Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
Vom Netzwerk:
sie hier lieber Stillschweigen bewahren.
    Sofort wurde die Miene des Wirtes mitleidig.
    »Da seid Ihr schon ein Weilchen unterwegs. Gewiss sind die Damen müde.«
    »Wir würden gern die Nacht bei Euch verbringen«, sagte Justus. Caspar warf seinen Geldbeutel auf den Tisch.
    In die Augen des Wirtes trat ein gieriger Ausdruck.
    »Aber gern. Die Damen können sogar eine der Gästekammern haben, und wenn es den Herren nichts ausmacht, könnten sie ihr Nachtlager vor dem Kamin aufschlagen.«
    Caspar und Justus nickten.
    »Das ist mehr, als wir erwartet haben.«
    Das Mädchen brachte das warme Bier. Neugierig mustere sie Marianne und Elise und warf den beiden Männern einen abschätzenden Blick zu, den Marianne zu deuten wusste. Diese Frau war kein Kind von Traurigkeit.
    »Und bring den Gästen dann auch gleich von dem gebratenen Huhn und den Eiern.«
    Er wandte sich an die Damen.
    »Wir haben auch frisch gebackenes Brot.«
    Marianne nickte dankbar, trank von ihrem Bier und genoss das warme Gefühl, das sich in ihrem Magen ausbreitete.
     
    Nach dem Essen hatten sich Marianne und Elise in die winzige Dachkammer zurückgezogen, die ihnen der Wirt angeboten hatte. Der Raum war spartanisch eingerichtet, aber sauber. Die Betten bestanden aus einfachen Strohmatratzen, auf denen dicke Wolldecken lagen, und auf einem winzigen Tisch unter dem einzigen Fenster brannte eine Kerze.
    Jetzt endlich, wo sie allein waren, stellte Marianne Elise die Frage, die ihr schon eine ganze Weile auf dem Herzen lag.
    »Du magst Justus, nicht wahr?«
    Elise war gerade mit dem Aufschnüren ihres Korsetts beschäftigt. Überrascht sah sie Marianne an.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe Augen im Kopf.« Marianne lächelte.
    »Ist es so offensichtlich?« Elise blickte zu Boden und wurde verlegen.
    Marianne grinste.
    »Selbst ein Blinder hätte bemerkt, wie die Luft zwischen euch beiden knistert.«
    »Denkst du, er mag mich auch?«
    Marianne hob eine Augenbraue.
    »Also, wenn Caspar und ich nicht dabei gewesen wären …«
    Sie grinste.
    Elise schlug ihr empört auf den Arm und zog einen Schmollmund.
    »Was denkst du von mir. Niemals würde ich es vor der Hochzeit tun. Das ist doch eine Sünde.«
    Marianne wandte sich ab.
    »Sag bloß …?« Elise stand der Mund offen.
    »Du hast doch nicht etwa …« Sie wagte nicht, es auszusprechen.
    Jetzt war Marianne diejenige, die errötete.
    Elise sah ihre Freundin missbilligend an.
    »Bist du denn von allen guten Geistern verlassen gewesen. Vor der Ehe ist es eine Todsünde, bei einem Mann zu liegen, dafür wirst du in der Hölle schmoren.«
    Marianne versuchte, sich zu verteidigen.
    »So schlimm ist es auch wieder nicht, dann müssten ja alle Huren in die Hölle kommen. Albert und ich, wir haben uns geliebt.« Ein Lächeln spielte um ihren Mund. Sie setzte sich aufs Bett und schlüpfte aus ihren Stiefeln. »Albert war ein großartiger Liebhaber, so zärtlich und aufmerksam.«
    In Elises Augen trat plötzlich Interesse. Immerhin stand ihr dasselbe noch bevor, und es konnte nie schaden, vorab genauestens informiert zu sein.
    »Wie ist es denn so?«, fragte sie neugierig und setzte sich neben Marianne.
    Diese sah Elise verwundert an.
    »Ich dachte, es wäre eine Todsünde.«
    Elise zuckte mit den Schultern.
    »Ja, aber wenn man verheiratet ist, dann ist es keine mehr. Ich muss doch wissen, was auf mich zukommt.«
    Sie knuffte Marianne in die Seite.
    »Wirst du mir erzählen, was ich tun muss?«
    Bittend sah sie sie an, und Marianne gab nach.
    »Also gut.« Sie schlüpfte unter ihre Decke, bot Elise den Platz neben sich an und begann, in allen Einzelheiten zu erzählen, was es mit der körperlichen Liebe auf sich hatte – und mit jedem Wort, mit jedem Detail, das sie berichtete, fühlte sie sich Albert näher.
    Später starrte Marianne grübelnd an die Decke und lauschte den gleichmäßigen Atemzügen von Elise. Eigentlich wäre es für sie und Justus das Beste, wenn sie zueinanderfinden würden, gemeinsam war es einfacher, sich in einer fremden Welt ein neues Leben aufzubauen. Sie könnte sich bei Pater Franz für ihn einsetzen, denn einen tüchtigen Zimmermann konnte er gewiss irgendwohin vermitteln oder sogar im Kloster gebrauchen. Sie atmete tief durch. Es war schon seltsam. Da machte sie sich Gedanken über andere, obwohl sie selbst nicht wusste, was aus ihr werden würde. Würde Pater Franz sie aufnehmen? Tief in sich hoffte sie immer noch, dass sich inzwischen alles in Wohlgefallen aufgelöst hatte

Weitere Kostenlose Bücher