Das Pete Buch 05 - Wer schleicht denn da herum
Sam von seinen Armen gelöst hatte, nun unter seinen Achseln straffte. Er verspürte einen unwiderstehlichen Zug und mußte diesem Zuge folgen, ob er wollte oder nicht. Es ging aufs Fenster zu, und ehe er wußte, wie dies zugegangen war, stand er auf der Fensterbank, und dann schwebte er langsam in die Höhe. Diejenigen, die ihn aufs Dach hinaufzogen, gingen sehr vorsichtig mit ihm um; das muß vermerkt werden.
Ein wenig später stand er wohlbehalten auf dem Dach des Watsonhauses.
„Schon einmal mondgewandelt?" fragte eine Stimme, die ihm ebenfalls bekannt vorkam. Sie gehörte allem Anschein nach Pete; aber er hütete sich, das verlauten zu lassen. Bei Dingen, um die sich Pete persönlich kümmerte, verhielt man sich am besten ruhig, das hatte ihn die Erfahrung tausendfach gelehrt.
Von hinten faßten ihn zwei kräftige Hände bei den Armen.
„Geh vorwärts!" verlangte eine Stimme in seinem Rücken energisch.
„Das Dach ist doch schräg!" jammerte Jimmy. „Ich werde abstürzen!"
„Unsinn! Ich halte dich! Ich werde dir rechtzeitig sagen, wann du stehenbleiben mußt."
Jimmy bekam einen auffordernden Rippentriller, der es in sich hatte, und setzte gehorsam Fuß vor Fuß. Die Sache war ihm keineswegs geheuer; aber was sollte er tun? Somerset schlief um diese Zeit; er konnte sich die Kehle aus dem Hals schreien, ohne daß ihn jemand hörte.
Schließlich wurde er angehalten. Jemand griff nach seinem rechten Bein, jonglierte ein wenig in der Luft damit herum und setzte es schließlich auf eine Leitersprosse.
„Das ist die erste. Wenn du vorsichtig bist, kommst du mit der siebzehnten Sprosse auf dem Erdboden an. Es liegt ganz an dir!"
Jimmy hatte sich noch nie in seinem Leben so gehorsam gezeigt wie jetzt, und so kam er tatsächlich nach kurzer Zeit schon sicher zu ebener Erde an. Dann wurde er fortgeführt, nicht sehr weit, und von starken Händen in Empfang genommen. Mindestens fünf kräftige Jungen hoben ihn in die Höhe. Gleich darauf landete er auf einem leichten Plattenwagen.
Dann ging es los. Polternd holperte es über das schlechte Pflaster des Town. Als die Fahrt nach kurzer Zeit ruhiger wurde, wußte Jimmy, daß es zum Ort hinausging.
Dann hielt der Wagen. Jimmy hörte Wasser rauschen. Sie befanden sich also am Red River!
Jetzt wurde er wieder vom Wagen gehoben. Man führte ihn ein Stück geradeaus. Er hörte es hohl unter seinen Füßen klingen. Das war die Red River-Brücke!
Dann befand man sich endlich am Ziel. Er wurde allerdings noch immer festgehalten.
Eine Zeitlang blieb alles ruhig. Dann vernahm er eine Stimme, die er wie alle andern kannte; sie gehörte Dorothy Simmers, Petes Schwester.
„Nehmt ihm diesen häßlichen Sack vom Kopf!" forderte das Mädchen. „Wenn er seine Zeugenaussage macht, soll er uns in die Augen sehen!"
Jimmy Watson gesteht.. . Aber die Papiere bleiben dennoch unauffindbar — Johnny lacht sich eins ins Fäustchen — Zwei Gauner sind genarrt
Vier Hände nahmen Jimmy Watson den Sack vom Kopf, dann konnte er wieder sehen.
Er stand auf der flachen Wiese am Red River-Ufer, die vom „Bund der Gerechten" für die Zusammenkünfte bevorzugt wurde. Die Mitglieder dieses Bundes befanden sich in seinem Rücken, mit Ausnahme von Dorothy Simmers, die auf einem Feldstühlchen saß und anscheinend heute dazu ausersehen war, das große Wort zu führen.
Trotz stieg in Jimmy hoch. Er sollte sich von einem Mädel abkanzeln lassen? Wofür? Etwa deshalb, weil er in das Generalshaus eingedrungen war und Schokolade gemaust hatte? Das ging den „Bund der Gerechten" gar nichts an! Er war Jimmy Watson und konnte tun und lassen, was er wollte!
Mit einem hastigen Blick schaute er sich um. Der Mond schien hell genug, um klar und deutlich erkennen zu lassen, daß die übrigen Mitglieder des „Bundes der Gerechten" sich in seinem Rücken in einem Abstand von mindestens zehn Metern niedergelassen hatten.
Jimmys Mut wuchs. Nun würde er dieser Horde blöder Kinder einmal zeigen, daß er nicht gesonnen war, sich von ihnen zum Popanz machen zu lassen! Er würde jetzt ganz einfach davonlaufen! Die einzige, die ihm in den Weg treten konnte, war diese lächerliche Dorothy, und die ließ sich mit Leichtigkeit über den Haufen rennen. Ehe die Jungen in die Höhe kamen und die Verfolgung aufnehmen konnten, war er längst auf der Brücke. Dort aber stand noch der kleine Wagen, auf dem man ihn hierhergebracht hatte, mit zwei kräftigen Ponies bespannt. Er würde dafür sorgen, daß die Kerle
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