »Und ihr Vater Vizegouverneur der Bank of Greece? Das war damals in den Schlagzeilen. ›Sohn von Top-Banker trägt Frauenkleider!‹«
    »Wann war das?«
    Maria setzte sich auf die Stufen vor dem Nationalmuseum.
    »2003 ging’s los«, sagte Alexia. »Der Vater war Nía Dimokratía, also konservativ. Die Bank of Greece ist die Nationalbank. Er wurde als Gouverneur gehandelt, sogar als Finanzminister. Da war ein Sohn in Frauenkleidern ein Problem. Der Vater hat schaurige Interviews gegeben. Dass er sich für seinen Sohn schämt. Dass er Gott um Gnade anfleht …«
    »Gnade?«
    »Die Griechen sind das religiöseste Volk Europas. Die Kirche redet in allen politischen Entscheidungen mit.«
    »Ist er Minister geworden?«
    »Das hat sein Sohn verhindert. Ab 2004 nannte er sich Eléni und heuerte bei der Andístasi an. Andístasi heißt Widerstand und war ein linksalternatives Blatt, das außerhalb von Exárchia kein Mensch las. Galánis hat es groß gemacht.«
    »Womit?«
    »Skandale. Die Nía Dimokratía war an der Regierung und unglaublich korrupt. Allein während der Olympischen Spiele sind Milliarden auf Schwarzen Konten versickert. Andístasi hat Namen genannt. Summen. Dokumente veröffentlicht. Kathimeriní, Eleftherotypía, Ta Néa, alle großen Zeitungen haben von ihr abgeschrieben.«
    »Woher hatte Eléni ihre Quellen?«
    »Das war ihr Geheimnis. Hast du den Artikelim New Yorker gelesen?«
    »Über die junge, scharfe Stimme Griechenlands?«
    »Ein dicker, schriller Transvestit, den keiner ernst nimmt. Der New Yorker schreibt, das sei ihre Masche.«
    Von dieser Masche hatte Maria gestern einen Eindruck bekommen.
    »Was ist 2008 passiert?«
    »2008 war der Höhepunkt. Der Vatopaídi-Skandal. Hast du davon gehört?«
    »Sollte ich?«
    »Ging damals auch durch die deutsche Presse. Vatopaídi ist ein Kloster auf dem Athosberg. Athos ist eine Mönchsrepublik in Chalkidikí, im Norden Griechenlands. Die Republik ist für Frauen gesperrt. Nicht einmal weibliche Tiere sind erlaubt.«
    »Klingt schwul.«
    »Vor allem lukrativ. Die Republik hat ihr eigenes Steuerrecht. Keiner hat Einblick in die Finanzen, nicht der griechische Staat, nicht die Europäische Union. Keiner weiß, wie viel Geld auf Athos gewaschen wird. Aber jeder sieht, dass die Klöster immer prächtiger werden. Und einige Mönche leben wie die Könige. Was ist das für ein Lärm?«
    Eine Horde schwarz gekleideter Männer zog am Museum vorbei. Sie sangen, sie grölten, ihre Stiefel schlugen aufs Pflaster. Maria ging hinter einer Säule in Deckung.
    »Athener Wutbürger«, sagte sie. »Erzähle weiter.«
    »Zwei dieser Mönche waren Vater Ephraim und Vater Arsenios. Sie kümmerten sich in Vatopaídi um die Finanzen. Vatopaídi besaß zu der

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