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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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Caspars Einlenken bewahrte sie zwar nicht vor einer kalten Nacht im Wald, aber immerhin hatte er Verständnis gezeigt, und das rechnete sie ihm hoch an.
    Kurze Zeit später saßen sie, in ihre Umhänge und Decken gewickelt und im Schutz einer Fichte, vor einem prasselnden Lagerfeuer und aßen den mitgebrachten Proviant, der aus geräuchertem Speck, Käse und Brot bestand.
    Caspar deutete irgendwann auf Elise, die er bisher noch keines Blickes gewürdigt hatte.
    »Wegen dem Mädel hier müssen wir jetzt sowieso anders planen, denn unsere Vorräte werden früher aufgebraucht sein. Ich kann nur hoffen, dass der eine oder andere Gasthof auf dem Weg liegt, da es bei den Bauern nicht viel zu holen geben wird.«
    Justus zwinkerte Elise, die betreten zu Boden blickte, aufmunternd zu.
    »Es wird schon irgendwie gehen«, versuchte er, sie aufzuheitern. »Auch ohne Elise wäre es nicht einfach geworden.«
     
    Später in der Nacht saß Marianne neben Justus am Feuer und starrte in die Flammen. Elise und Caspar lagen zusammengerollt nebeneinander und schliefen fest. Marianne konnte nicht schlafen. Zum Zeitvertreib stocherte sie mit einem Ast in der Glut herum und sah den Funken dabei zu, wie sie in die Höhe stiegen und in dem dunklen Dach der Fichte verschwanden. Fröstelnd zog sie ihren Umhang enger um sich. Sie hatte Angst. Die Geräusche des Waldes erschreckten sie. Überall um sie herum knackte es im Unterholz, und in der Ferne rief ab und an ein Kauz. Allein hätte sie es hier nicht ausgehalten, zu groß war die Furcht vor der unergründlichen Dunkelheit.
    Justus gähnte herzhaft und zog seine Trinkflasche aus dem Beutel. Höflichkeitshalber hielt er sie zuerst Marianne hin.
    »Möchtest du?«
    Marianne lehnte dankend ab.
    Als er einen Schluck genommen hatte, stellte er ihr endlich die Frage, die ihm schon seit ihrem Aufbruch auf der Zunge lag. »Warum willst du eigentlich unbedingt zurück nach Rosenheim?«
    Sie sah ihn verwundert an.
    Er blickte ihr ins Gesicht. Seine Augen schimmerten im Licht des Feuers, Bartstoppel zierten sein Kinn. Er war ein attraktiver Mann, dachte Marianne.
    »Ich meine«, versuchte er, seine Neugierde zu erklären, »du hattest doch im Lager alles, und auch, wenn Albert tot ist, geht es dir dort gut. Anna Wrangel hat einen Narren an dir gefressen, du bist eine Heldin und zudem sehr hübsch. Du hättest dir die Männer bestimmt aussuchen können.«
    Marianne blickte verlegen zur Seite.
    Er lächelte vielsagend.
    »Was ist also der Grund für diesen überstürzten Aufbruch? Immerhin ist es gefährlich, über Land zu reisen. Der Krieg ist zwar vorbei, aber die Marodeure und Räuberbanden ziehen noch immer durch die Gegend. Wir können froh sein, wenn wir heil unser Ziel erreichen.«
    Marianne wusste im ersten Moment nicht, was sie darauf antworten sollte. An die vielen Gefahren hatte sie nicht gedacht. Ihr war es immer nur darum gegangen, nach Hause zu kommen und ihr Versprechen einzulösen.
    »Es tut mir leid. Ich wollte euch beide nicht in Gefahr bringen.« Sie deutete auf Caspar.
    »So habe ich es nicht gemeint«, beschwichtigte Justus sofort. »Ich bin gern fortgegangen, und wenn ich ehrlich sein soll, plane ich nicht, zurückzugehen. Ich war kein guter Soldat und bin froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein.«
    Er deutete auf Caspar.
    »Er ist durch und durch Soldat. Caspar ist im Tross groß geworden und hat sich vom Betteljungen zum Feldwebel hochgearbeitet. Ohne die Armee kann er nicht leben.«
    Marianne sah Justus neugierig an.
    »Was möchtest du denn stattdessen machen?«
    »Ich würde gern in Rosenheim bleiben. Mir hat die Gegend gefallen. Ich bin gelernter Zimmermann, und Handwerker werden doch immer gebraucht. Bestimmt finde ich eine Anstellung.«
    Justus beugte sich vor.
    »Und? Warum willst du denn nun unbedingt zurück nach Hause?«
    Sie zögerte. Sollte sie diesem, ihr fremden Mann ihre Geschichte erzählen? Was würde er von ihr denken? Würde er sie dann immer noch als Heldin sehen?
    Justus sah sie abwartend an.
    Sie gab sich einen Ruck. Alles musste sie ihm ja nicht auf die Nase binden. Dass sie einst eine Geächtete gewesen war, konnte sie gewiss weglassen.
    So begann sie, ihm von Anderl zu erzählen, und mit jedem Wort funkelten ihre Augen mehr, und sie vergaß die Dunkelheit, vor der sie sich gefürchtet hatte.
    *
    Der nächste Tag begann mit Sonnenschein. Es war milder geworden, der Himmel leuchtete strahlend blau, und ganz weit entfernt am Horizont glaubte Marianne,

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