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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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Schneiderbank abg e räumt. Zuerst konnte ich das Kind nicht sehen, weil der dunkle massige Körper des Baders im Weg stand, aber als er einen Schritt beiseite trat, um etwas aus seiner Tasche zu holen, zuckte ich zusammen. Das arme Seelchen war über und über mit zuckenden Blutegeln besetzt, deren saugende Mundwerkzeuge tief in seinen zarten Armen und im Nacken steckten, während ihre runde, glitschige Kehrseite sich bei di e sem Festmahl hin und her wand. Vermutlich konnte man von Glück sagen, dass Edward im Fieberwahn nicht begriff, was man ihm antat. Mit sorgenvoll g e runzelter Miene hielt Mary die schlaffe Kinderhand. Alexander Hadfield stand neben dem Bader, hielt ihm Tasche und Instrumente hin und nickte ehrerbi e tig zu jeder seiner Äußerung.
    »Da er ein zierliches Kind ist, müssen wir nicht allzu viel ablassen, um die Balance seiner Säfte wi e derherzustellen«, m einte der Bader zu Alexander Hadfield, der E d wards Schultern hielt. Als er mit der verstrichenen Zeit zufrieden war, rief er nach Essig, den er auf die aufgeblähten Kreaturen träufelte, s o dass sie noch heftiger zuckten. Um dem Reizerreger zu entgehen, öffneten sich ihre Mundwerkzeuge. Nach mehrmal i gem heftigem Ziehen klemmte er sie ab. Anschli e ßend schoss hellrotes Blut heraus, das er mit kleinen Leinenläppchen stillte, die ihm Alexa n der Hadfield hergerichtet hatte. Jeden Blutegel re i nigte er in einem Becher Wasser und ließ ihn dann in einen Lederbe u tel fallen, in dem es von zuckendem Gewürm nur so wimmelte. »Sollte sich der Zustand des Kindes bis zum Anbruch der Nacht nicht verbe s sern, müsst ihr ihn purgieren und auf Diät setzen. Ich werde euch ein Rezept für eine Tinktur geben, die seinen Darm en t leert.« Während sich Mary und ihr Mann übe r schwänglich bei ihm bedankten, packte er schon se i ne Tasche. Ich folgte ihm auf die Straße hinaus. Als die Hadfields außer Hörweite waren, wagte ich eine kühne Frage, die mich quälte.
    »Bitte, verzeihen Sie, Sir, aber dieses Fieber bei dem Kind, könnte es sich um die Pest handeln?«
    Der Mann wedelte herablassend mit der behan d schuhten Hand und drehte sich nicht einmal um, um mich anzusehen. »Unmöglich«, sagte er. »Die Pest ist, dank Gottes Gnade, die letzten zwei Jahrzehnte nicht in unserer Grafschaft gewesen. Und außerdem finden sich am Kindeskörper keinerlei Anzeichen dafür. Es handelt sich lediglich um Fieberfäule. Wenn die Eltern meine Anweisungen befolgen, wird er am Leben bleiben.«
    Er war so aufs Wegreiten versessen, dass er den Fuß bereits im Steigbügel hatte. Das Sattelleder knarrte, als er seinen breiten Oberkörper zurechtrüc k te. »Aber, Sir«, fuhr ich fort und mochte meiner e i genen Kühnheit kaum trauen, »wenn es hier in den letzten zwanzig Jahren keine Pest gab, dann haben Sie v ielleicht auch keine Fälle gesehen, um den Z u stand des Kindes richtig deuten zu können.«
    »Unwissendes Weib!«, rief er, wobei er sein Pferd so achtlos wendete, dass feuchte Erdklumpen vom letzten Regen hochspritzten. »Willst du damit sagen, ich verstünde nichts von meinem Beruf?« Er schnalzte mit den Zügeln und wäre fort gewesen, wenn ich nicht das Pferd beim Zaumzeug gepackt hätte. »Sind Beulen im Nacken und rosige Ringe am Körper keine Anzeichen für Pest?«, rief ich.
    Abrupt hielt er an und sah mir erstmals ins G e sicht. »Wo hast du so etwas gesehen?«, wollte er wissen.
    »Auf dem Körper meines Logiergastes, der beim letzten Vollmond begraben wurde«, erwiderte ich.
    »Und du lebst neben den Hadfields?«
    »Im nächsten Haus.«
    Bei diesen Worten bekreuzigte er sich. »Dann m ö ge Gott dich und dieses Dorf retten«, sagte er. »Und sag deinen Nachbarn, sie möchten mich nicht mehr rufen lassen.« Damit war er fort, im gestreckten G a lopp die Straße hinunter, dass er beinahe mit Martin Millers Heuwagen zusammengestoßen wäre, der s o eben bei der Hauertaverne scharf um die Ecke bog.
     
    Der kleine Edward Cooper war noch vor Sonnenu n tergang tot. Sein Bruder Jonathan lag einen Tag sp ä ter krank darnieder, und Alexander Hadfield ga n ze zwei Tage darauf. Binnen einer Woche war Mary Hadfield zum zweiten Mal in ihrem Leben Witwe, und ihre beiden Söhne lagen neben ihrem toten Vater auf dem Kirchhof. Ich war bei der Beerdigung nicht dabei, denn inzwischen hatte ich selbst genug Grund zur Trauer.
    Mein Tom starb, wie es Babys tun, sanft und kla g los. Weil sie erst so kurze Zeit bei uns sind, scheinen sie am Leben nur schwach

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