Das Pete Buch 05 - Wer schleicht denn da herum
Bettler gemacht!"
Sie überlegten. Wo mochten die Papiere sein? Wer konnte sie jetzt haben?
„Klar wie Stiefelwichse!", ließ Sam sich hören, als er das Problem genügend bebrütet hatte. Seine Augen rollten noch, sein rechter Zeigefinger lag noch am linken Nasenloch, seine Stirn war noch gerunzelt. „Jimmy!"
„Kannst du nicht auch einmal so sprechen, daß dich jeder versteht?" Pete konnte auch ungeduldig werden.
„Dieses Stinktier Jimmy hat die Papiere!" behauptete Sam triumphierend.
„Beweise!" verlangte Pete kühl.
„Ich fühle es!" erklärte Sam mit Überzeugung. „Das ist bei mir wie bei den alten Leuten mit dem Rheumatismus. Die merken auch, wenn's regnen will."
Pete überlegte.
„Vielleicht —!" gab er schließlich zu. „Möglich, daß du recht hast! Er drückte sich den ganzen Nachmittag beim Generalshaus herum und leistete sich am Abend diesen üblen Streich mit Johnny. Natürlich haben diese Dinge ihren tieferen Grund. Er will sich lieb Kind bei Mr. Dudley machen! Das steht fest — oder?"
„Wahrscheinlich belauschte er uns, als wir die Papiere im Schirm versteckten, holte sie hinterher heraus, brachte sie woanders unter — und nun läßt er den Konservenkönig erst einmal eine Zeitlang im eigenen Saft schmoren! Wenn Dudley dann bereit ist, alles zu tun, was man von
ihm verlangt, damit er nur sein kostbares Rezept wieder. . 135
bekommt, tanzt Jimmy an und sagt, er könne es wieder herbeischaffen. Aber wir werden diesem Kojoten in seine ungesalzene Suppe spucken — so wie wir gebaut sind, alter Knabe!"
„Und wie wollen wir das anstellen?" fragte Pete, obwohl er ganz genau wußte, worauf die Sommersprosse hinaus wollte.
„Doch klar wie —"
„— Stiefelwichse, ich weiß!" vollendete Pete. „Deine Vergleiche setzen allmählich Schimmel an."
„Und —?" grollte das Rothaar. „machen wir uns sofort an die Arbeit! Schließlich sind wir ja mit Mammies ausdrücklicher Billigung unterwegs! Da ist es vollkommen gleich, wann wir zurückkommen, und wenn es morgen früh ist! Wir brauchen ja nur zu erzählen, Mrs. Dudley habe uns vor lauter Seligkeit, ihren süßen Johnny zurückzuhaben, nicht eher losgelassen!"
„Das ist gelogen!" mahnte Pete.
„Gelogen? — Mußt du denn immer so unfeine Wörter in den Mund nehmen? Gelogen ist, wenn —" Ihm fiel kein geeigneter Vergleich ein. „Das ist keine Lüge! Das ist höhere Diplomatie! Und was Präsidenten, Kaisern und Königen erlaubt ist, wird wohl auch uns gestattet sein! Oder?"
„Laut genug gebrüllt, Löwe!" lachte Pete. „Aber falsch! Trotzdem — was schlägst du also vor?"
Sam geriet in Fahrt.
„Einfach! Kolossal einfach! Sofortige Einberufung einer Eilsitzung des ,Bundes der Gerechten'! In einer knappen Stunde kann es so weit sein. Dann holen wir das Stinktier Jimmy aus seiner Falle und halten Gericht."
„Und wessen gedenkst du ihn zu beschuldigen?"
„Diebstahl wichtiger Geheimdokumente!"
„Deine Verdachtsgründe reichen nicht aus!"
„Na schön — wenn du meinst!" Das Rothaar rümpfte die Nase. „Wir brauchen ihn ja nicht als Angeklagten vorzuführen. Wir können ihn auch als wichtigen Zeugen laden."
Pete überlegte; dann nickte er.
„Okay, alter Knabe! Einverstanden!"
Sie besprachen die technischen Einzelheiten. Dann sausten sie los. In den nächsten dreißig Minuten wurde eine ganze Reihe Somerseter Jungen auf geheimnisvolle Weise geweckt und aus den Betten geholt. Gleich darauf durcheilten verschwiegene Gestalten behutsam und von dem dringenden Wunsch beseelt, von niemandem gesehen zu werden, die Straßen des Town. Als es endlich im Ort wieder still wurde, erwachte die Wiese an der Red River-Brücke zu verborgenem Leben. Uneingeweihte würden sich sehr gewundert haben; aber solche hatten keinerlei Veranlassung, sich zu dieser Stunde an die Red River-Brücke zu begeben. —
Jimmy Watson war, als er nach Hause kam, so wie er ging und stand, in seiner Dachstube aufs Bett gefallen und sanft und selig eingeschlafen. Er schlief so gut, wie nur jemand schlafen kann, der von dem besten Gewissen der Welt behütet wird. Er schlief wie ein Murmeltier. Das hinderte ihn jedoch nicht zu träumen.
Seine Träume waren herzerfrischend. Er befand sich im Palast des Konservenkönigs und saß im Chefzimmer auf dem Stuhl des Oberchefs. Hunderte von eifrigen Sekretären neigten sich vor ihm, und ebenso viele Sekretärinnen knixten. Er aber sagte mit ausdrucksloser Stimme: „Führt die Bösewichter herein!" Dann wurden Pete
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