Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
Vom Netzwerk:
Schritt. In dem Metallkoffer, versteckt im Dromedar, war das Gift aus Libyen gekommen. Der Mann hatte das Gift von Kreta nach Athen gebracht. Er hatte eine chemische Waffe präpariert. Soeben hatte er den Koffer und alle Spuren entsorgt. Es bedeutete, der Anschlag würde mit großer Wahrscheinlichkeit morgen stattfinden. Wo? Gegen wen? Sie hatte keine Ahnung. Aber sie wusste, der Mann hatte sie beschatten lassen. Er hatte sie schon einmal töten wollen. Er hatte den Kurier getötet. Möglich, dass er vor dem Hotel wartete. Möglich, dass er in ihrem Zimmer wartete. Dachte sie logisch? So logisch, wie sie konnte zwischen Müll- und Chlordämpfen.
    Diese Nacht im Hotel zu verbringen war zu gefährlich. Sie hatte noch zehn Cent im Portemonnaie. Sie holte ihr Handy aus der Tasche. Es piepte, bevor sie wählen konnte.
    »Maria?«
    »Julian! Warum weinst du?«
    »Mama … Kniet über der Toilette … Sie ist betrunken und übergibt sich … alles ist voll von Übergeben … Und weint und sagt, sie bringt sich um … Bitte, Maria! Du musst sofort kommen!«

15. August
    Mariä Entschlafung
    »Wir brauchen das geladene Gewehr auf dem Tisch, um sicherzustellen, dass die Märkte in einer positiven Art und Weise reagieren.«
    Geórgos Papandréou, griechischer Ministerpräsident, 18. März 2010

32
    »Haben Sie gut geschlafen?«
    »Ich habe überhaupt nicht geschlafen.«
    »Tut mir leid, das Klappsofa –«
    »Es lag nicht am Klappsofa.
    Darius stand im Türrahmen. Er hielt einen Teller mit Schafskäse, Brot, Tomaten und Oliven in der Hand. Unter der Zimmerdecke stand ein Blindglasfenster halb offen. Kinder spielten auf dem Innenhof Fußball.
    Sie hatte Darius gestern Nacht angerufen, er war gekommen. Er hatte sie in diese Zwei-Zimmer-Souterrain-Wohnung hinter dem Laríssa-Bahnhof gebracht. Er teilte sie sich mit zwei anderen Iranern. Sie hatten ein Zimmer für sie freigeräumt. Sie hatten die Polster des Klappsofas mit frischen Laken bezogen. Sie waren aufgeregt gewesen wegen dieser Frau in ihrer Wohnung. Immer wieder hatten sie Maria gesagt, sie müsse vor ihnen keine Angst haben. Maria hatte sich geschämt, dass sie in diese Enge eingedrungen war. Doch Darius hatte darauf bestanden, dass sie blieb.
    »Fahren Sie kein Taxi?«
    »Taxi fährt ein Kollege. Ich fahre nachher. Wir haben keinen Tee. Wir müssen Wasser kaufen. Das Leitungswasser kann man nicht mehr trinken.«
    »Ich –«
    »Sie zahlen nichts. Sie sind Gast.«
    Er rückte einen Getränkekarton ans Kopfende des Sofas und stellte den Teller ab. »Ich habe nachgedacht. Sie müssen zur Botschaft gehen.«
    »Ich weiß.«
    »Wir Iraner können nicht zu unserer Botschaft gehen. Aber Sie können zu Ihrer Botschaft gehen.«
    Er hatte recht. Und wenn es sie ihr Studium kostete; nur in der Deutschen Botschaft war sie jetzt sicher. Und nur in der Botschaft konnte sie vor dem Anschlag warnen. Nicht dass sie Beweise hatte. Nicht dass die Botschaft etwas tun konnte. Aber es war die einzige Möglichkeit, die sie hatte. Eléni hätte sie gehindert, wer weiß, mit welchen Mitteln. Darius hinderte sie nicht.
    Er verließ den Raum. Sie aß vom Brot, dem Schafskäse, den Tomaten. Er kam zurück mit einem Notebook, an dem ein Stick blinkte.
    »Im Internet finden Sie die Telefonnummer.«
    »Heute ist Feiertag.«
    »Eine Deutsche Botschaft hat Nummer für Notfälle.«
    »Auf der Botschaft werden sie mir nicht glauben.«
    »Sie sollen nicht glauben. Sie sollen Ihnen helfen.«
    Darius hatte ein Talent, jeden Sachverhalt mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen. Sie mochte ihn. Er hatte ein besseres Leben verdient. Statt etwas für sein Leben zu tun, nutzte sie ihn aus.
    Maria setzte sich so auf, dass das Fußende des Sofas nicht hochklappte. Sie googelte die Deutsche Botschaft. Auf der Homepage stand eine Mobilnummer für Notfälle. Sie wählte. Am anderen Ende meldete sich Herr Rütting.
    »Ich heiße Maria Brecht«, sagte sie. »Ich habe ein Problem.«
    Sie versuchte, ihr Problem zu schildern. Sie begann in den Psilorítis-Bergen, mit den Blutspritzern. Sie verhedderte sich in Details. Sie sprang zum Mordverdacht in den Zeitungen. Es klang wie ein Geständnis. Sie redete von einem Giftgas-Anschlag. Es klang wie ein geschmackloser Witz. Ihr Kopf war schwer, ihre Augen brannten. Ihre Schilderung endete mit:
    »Jedenfalls bin ich nirgends mehr sicher.«
    Herr Rütting schwieg.
    »Haben Sie Geld, Frau Brecht?«
    »Ich habe zehn Cent.«
    »Hat man Sie bestohlen?«
    »Ich bin einfach

Weitere Kostenlose Bücher