Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
Vom Netzwerk:
finsteren Blick zu. Trotz der Erleichterung war ihr nicht nach Lachen zumute. Sie hatte Hunger und Durst, ihre Kleider waren nass, und sie zitterte vor Kälte.
    Alois Greilinger ging auf Marianne zu, legte fürsorglich den Arm um sie und sah die anderen ermahnend an.
    »Sie heißt Marianne und kommt aus Rosenheim. Habt ihr sie denn noch nie gesehen, ihr Nichtsnutze? Sie lebt dort schon immer und arbeitet im Stockhammer Bräu. Seht ihr nicht, dass die Frau am ganzen Leib vor Kälte zittert. Schöne Kavaliere seid ihr. Ihr solltet euch was schämen.«
    Er zog Marianne näher zum Feuer und griff nach einer bunten Flickendecke, die irgendjemand achtlos dort liegen lassen hatte, hüllte sie darin ein und drückte sie auf den Boden. Danach ging er vor ihr in die Hocke und musterte besorgt ihr Gesicht.
    »Siehst blass aus, Mädchen. Ich gehe und hole dir warmen Wein und etwas zu essen, und dann erzählst du mir, was dich hierhergeführt hat.«
    Marianne nickte. Ihre Zähne schlugen aufeinander, doch die Wärme des Feuers tat ihr gut.
    Alois verschwand, und plötzlich tauchte Toni neben ihr auf und grinste verschmitzt. Erst jetzt bemerkte Marianne die vielen Sommersprossen, die seine Nase zierten.
    »Tut mir leid, wenn du wegen mir Ärger hast.«
    Marianne lächelte.
    »Ist schon gut. Du konntest doch nichts dafür.«
    Der Junge deutete in die Richtung, in die Alois verschwunden war.
    »Du kennst unseren Schiffsmeister?«
    Marianne nickte.
    »Ja, aus Rosenheim. Er ist ein guter Mann.«
    »Ja, das ist er«, bestätigte Toni. »Gut und gerecht. Und er kennt den Fluss wie kein anderer.«
    Marianne rieb sich die Hände und hielt sie näher ans Feuer. Einige Männer liefen an den beiden vorbei und warfen ihnen neugierige Blicke zu.
    »Warum warst du denn allein im Wald«, fragte Toni und bohrte ungeniert in der Nase.
    »Ich bin auf dem Heimweg nach Rosenheim und war auf der Suche nach einem trockenen Schlafplatz für die Nacht.«
    Toni zog die Augenbrauen hoch.
    »Du wolltest ganz allein bis nach Rosenheim laufen? Das ist aber mutig.«
    »Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich muss dorthin.« Marianne zuckte mit den Schultern.
    Toni wischte sich die Hände an seinem Hemd ab.
    »Dann fahr doch mit uns. Wir wollen auch dorthin, bestimmt hat Alois nichts dagegen.«
    Marianne sah den Jungen überrascht an und begann zu lächeln.
    »Also hast du mir am Ende gar kein Pech gebracht, sondern bist mein Glücksbringer.«
    Toni errötete bis unter die Haarwurzeln.
    »Toni ist unser aller Glücksbringer«, sagte Alois, der mit einer dampfenden Schale in der Hand zurückkam. »Schon vor so manchem Ungemach des Flusses hat er uns gerettet. Er ist mein bester Lehrjunge.«
    Toni blickte zu Boden, zwinkerte Marianne grinsend zu und räumte das Feld.
    Alois stellte die Schale, die mit duftendem Kanincheneintopf gefüllt war, vor Marianne ab. Ihr Magen begann laut zu knurren, und sie griff gierig nach dem Löffel.
    Alois lachte.
    »Lass es dir schmecken. Bist dünn geworden.«
    Marianne nickte dankbar. Die warme Suppe wärmte ihren Bauch, und endlich ließ das Zittern nach.
    Alois beobachtete sie eine Weile. Das Pestkind, allein im Wald, weit weg von zu Hause. Er hatte natürlich davon gehört, dass Marianne mit den Schweden gezogen war, aber warum genau, hatte er nicht erfahren.
    »Was treibt dich also in diesen Wald?«
    Marianne spülte einen Bissen Brot mit Würzwein hinunter.
    »Ich will zurück nach Hause.«
    Alois zog die Augenbrauen hoch.
    »Und das ganz allein?«
    Der alte Mann, mit dem sich Alois unterhalten hatte, zog eine Mundharmonika aus seiner Rocktasche und begann, ein fröhliches Lied zu spielen. Ein zweiter Mann mit einer Geige gesellte sich zu ihm, und ein weiterer begann zu singen. Die anderen Männer klatschten den Takt mit, und einige von ihnen tanzten ums Feuer herum.
    Alois lächelte und strich Marianne sanft über die Schulter.
    »Wir reden später weiter, aber Toni hatte natürlich recht. Wir nehmen dich gern mit zurück, betrachte dich als meinen persönlichen Gast.«
    »Vielen Dank.« Marianne war erleichtert. »Du weißt gar nicht, wie sehr du mir damit hilfst.«
     
    Danach blieb sie allein. Keiner der Männer getraute sich zu ihr, und auch Toni suchte nicht mehr ihre Gesellschaft. Nur ab und an wurde sie neugierig aus der Ferne beäugt. Die Musik wurde immer lauter und fröhlicher, und der Wein floss in Strömen. Ausgelassen wurde getanzt, und irgendwann sprangen die Männer sogar laut grölend übers Feuer. Auch Toni

Weitere Kostenlose Bücher