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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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sie vor einem vernichtenden Überfall der Schweden bewahrt hatte.
    Der Abt hatte gewiss einen guten Grund dafür, warum er den Jungen befreien wollte, und diesen wollte er sich jetzt anhören.
    Er trat in den dunklen Flur und öffnet die Tür zur Wachstube. Stickige Luft empfing ihn. Der Wärter sprang auf. Er hatte, die Füße auf dem Tisch, an einem Hühnerbein genagt.
    Mit so hohem Besuch hatte Karl nicht gerechnet, doch er konnte sich schon denken, warum Constantin von Lichtenberg hier war.
    »Grüß Gott, Euer Gnaden«, begrüßte er den Richter und deutete eine Verbeugung an. Fett troff von seinen Fingern und klebte an seinen Wangen. Der Richter wandte angewidert den Blick ab und deutete in den Flur.
    »Ich möchte mit den Mönchen sprechen, sofort.« Sein Tonfall war ruppig. Karl wischte sich die Finger an seiner Hose ab, griff nach seinem Schlüsselbund und schlurfte am Richter vorbei ins Treppenhaus.
    *
    Pater Franz schaute hoch, als sich die Tür öffnete. Sein Freund Johannes lag auf dem Strohlager und schlief. Der Richter betrat die winzige Kammer und rümpfte die Nase.
    Karl blieb neugierig in der Tür stehen. Constantin von Lichtenberg sah ihn abwartend an.
    »Habe ich Euch gebeten hierzubleiben?« Der Wärter wich zurück und schloss die Tür. Pater Johannes öffnete die Augen. Erschrocken sah er den Richter an und setzte sich auf.
    »Gott zum Gruß«, begann Constantin von Lichtenberg das Gespräch und musterte die beiden Männer neugierig. Sie waren blass und sahen müde aus, besonders der Alte wirkte mitgenommen und nervös und wich, im Gegensatz zu Pater Franz, seinem Blick aus. Der Abt sah ihn offen an und erwiderte mit fester Stimme seinen Gruß.
    »Grüß Gott, Euer Gnaden. Was führt Euch zu uns?«
    Constantin von Lichtenberg musste innerlich über diese Frage schmunzeln. Als wenn das nicht offensichtlich wäre.
    »Ich wollte Eure Fassung der Geschichte erfahren. Ich habe mich ein wenig umgehört, und Ihr wurdet mir als guter Abt und Geistlicher beschrieben, der warmherzig und großmütig ist. Ihr steht für die Bürger dieser Stadt ein, und alle sehen Euch als Helden, der sie vor den Schweden bewahrt hat.«
    Pater Franz winkte ab.
    »Das wird überschätzt. Gewiss hätte der Bürgermeister auch ohne mein Zutun so gehandelt.«
    Der Richter sah den Mönch interessiert an.
    »Ihr seid zu bescheiden. Ich weiß genau, was vorgefallen ist. Ihr wart die treibende Kraft damals, ohne Euer Zutun wäre Rosenheim nicht so glimpflich davongekommen.«
    »Ihr seid gewiss nicht gekommen, um mich deshalb zu loben«, erwiderte Pater Franz. »Ihr wollt wissen, was zwei Mönche dazu bringt, in ein Gefängnis einzubrechen, um einen Verurteilten zu befreien.«
    Der Richter erwiderte Pater Franz’ Blick.
    »Ihr habt es erfasst.«
    »Der Junge ist unschuldig«, mischte sich plötzlich Pater Johannes mit rauher Stimme in das Gespräch ein.
    »Er hat seine Mutter nicht erschlagen, und wir können es beweisen, aber Ihr wolltet uns keinen Glauben schenken.«
    Überrascht sah der Richter Johannes an.
    Pater Franz legte seinem Glaubensbruder beruhigend die Hand auf den Arm.
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr, Johannes. Nicht wahr?« Er sah den Richter an. »Ihr habt Anderl zum Tode verurteilt, und daran kann nicht mehr gerüttelt werden, auch wenn er unschuldig ist.«
    Constantin von Lichtenberg überlegte kurz. Er hatte damals einzig und allein auf das Wort des Büttels vertraut. Einem Mann, den er kaum kannte, hatte er mehr Vertrauen entgegengebracht als einem Mönch. Er seufzte innerlich. Pater Franz hatte recht. Die Verurteilung des Jungen würde er nicht mehr zurücknehmen, denn damit würde er sein eigenes Urteilsvermögen in Frage stellen.
    Er nickte betreten.
    »Darin muss ich Euch leider zustimmen. Es spielt keine Rolle mehr, denn das Urteil ist gesprochen. Was das Mädchen auch immer zu berichten hat, ihre Aussage würde die des anderen, männlichen Zeugen niemals ins Wanken bringen.«
    Pater Johannes seufzte.
    »Also war alles umsonst.«
    Der Richter schüttelte den Kopf.
    »Nein, das war es nicht. Ihr habt mich davon überzeugt, dass Ihr ein Ehrenmann seid, der für andere einsteht, bis in den Tod, und davor habe ich großen Respekt.«
    Er reichte Pater Franz die Hand und half ihm auf.
    »Ihr könnt nach Hause gehen. Ich werde in diesem Fall beide Augen zudrücken und Gnade vor Recht ergehen lassen.«
    Pater Franz sah den Mann überrascht an.
    »Für uns muss kein Sonderrecht gelten, denn wir haben ein

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