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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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Kopf.
    »Warum bist du mir wirklich gefolgt?« Marianne sah Elise von der Seite an.
    »Weil ich um jeden Preis fortgehen wollte.« Elise erwiderte Mariannes Blick. »Ich habe es dir nicht erzählt. Gestern wurde mir ein neuer Ehemann erwählt, und niemanden hat interessiert, was ich möchte. Einfach so bin ich vor vollendete Tatsachen gestellt worden.«
    Marianne sah Elise erstaunt an.
    »Ja, ist er denn so schrecklich? Immerhin war sein Vorgänger auch nichts Besonderes.«
    »Es ist ein Unterschied, ob man sich vor einem Mann ekelt oder ihn fürchtet.«
    Marianne riss erschrocken die Augen auf, doch dann fragte sie neugierig:
    »Wer war denn der Auserwählte?«
    »Graf Benedikt von Schlierstein, der Anführer der Kürassiere.«
    Marianne schauderte. Sie war dem Grafen nie vorgestellt worden und hatte ihn stets nur aus der Ferne gesehen. Graf Benedikt von Schlierstein war ein großer dunkelhaariger Mann mit einem spitzen Kinn, das er mit einem langen Bart gekonnt betonte. Er hatte stechende blaue Augen, die unter dicken schwarzen Augenbrauen lagen. Seine schmale Statur, die eingefallenen Wangen und die Art, wie er sich bewegte, ließen ihn wie eine gefährliche Raubkatze erscheinen. Marianne machte bereits sein Blick Angst, daran, mit ihm das Bett teilen zu müssen, wollte sie gar nicht erst denken.
    »Ich verstehe.« Marianne sah Elise mitleidig an. »Deshalb hast du letzte Nacht geweint und nicht, weil du Heimweh hattest.«
    Elise nickte.
    »Die ganze Zeit habe ich überlegt, was ich tun könnte. Und dann hast du plötzlich gesagt, dass du fortgehen wirst, da musste ich dir einfach folgen.«
    Mariannes Blick wanderte zu den beiden Männern, die ein Stück vorausliefen und sich ebenfalls unterhielten.
    Sie legte ihren Zeigefinger auf die Lippen.
    »Nicht so laut. Die beiden müssen davon nichts wissen. Wir bleiben einfach dabei, dass du mich als Freundin begleitest.«
    Elise seufzte.
    »Aber sie werden dich und deinen Bruder wieder zurückbringen. Ich habe Anna Margarethe belauscht, als sie mit den beiden gesprochen hat. Sie hat es ihnen regelrecht befohlen.«
    Marianne sah Elise erschrocken an. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte gedacht, dass Anna Wrangel ihr vertrauen würde, obwohl sie sich eingestehen musste, tatsächlich nicht an eine Rückkehr gedacht zu haben. Und der Bericht von Elises ungewollter Eheschließung bestärkte sie jetzt zusätzlich in ihrem Beschluss. Sie konnte und wollte nicht zur Marionette der Generalsgattin werden. Die Liebe zwischen ihr und Albert war etwas Einzigartiges gewesen, damit hatte Anna Margarethe nichts zu tun. Albert hatte sie erwählt, sonst niemand. Bei dem Gedanken an ihn wurde sie wehmütig. Nicht einmal richtig verabschieden hatte sie sich können, und es gab kein Grab, an dem sie um ihn trauern konnte.
    Als die Dämmerung hereinbrach, erreichte die Gruppe einen dichten Fichtenhain. Die beiden Männer blieben auf der uneinsehbaren Lichtung stehen, und Caspar blickte sich prüfend um.
    »Hier schlagen wir unser Nachtlager auf. Die Bäume schützen uns vor dem Wind.«
    Marianne sah sich betrübt um und rieb sich fröstelnd die Arme. Die Erinnerung an die Nacht, die sie gemeinsam mit Anna Wrangel im Wald verbracht hatte, stieg in ihr auf. So etwas wollte sie niemals wieder erleben.
    »Können wir nicht noch ein Stück weiterlaufen und uns vielleicht eine Scheune suchen? Ich schlafe nicht gern draußen.«
    Caspar warf ihr einen scharfen Blick zu.
    »Soll es für die Dame vielleicht noch etwas mehr sein? In einer halben Stunde ist es dunkel. Und dann möchte ich nicht irgendwo auf dem freien Feld herumstehen. Du wirst dich damit abfinden müssen, hier zu nächtigen.«
    Justus sah Marianne mitleidig an. Er erkannte die Angst in ihren Augen. Er wusste davon, dass Marianne mit Anna Margarethe eine Nacht allein im Wald verbracht hatte, und versuchte, sie in Schutz zu nehmen.
    »Sie hat eben Angst. Immerhin hat sie bereits eine unangenehme Nacht im Wald verbracht und dabei Anna Wrangel beschützt und den Sohn des Generals auf die Welt geholt.«
    Caspar verzog das Gesicht. Doch dann veränderte sich seine Miene, und Respekt trat in seine Augen. An die Episode mit der Kutsche hatte er nicht mehr gedacht.
    »Heute können wir es leider nicht ändern«, lenkte er ein. »Aber morgen werden wir versuchen, eine andere Unterbringung für die Nacht zu finden. Vielleicht liegt irgendwo auf dem Weg ein Gasthaus. Wir können bestimmt jemanden fragen.«
    Marianne atmete erleichtert auf.

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