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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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ein zuverlässiger Offizier und ein guter Kommandeur. Zügle deine Worte, meine Liebe.«
    Eugenie senkte den Kopf. Marianne bedauerte sie. Sicher war es nicht einfach, den Tod eines Menschen zu betrauern, wenn man eigentlich froh darüber war.
    Anna Margarethe veränderte ihre Sitzposition und legte eine Decke über ihre Beine.
    »Langsam wird es wieder kühler. In einigen Wochen wird es eine Qual sein, durch die Gegend zu ziehen. Hoffentlich hat Carl bis dahin ein ordentliches Winterquartier gefunden, denn mit dem Kleinen kann ich unmöglich reisen.«
    Marianne sah Anna Margarethe erstaunt an.
    »Ein Winterquartier!«
    Anna Wrangel lächelte nachsichtig.
    »In der kalten Jahreszeit bleibt der Haupttross oft längere Zeit an einem Ort. Meist findet sich sogar ein Landgut oder ein Kloster, in dem wir wohnen können. Die Regimenter ziehen dann natürlich weiter.« Seufzend griff sie sich an den Bauch. »Leider funktionierte das in all den Jahren nicht immer, und oft sind wir sogar bei Schnee gewandert. Aber ich glaube, wir werden jetzt für längere Zeit irgendwo bleiben. Alle sind müde. Der Kurfürst ist fort, und die Soldaten plündern nur noch. Langsam hege ich sogar die Hoffnung, dieser Krieg könnte bald ein Ende haben, obwohl Carl das nicht hören will. Für ihn existiert das Wort Frieden nicht.«
    Marianne blickte eine Weile schweigend nach draußen. Sie fuhren durch ein hügeliges Waldgebiet. Frieden, dachte sie. Was war das eigentlich? Seitdem sie denken konnte, hatte sie sich immer vor irgendetwas in Acht nehmen müssen. Nur einige wenige Jahre waren ruhiger verlaufen. Krankheiten, Brände oder fremde Soldaten hatten ihr Leben bestimmt, etwas anderes kannte sie nicht.
    Reiter trabten an der Kutsche vorbei, manch einer winkte ihr sogar zu. Die Sonne stieg immer höher und tauchte die Wiesen und Felder in das warme Licht eines Spätsommertages. Doch plötzlich ruckelte es, und die Kutsche bekam Schräglage. Fluchend zog der Kutscher an den Zügeln, die Pferde wieherten laut. Sie hielten an. Verwundert hob Anna Margarethe, die in einen leichten Schlaf gefallen war, den Kopf.
    »Was ist passiert? Warum halten wir?«
    Der Kutscher sprang vom Bock und öffnete die Tür.
    »Es tut mir leid, die Damen. Das Rad ist gebrochen. Es wird eine Weile dauern, bis ich den Schaden behoben habe.«
    Anna Margarethe stöhnte auf.
    »Auch das noch.«
    Eugenie tätschelte der Generalsgattin aufmunternd die Hand. »Wird schon werden, nicht wahr?« Fragend sah sie den Kutscher an, der sich sofort darum bemühte, die Gemüter zu beruhigen.
    »Es ist kein großer Schaden. Bald wird der Wagen wieder fahren können.«
    Anna Margarethe sagte erleichtert: »Das will ich hoffen, guter Mann. Am Ende kommt noch das Kind irgendwo in der Einöde und ohne Hebamme zur Welt.« Erschrocken riss der Mann die Augen auf.
    »Ich werde mich beeilen, versprochen.«
    Die Damen blieben in der Kutsche sitzen, während sich der Kutscher ans Werk machte. Neugierig beobachtete Marianne ihn bei der Arbeit. Er zauberte einen Beutel mit Werkzeug unter der Kutsche hervor, montierte das beschädigte Rad ab und besah sich den Schaden näher. Es war an einer Stelle gebrochen. Mit Nieten und Nägeln machte er sich an die Arbeit, die schadhafte Stelle notdürftig zu flicken. Unterdessen zog der Tross an ihnen vorüber. Karren, auf denen sich Weinfässer stapelten; eine Frau, die einen Esel am Strick hinter sich herführte, auf dem ein altes Mütterchen saß; mächtige Fuhrwerke, die mit Planen und Zeltstangen beladen waren. Eine Frau, die zwei Kinder an der Hand hatte, ihr ganzes Eigentum auf dem Rücken, starrte Marianne mit hohlen Augen an, während sie an der Kutsche vorbeilief, barfuß und mit zerschlissenem Rock. Ihr folgte wenig später eine Gruppe singender Landsknechte, die mit ihren bunten Pluderhosen aus dem restlichen Fußvolk herausstachen. Irgendwann zog auch Milli an ihnen vorüber und blieb verwundert stehen.
    »Was ist los, guter Mann«, sprach sie den Kutscher an. Der Mann hob den Kopf. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. »Das Rad ist gebrochen. Ich versuche, es zu flicken, aber es will mir nicht so recht gelingen.«
    Milli schaute auf das Rad. »Das wird nichts mehr. Der Schaden ist zu groß.« Ihr Blick wanderte zu Marianne, und sie zwinkerte ihr aufmunternd zu. »Einige Karren hinter mir ist der alte Peter. Er hat sicher noch ein Ersatzrad im Karren.« Der Kutscher atmete auf. »Vielen Dank, Milli. Dann werde ich ihn gleich anhalten.«
    Milli

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