Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
Vom Netzwerk:
neben dem Lager der Kranken nicht.
    Die Stunden vergingen. Marianne hatte jedes Zeitgefühl verloren, und irgendwann am Nachmittag schlief sie erschöpft über ihrer Lektüre ein.
     
    Sie war zu Hause in Kieling. Ihre Mutter war da. Sie konnte sie singen hören. Dieses eine Lied, das sie immer für sie gesungen hatte. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, und sie saß auf einer großen Wiese zwischen langen Wäscheleinen, an denen riesige weiße Laken hingen. Ihre Mutter und Alma blieben ab und an vor ihr stehen und kitzelten sie. Sie hatte eine kleine Puppe mit einem Strohkopf in der Hand, die ein rotes Kleid trug, das bereits einige Löcher aufwies.
    Schmetterlinge tanzten durch die Luft, und es duftete nach Seife und Blumen. Margeriten und Butterblumen wuchsen um sie herum, und Bienen flogen summend über den Klee auf der Wiese. Doch dann plötzlich hörte die Mutter auf zu singen. Panisch wurde Marianne hochgehoben, und ihre Puppe fiel zu Boden. Sie begann zu schreien, wie wild zu strampeln. Sie konnte sie doch nicht dort liegen lassen. Die beiden Frauen hasteten über die Wiese zurück zum Hof. Weinend streckte sie die Ärmchen aus, doch es half nichts.
     
    »Marianne, bist du hier?« Alberts Stimme ließ Marianne in die Höhe schnellen, der Traum verflog. Verwirrt blickte sie sich um. Die Bibel war auf den Boden gefallen. Es herrschte dämmriges Licht. Milli lag schlafend vor ihr. Das Tuch auf ihrer Stirn war verrutscht.
    »Marianne!«, erklang erneut Alberts Stimme.
    Plötzlich tauchte sein Kopf im Zelteingang auf. Erleichtert sah er sie an.
    »Da bist du ja. Ich suche dich schon überall.«
    Er ließ seinen Blick durchs Zelt schweifen. Seine Augen weiteten sich. »Was ist hier los, Marianne?«
    Sie antwortete nicht. Was hätte sie auch sagen sollen?
    Albert betrat vorsichtig das Zelt und musterte Milli. Sofort griff er nach Mariannes Hand und zog sie an sich.
    »Sie hat es. Guter Gott, Marianne. Was tust du denn hier?«
    Er zerrte sie aus dem Zelt, doch Marianne wollte nicht gehen.
    »Lass mich. Ich kann sie nicht allein lassen. Ich muss hierbleiben. Jemand muss sich doch um sie kümmern.«
    Doch Albert ließ sie nicht los, zog sie vom Zelt fort und an der erloschenen Feuerstelle vorbei.
    Marianne begann, wild um sich zu schlagen, und er hatte alle Mühe, sie festzuhalten.
    »Das kannst du nicht tun! Sie wird sterben! Er kommt sie holen! Der Schwarze Tod, er wird sie mir wegnehmen. Alles nimmt er mir weg! Er darf sie nicht haben! Nicht Milli! Nicht sie auch noch. Bitte!«
    Albert hatte seine Arme um sie geschlungen, und Tränen der Wut und Verzweiflung traten in seine Augen. Mariannes Gegenwehr ließ nach. Sie krallte sich in seine Arme, sank in die Knie und begann laut zu schluchzen.
    »Ich kann sie doch nicht gehen lassen.«
    »Ich weiß«, antwortete er und strich ihr beruhigend übers Haar.
    »Ich weiß es.«
    Er half ihr auf und führte sie vom Karren fort.
    Marianne blickte nicht zurück. Der Schwarze Tod war in ihr. Niemals würde er sie loslassen. Immer wieder würde er sich anschleichen und ihr weh tun, doch holen würde er sie nicht, das wusste sie.

D ie weißen Pobacken des Jungen bewegten sich vor ihm auf und ab. Er fuhr mit der Hand über die straffe, glatte Haut und drang immer wieder in ihn ein. Anderl stand, die Hosen heruntergelassen, über den Tisch gebeugt vor ihm und stöhnte jedes Mal laut auf, wenn er zustieß. Er liebte dieses Geräusch, denn es entfachte seine Lust. Immer leidenschaftlicher glitten seine Hände über den Oberkörper des Jungen, bis er es irgendwann nicht mehr aushielt und sich laut stöhnend in ihn ergoss. Schwer atmend ließ er sich auf Anderl sinken, sein Körper entspannte sich.
    Anderl hatte die Augen geschlossen. Es war vorbei, er hatte es endlich überstanden. Er fühlte Augusts Atem an seinem Hals und konnte seinen Schweiß riechen. Alles tat ihm weh. Wieder würde er tagelang nicht sitzen können, blutig sein Geschäft verrichten.
    Er versuchte verzweifelt, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Schon lange blickte er nicht mehr auf, wenn sich die Tür zu seinem winzigen Gefängnis öffnete. Seine Strohtiere saßen auf der Fensterbank und dem Tisch. Wahrscheinlich würde Marianne sie niemals zu Gesicht bekommen, denn daran, dass sie wirklich zurückkam, glaubte er schon lange nicht mehr.
    August richtete sich auf, zog seine Hose hoch und begann sie zuzuschnüren. Sein Blick schweifte noch einmal über Anderls Gesäß, und er klopfte auf die

Weitere Kostenlose Bücher