Das Pete Buch 12 - Der Goldkoenig von Somerset
das Tierchen vom Haken ab und warf es in die unter der Sonne metallisch glitzernden Wellen zurück.
Was war das. ,Gobelinus flussikus' . . . oder so?" erkundigte sich der Schlaks.
„Latein", lautete die bündige Antwort.
„Waas, das können Sie auch, Sir?"
„Blöde Frage!" knurrte Huckley ziemlich ungehalten. „Übrigens drüben in Afrika ganz andere Sache! Zentnerschwere Nilpferde dort schon an Angel gehabt . . ."
Jimmy Watson standen Mund und Nase, Augen und Ohren weit offen. „Pferde, Nilpferde an einer Angel? Zentnerschwere sogar?"
„Surely, by gosh!"
„Aber dabei müßte doch die Angelschnur gerissen sein!" Jimmy wollte das nicht recht in den Kopf.
MacMurry in seinem nahen Schilfversteck mußte sich sehr zusammennehmen, um nicht laut herauszuplatzen vor Lachen. Der Bär, den dieser Karierte da dem unsympathischen Bürschlein in Gestalt eines Nilpferdes aufband, der wog schon einige Tonnen! Dieser Prahlschwanz von einem Automonteur war doch das Dümmste, was MacMurry in seinem Leben bisher begegnet war.
„Unsinn!" hörte er wieder Mr. Huckley zum Schlaks sagen. „Mit der Angel — natürlich war ein schwerer Fleischerhaken dran — mit der Angel wird's Nilpferd nur festgehalten, wie der Gaul am Zügel. Zweiter Angler nimmt Vorhammer und knallt ihn auf Nilpferdschädel. Aus!"
„Ah . . . sooo ist das!" meinte Jimmy Watson. „Indeed", nickte Huckley mit todernstem Gesicht. „Da ist die Angelschnur doch sicher so dick wie ein Metzgerseil?"
„No", winkte Huckley ab, „ausgesprochen dünn ist sie, aber aus Stahldraht!"
Das begriff Jimmy; er schien zufrieden und nickte beifällig.
„Vielleicht beißt gleich ein Seehund an", meinte er dann, als sein Dollarlieferant die Angel erneut auswarf.
Der Engländer betrachtete Jimmy von der Seite und zwinkerte belustigt: „Wie sieht Seehund aus? Weißt du's?" fragte er streng.
Jimmy druckste herum: „Äh . . . wie ... wie ein äh... Hund, der . . . äh . . ."
„Wie dein Onkel John, wenn er dicken Schnurrbart hätte und diesen nach unten hängen ließe", erklärte Huckley mit trockenem Grinsen. „Gib acht, Schlingel: Seehunde kommen höchstens bis dreißig Meilen die Flüsse aufwärts. Hier bei Somerset also keine Seehunde . . ."
„Doch . . . ja, ja, doch!" beteuerte Jimmy. „Jetzt entsinne ich mich genau. Im vorigen Sommer . . ."
Eine schallende Ohrfeige beendete jäh Jimmys Aufschneiderei.
„Elende Lügerei!" schnaufte Huckley. „Dafür kein Schmerzensgeld!" fügte er ebenso energisch hinzu.
Von da ab hockten die beiden stumm nebeneinander. Jimmy starrte ziemlich benommen aufs Wasser, wo das rotgelbe Korkstückchen über der Stelle pendelte, wo der nächste Fisch anbeißen sollte.
Doch dann geschah auf einmal etwas Seltsames, so daß sogar der weitgereiste Mr. Huckley an sich halten mußte und verzückt aufs Wasser sah.
Zuerst hatte sich die Oberfläche ein wenig gekräuselt. Unruhig bewegte sich das Wasser, als ob unten auf dem Grunde ein schwerer Fisch herumrumore — und dann... dann tauchte es hoch und immer höher, dem Angelhaken und dem Korkschwimmer entgegen, ein dickes, rundliches Etwas.
Jetzt wurde es sichtbar . . . zuerst ein Kopf, so groß fast wie der eines Menschen und dennoch anders. Statt der Haare sahen die beiden erstaunten Angler dicke Algensträhne . . . und nun kam auch eine Art Gesicht an die Wasseroberfläche. Dunkelgrüne Schnurrbartborsten umrahmten 1 das Maul des Ungeheuers, das jetzt ganz aufgetaucht war.
Jimmy Watson zitterte am ganzen Leib. Huckley aber hielt sich die Seiten und lachte schallend los.
„Da . . . Sir . . . der Seehund! Da ist er ja, sehen Sie, daß ich . . . äh . . . oh, Gott! Das Dings, das Tier schielt ja ... es ... es kommt, es will uns... fressen .. !"
Tatsächlich gab das Wesen seltsam fauchende Laute
von sich und bleckte die Zähne. Die schielenden Augen starrten wütend auf den Watsonschlaks.
Da hielt es Jimmy nicht mehr aus. Schreiend sprang er auf und wollte davon wetzen. Aber beim Start rutschte er aus. In diesem Moment griff das Flußungeheuer sogar nach einem seiner Beine und zog kräftig daran. Der Schlaks sank rücklings in die Fluten, wurde aber, als er wieder auftauchte, zwei-, dreimal erneut unter Wasser gedrückt.
Endlich ließ ihn das Ungeheuer los. Jimmy schwamm und plätscherte in bisher nie versuchtem Kraulstil flußabwärts, kroch an Land und rannte unter gellenden Hilferufen davon.
MacMurry aber nahm sich die Algensträhne von der Glatze und von der
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