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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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Schwarzglä n zendes. Als sie näher kam, konnte ich erkennen, dass es sich um eine tote Ratte handelte. Ein kläglicher kleiner, klatschnasser Körper mit wässrigen Augen und einer hellroten Blutspur um die Schnauze. Hinter ihr spazierte ein verlegener Jamie mit einer zweiten im Schlepptau. Im hohen Bogen warf Mary die eine, die sie trug, ins Feuer, und auf ihre Aufforderung hin tat es ihr Jamie widerwillig gleich.
    »Kannst du dir vorstellen, Anna, die beiden haben mit diesen ekligen Tieren gespielt, als ob’s Kusche l tiere wären. Anscheinend wimmelt es im Holzstoß nur so davon. Alle tot. Na ja, man muss schon für Kleinigkeiten dankbar sein.« Da wir unsere Arbeit nicht unterbrechen konnten, rief Mary nach Alexa n der, er solle sich um die Rattenplage kümmern. Im Stillen lachten wir beide, als ihr Mann, der sich zu fein war, um beim Schweineschlachten zur Hand zu gehen, stattdessen blutige Nagetierkadaver einsa m melte. Während wir weiter im Wettlauf gegen das schwindende Tageslicht schufteten, um das Fett au s zulassen und die Speckseiten zu salzen, erleichterte uns sein Anblick ein wenig die schwere Arbeit, die uns wie immer verhasst war. Aber ich konzentrierte mich im Geiste auf den Geruch von brutzelndem Speck in meiner Pfanne und dachte daran, wie sich Jamie in wenigen Wochen darüber freuen würde.
     
    Als sich der Himmel endlich bewölkte, war es fast eine Erleichterung. Der Nieselregen wirkte auf die Augen erholsam und wusch die Landschaft rein. Le i der brachte die Feuchtigkeit nach dieser Hitze eine Flohplage von ungeahntem Ausmaß mit sich. Es ist schon merkwürdig, wie alle möglichen beißenden Ungeziefer den einen Me n schen appetitlich finden, während ihnen ein anderer ganz und gar nicht schmeckt. In meinem Haus fielen die Flöhe über meine zarten Kinder her, sodass sie von Kopf bis Fuß mit juckenden Stellen übersät w a ren. Erst verbrannte ich alle unsere Strohbetten, dann machte ich mich auf den Weg zu den Gowdies, um eine Salbe zu h o len. Halb hoffte ich, Anys erneut allein vorzufinden, da ich mich mit ihr gerne weiter unterhalten hätte. Darüber, wie man als Frau allein in der Welt z u rechtkommt, wie ich meinen Zustand a n nehmen, ja sogar genießen konnte, so wie sie es o f fensichtlich tat. Sie hatte unverblümt genug auf ihre zahlreichen Liebhaber angespielt, und ich brannte darauf, mehr zu erfahren.
    Deshalb war ich enttäuscht, als mir auf der Treppe nur die alte Mem entgegenkam. Ihr Umhang verriet, dass sie gerade fortgehen wollte, und ihr fahriges Verhalten brachte mich auf den Gedanken, man e r warte sie bei irgendeiner Niederkunft, obwohl mir diesbezüglich niemand einfiel. Jede der mir bekan n ten Schwangeren hatte noch mindestens einen Monat bis zur Geburt.
    »Ach, Anna, den Gang hätte ich dir ersparen kö n nen, denn ich bin unterwegs zu den Hadfields . Der kleine Edward Cooper glüht vor Fieber, deshalb bringe ich ihm ein Tränklein.« Beunruhigt über diese Nachricht machte ich mich mit ihr auf den Rückweg. Trotz ihres hohen Alters und der dünnen Silberhaare, die unter der ausgefransten Haube hervorlugten, b e wegte Mem sich so kraftvoll wie ein Mann. Während wir zu den Hadfields eilten, musste ich größere Schritte machen, um mit ihr mitzuhalten. Als wir zur Kate kamen, war an der Stange neben dem Wasse r trog ein fremder Schecke angebunden. Mary kam uns an der Türe entgegen. Sie war vor Sorge ganz erhitzt, und anscheinend auch aus Verlegenheit. »Danke, Mem, wirklich , vielen Dank für dein Kommen, aber mein Mann hat nach Bakewell zum Bader geschickt, und der ist jetzt bei Edward. Ich bin überzeugt, dass wir alle für dein Wissen in diesen Sachen dankbar sind, aber mein Mann meinte, hier dürften wir nicht kna u sern. Außerdem hat mir Edwards Vater, Gott hab ihn selig, genug Mittel hinterlassen, um diese Ausgabe zu bestreiten.«
    Mem zog ein saures Gesicht. Von Badern hielt sie genauso viel wie die meisten von uns von weisen Frauen. Und doch half uns Mem, so gut es ging, für ein paar Pence oder gegen Naturalien, wie es eben jedem von uns möglich war, während sich die Bader erst dann vom Fleck rührten, wenn ganze Schillinge in ihren Taschen klimperten. Mit einer kühlen Ve r beugung drehte sich Mem um und ging weg. Aber ich war neugierig und blieb so lange, bis mir Mary bedeutete, ihr zu folgen. Der Bader hatte gebeten, das Kind nach unten zu bringen. Vermutlich ließ er sich zu keiner Arbeit im beengten Oberstock herab. Al e xander Hadfield hatte seine

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