Das Pestkind: Roman (German Edition)
gestern hat unser Koch Fredl hier zubereitet. Bestimmt wartet er schon auf dich.«
Marianne beäugte neugierig das Schiff. Eine Küche auf einem Boot war ihr neu. Da fiel ihr der kleine Kamin auf, der aus dem Holzaufsatz ragte.
Alois zog sie zur Seite.
»Was ich dir noch sagen wollte. Fredl ist schon sehr alt, gläubig und übertreibt es manchmal etwas. Er hält nicht viel von Frauen auf Schiffen. Der Flussgott wird es uns übelnehmen, hat er zu mir gesagt. Aber ich bin der Schiffsmeister und treffe alle Entscheidungen. Sollte er sich im Ton vergreifen oder dich nicht nett behandeln, dann nimm es nicht ernst.«
Marianne nickte. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit, und die Leichtigkeit von eben verschwand.
Alois kletterte auf das Boot und streckte ihr höflich die Hand hin.
Das Boot schwankte, als sie die Küche betraten. Stickige, verqualmte Luft schlug ihr entgegen, denn der kleine Schornstein schien mit dem vielen Rauch überfordert zu sein. Der Raum war ungewöhnlich groß. Neben dem Ofen, auf dem mehrere Töpfe und Pfannen standen, gab es einen Tisch und zwei Hocker. Auf dem Tisch lagen zwei gehäutete Hasen. An großen Haken hingen Schinken und Würste von der Decke, und in der anderen Ecke dienten Bretter an der Wand als Regale. Unterschiedlich große Gefäße standen darauf, deren Inhalt sich nicht genau bestimmen ließ. In einer Ecke stand ein Butterfass neben einem Korb mit Rüben und Zwiebeln. Fredl rührte in einem der Töpfe, der Geruch von Haferbrei hing in der Luft. Mariannes Magen begann wieder zu knurren, obwohl ihr Hals wie zugeschnürt war.
Der alte Mann drehte sich um und warf Marianne einen finsteren Blick zu. Er war schmächtig und kaum größer als sie selbst. Sein Haar war weiß wie Schnee, und unter ebenfalls weißen Augenbrauen schauten kleine blaue Augen hervor. Seine rechte Wange zierte eine breite rote Narbe, die dem Gesicht eine seltsame Form verlieh.
Alois ignorierte die säuerliche Miene des Kochs.
»Guten Morgen, Fredl. Hier bringe ich dir wie besprochen das Mädchen.«
Der Alte nickte kurz und widmete sich dann wieder dem Essen. Alois zwinkerte Marianne aufmunternd zu.
»Na, dann wünsche ich gutes Gelingen. Was gibt es denn heute, Fredl?«
Der Alte antwortete, ohne sich umzudrehen:
»Haseneintopf, wie man sehen kann.«
Alois versuchte, den ruppigen Ton zu überhören. Er hatte lange überlegt, ob dies der richtige Ort für Marianne war, aber etwas anderes konnte sie nicht tun, und sie einfach so auf einem der Schiffe mitfahren zu lassen wäre nicht richtig, denn jeder leistete seinen Beitrag.
Marianne schluckte und bemühte sich zu lächeln.
»Das hört sich doch wunderbar an. Ich habe bereits in der Küche gearbeitet, damals im Stockhammer Bräu, gewiss bin ich Euch eine Hilfe.«
Der Alte reagierte nicht.
Alois legte Marianne die Hände auf die Schultern.
»Ich muss jetzt los, denn einiges ist noch zu tun, bis wir aufbrechen. Ihr werdet schon zurechtkommen.«
Er verließ die Küche.
Fredl rührte in seinem Topf, dann nahm er das Butterfass, setzte sich auf einen Hocker und begann schweigend, darin herumzustampfen.
Marianne war unsicher. Sie wusste nicht so recht, wie sie auf die abweisende Art des Mannes reagieren sollte. Sie beobachtete ihn eine Weile, doch irgendwann wurde es ihr zu viel. Alois hatte sie hierhergebracht, um zu helfen. Löcher in die Luft starren hätte sie woanders auch gekonnt. Sie setzte sich an den Tisch und griff nach den gehäuteten Hasen. Der Alte zog die Tiere zu sich her.
»Fass das nicht an«, sagte er ruppig.
Sie atmete tief durch. Langsam wurde sie wütend.
»Alois hat gesagt, dass ich Euch helfen soll. Ich weiß, wie man Haseneintopf zubereitet. Das Fleisch muss geteilt und vom Knochen abgelöst werden, das habe ich schon gemacht.«
Fredl funkelte sie böse an.
»Es ist mir egal, was du schon gemacht hast. In meiner Küche fasst du nichts an. Alois mag dort draußen der Schiffsmeister sein, aber hier habe ich das Sagen. In dieser Küche hat er nichts zu befehlen, auch wenn er es glaubt. Du bringst Unglück. Alles, was du anfasst, bringt Unglück. Am besten scherst du dich nach draußen, wo ich dich nicht sehen muss.«
Marianne wich erschrocken zurück. Das hier wurde schwieriger, als sie gedacht hatte. Doch so leicht würde sie es dem Koch nicht machen.
Sie versuchte, ruhig zu bleiben.
»Alois hat mir erklärt, Ihr denkt, dass ich Unglück bringe, weil ich eine Frau bin, aber das ist nur Aberglaube. Ich sehe doch,
Weitere Kostenlose Bücher