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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Wahrheit?«
    »Es ist die Wahrheit«, sagte Maria.
    »Woher wussten Sie von dem Anschlag?«
    »Ich habe ihn vermutet.«
    »Einfach so? Vermutet?«
    Der Offizier schaute zu einem Kollegen mit schiefer Nase und Bürstenschnitt, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte.
    »Woher hatten Sie das Video?«
    »Von einer Freundin.«
    »Wo ist diese Freundin?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Sie wollen Ihre Hintermänner schützen.«
    »Ich habe keine Hintermänner.«
    »Sie haben die Nerven verloren. Und jetzt haben Sie Angst vor Ihren eigenen Leuten.«
    »Ich bin allein in Athen.«
    »Wer hat den Diákonos ermordet?«
    »Wahrscheinlich der Libanese.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Was ist sein nächstes Ziel?«
    »Ich habe keine –«
    »Sie lügen!!«
    Der Kollege, der vor einer Sekunde noch an der Wand gelehnt hatte, stand plötzlich am Tisch, die Arme aufgestützt, als wolle er ihr einen Schlag mit seiner Stirn verpassen.
    »Sie lügen, Frau Brecht! Sie haben Hintermänner! Und Sie werden uns jetzt sagen, wer die sind! Wo die sind! Was sie planen! Keine Angst, wir tun Ihnen nichts. Aber leider sind unsere Zellen voll. Wir haben bloß noch einen Platz frei. In einer Zelle mit fünf albanischen Drogendealern. Wissen Sie, wie ein Albaner sich fühlt, wenn er länger als zwei Wochen keine Frau verprügelt?!«
    Sie senkte den Kopf. Sie fühlte seinen Atem in ihrem Nacken. »Dies ist ein Putsch. Ich habe keine Hintermänner. Sie haben Hintermänner. Sie wollen die Wahrheit ermitteln? Dann ermitteln Sie gegen Ihre Vorgesetzten.«
    Sie starrte auf die Tischplatte. Sie erwartete einen Schlag. Aber es kam keiner. Nicht einmal eine Drohung. Sie hörte ein Klicken: Der Offizier hatte das Aufnahmegerät gestoppt. Sie wagte, den Kopf zu heben. Die Männer sahen sie an. Sie wussten nicht, ob sie ihr glauben sollten. Der mit dem Bürstenschnitt knetete seine Hände. Aber sie stellten keine weiteren Fragen. Sie wollten nicht mehr wissen.
    Der Mann mit dem Bürstenschnitt packte sie am Arm; fest, aber nicht brutal. Er führte sie einen fensterlosen Gang entlang bis zu einer Zelle. Er stieß sie hinein und verriegelte von außen die Tür. Keine Albaner. Ein schmales Bett mit frischen Laken. Eine Toilette. Ein Gitter vor dem Fenster, das auf einen Lüftungsschacht blickte. Die Zelle hatte sogar ein kleines Waschbecken unter einem Spiegel. Maria wusch sich das verkrustete Blut aus ihrem Haar. Sie legte sich aufs Bett. Sie erinnerte sich an das Zitat aus irgendeinem Film: »Woran erkennen Sie, ob Sie einen Unschuldigen verhaftet haben? Der Schuldige ist erleichtert, dass es vorbei ist, und schläft ein. Der Unschuldige geht nervös in seiner Zelle auf und ab.« Vielleicht würde es einen guten Eindruck machen, nervös in der Zelle auf und ab zu gehen. Sie schloss die Augen. Draußen hörte sie Rufe, Funkgeräte, Sirenen …
    Arme rissen sie hoch, verschnürten ihr die Hände auf dem Rücken mit Plastikfesseln. Zwei stämmige Frauen in Uniform fassten sie an den Armen, führten sie den Gang hinunter, durch eine Doppeltür aus Stahl auf einen Innenhof. Ein Jeep wartete, sie wurde auf die Rückbank geschoben. Die Frauen setzten sich links und rechts neben sie.
    »Wie spät ist es?«, fragte Maria.
    Keine Antwort.
    »Wo bringen Sie mich hin?«
    Kein Kaliméra , kein Parakaló .
    Der Jeep verließ das Gelände, das wohl eine Kaserne war – sie sah Soldaten, Panzerwagen, Jeeps. Ein Polizeiwagen hatte sie hierher gebracht, sie waren Richtung Norden gefahren und dann nach Osten. Jetzt fuhren sie durch Wohnblocks, vorbei an geschlossenen Geschäften und Restaurants, sie sah kaum Menschen auf der Straße. Sie fuhren auf eine Autobahn, weiter Richtung Norden. Die Sonne stand über dem Horizont; es musste ungefähr sieben Uhr abends sein.
    »Meine Hände …«
    Sie fühlte ihre gefesselten Hände taub werden. Die Frauen starrten aus dem Fenster, als wäre Maria nicht vorhanden.
    Ein Militärflughafen. Sie passierten ein Tor und Schranken, neben einem Hangar standen Kampfjets und eine Transportmaschine. Der Jeep fuhr auf einen Hubschrauber zu, dessen Rotorblätter sich drehten. Die Frauen öffneten die Türen, zerrten Maria von der Rückbank.
    »Meine Hände!«
    Ein grauhaariger Mann mit Schnauzbart, anscheinend Offizier, gab zwischen zwei Zigarettenzügen Anweisung, die Fesseln zu lockern. Die Frauen gehorchten dem Befehl unter grummelndem Protest. Weiter ging es, im Laufschritt, in den Wind und das Knattern der Rotorblätter.

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