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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Tomcat.
    »Ich bin nach Kolonáki gefahren«, sagte er. »Die Waffe lag noch im Gebüsch. Bringt auf dem Schwarzmarkt gutes Geld.«
    »Aber wir verkaufen sie nicht«, sagte ein anderer. »Zur Zeit ist es gut, eine Waffe bei sich zu tragen.«
    »Die Griechen werden uns nicht abschlachten wie Vieh!«
    Windstille Hitze, der Himmel dunstweiß. Das Licht blendete Marias Augen. Alle Geschäfte und Cafés waren geschlossen. Auf der Patissíon standen Mannschaftswagen der Polizei, die Türen waren offen. Polizisten, ihre Maschinengewehre neben sich auf der Bank, dösten oder spielten Karten. Hin und wieder sah Maria Familien im Sonntagsstaat, mit Blumen und Bibeln in den Händen.
    Sie rief Eléni an. Keine Antwort. Möglich, sie lag noch im Bett. Oder sie packte ihre Koffer für New York. Sie probierte die Nummern von Gerakákis. Keine Antwort. Sie rief Undine an.
    »Hallihallo! Gute Nachrichten bitte nach dem Signal, schlechte Nachrichten …«
    Maria hatte das Gefühl, von Minute zu Minute heizte sich die Luft stärker auf. Sie ging Richtung Süden, vorbei an heruntergelassenen Ladengittern, schlafenden Obdachlosen, einem kokelnden Müllcontainer. Sie wartete darauf, Sirenen zu hören, Blaulicht, eine Explosion. Sie hörte nichts. Und immer noch war es möglich, dass sie sich irrte. Dass sie die Informationen in ihrem überreizten Kopf falsch zusammensetzte. Dass sie halluzinierte, in dieser unwirklich heißen und stillen Stadt, und sich in grundlose Angst hineinsteigerte. Nein! Das Video war keine Halluzination gewesen! Der Koffer im Müllcontainer war keine Halluzination gewesen!
    Junge Männer mit nackten Oberkörpern saßen auf den Betonquadern des Omónia-Platzes. Sie rauchten Haschisch und hörten Rap aus einem Ghettoblaster. Sie sahen die kleine blonde Frau kommen. Sie lehnten sich zurück, streckten die Beine aus. Ließen die Brustmuskeln zucken.
    »Hallo, Süße!«
    »Hier gibt’s was Hartes!«
    »Sextrainer!«
    »Ich mache dir einen Sonderpreis!«
    Grölendes Gelächter. Die blonde Frau blieb stehen.
    »Wie viel kannst du zahlen?«
    Die Frau starrte sie an. Ihre Augen glühten. Die Männer verstummten. Sie machte einen Ausfallschritt nach vorn. Ihre Arme waren angewinkelt, die Hände auf Schulterhöhe, zu Fäusten geballt. Die Frau wollte sich mit ihnen prügeln. Sie war wahnsinnig. Die Männer senkten ihren Blick. Lieber keinen Ärger riskieren. Sie zogen sogar die Beine an.
    Die Rezeption des Titania-Hotels war umlagert von Mädchen in weißen Kleidchen, Jungen in zu großen Anzügen, Lehrerinnen in Faltenröcken, die sie zur Ordnung riefen. Maria sah niemanden, der ihr verdächtig erschien. Vielleicht der Mann im hellgrauen Anzug? Gerade stand er auf, als sie zu den Fahrstühlen ging. Doch jetzt begrüßte er eine Frau und hob ein kleines Mädchen auf den Arm.
    »Frau Maria Brecht?«, rief die Rezeptionistin. »Gerade wurde das hier für Sie abgegeben!«
    Sie überreichte ihr einen gefütterten Umschlag. Maria riss ihn auf.
    Sie setzen sich um 12 Uhr in das Café Mykéne in der Mitropóleos. Sie sind pünktlich. Sie rufen nicht die Polizei. Sie halten Ihr Telefon eingeschaltet. Was nützt mir Ihre Freundin, wenn Sie mir nichts nützen?
    In einem Plastiktütchen lag ein blutiger Stummel Fleisch mit einem grünen Ring. Sie erkannte das Ohr Elénis.

33
    Er schaute auf die Uhr. Er drückte das Gaspedal hinunter.
    »Warum trägst du so komische Haare?«, fragte Chanell.
    »Damit mich keiner erkennt.«
    »Du siehst aus wie eine alte Frau!« Chanell lachte, streckte sich auf dem Vordersitz. »Das ist ein doofes Auto.«
    »Ein Mazda.«
    »Geklaut?«
    »So ähnlich.«
    Sie fuhren auf der Patissíon Richtung Norden. Nur wenige andere Wagen waren unterwegs. Chanell räkelte sich im Sitz.
    »Als du ein kleiner Junge warst – warst du da gut oder böse?«
    »Meine Eltern waren arm. Ich musste hart arbeiten.«
    »Also warst du böse?«
    »Wir waren Flüchtlinge. Meine Eltern sind im Meer ertrunken.«
    »Aber du bist nicht ertrunken?«
    »Ich wurde aus dem Meer gerettet.«
    »Von wem?«
    »Von einem Fischer. Einem Griechen.«
    »Hat er mit dir was gemacht?«
    »Nein.«
    Chanell wackelte mit ihrem Hintern auf dem Sitz. »Der hat mit dir was gemacht!«
    »Halt den Mund!«
    Er steckte sich die zweite Dramadol-Tablette dieses Morgens in den Mund. Sein Lidocain-Vorrat war zu zwei Dritteln aufgebraucht, er musste haushalten. Weder die Diclofenac-Tabletten noch die Salbe halfen gegen die Schwellung.
    »Warum fahren wir aus der

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