Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
sagte Pete höflich.
„Was? — Wie? — Was soll das?"
„Ich sagte: Ich wollte dem Alter den Vortritt lassen, Herr . . . Lehrer."
„Ich bin kein Lehrer, sondern ein Professor, verstanden?"
„Jawohl, Herr Brotfresser", grinste Sam mit freundlichster Miene.
Das war dem Herrn „Professor" dann aber doch zu stark. Blitzschnell zog er die Hand hervor und ließ den Rohrstock durch die Luft sausen. Aber da, wo Sam eben noch gestanden hatte, war schon längst niemand mehr. Der Stock sauste mit voller Wucht auf die Brüstung des Vorbaues und brach entzwei.
„Oh, wie schade", meinte jetzt Pete traurig, „so ein schöner Stock! Wie konntest du auch zur Seite springen, Sommersprosse. So was gehört sich doch nicht!"
Mr. Zeigefinger lief rot an. „Komm hierher, Schlingel", keifte er, „komm her zu mir!"
Sam trat seelenruhig vor den Herrn „Professor" hin. Äußerlich war er ganz ruhig, aber innerlich war er gespannt wie ein Flitzbogen. Er erfaßte mit seinen Augen die Pupillen des Mannes und folgte jeder Bewegung. Da! Sie zogen sich zusammen. Das Gehirn hatte wohl den Befehl gegeben loszuschlagen. Und Sam machte im gleichen Augenblick eine Kniebeuge. Des „Professors" Hand fuhr durch die Luft. Der Schlag war so wuchtig, daß der „Gelehrte" das Gleichgewicht verlor. Da aber Sam vor ihm hockte, fiel er über dessen Oberkörper. Im hohen Bogen sauste er die Stufen des Vorbaues hinunter und landete im Staub der Straße. Da diese nicht gepflastert war, schluckte er eine gehörige Portion Sand. Die umstehenden Neugierigen fingen an zu lachen. Sam setzte die unschuldigste Miene auf, während Pete mit todernstem Gesicht nur laut dachte: „Ja, ja, Hochmut kommt vor dem Fall!"
„Jetzt ist wohl gerade Turnstunde?" wollte das Rothaar wissen. „Mir scheint, der Herr Professor will uns das Bockspringen beibringen."
Der Ziegenbart hatte sich unterdessen wieder hochgerappelt. Diensteifrig sprangen die Gerechten hinzu und klopften ihm als wohlerzogene Jungen den Staub vom Anzug. Mit beiden Fäusten bearbeiteten sie ihren „Erzieher". Der aber fing mörderisch an zu schreien.
„Hilfe! — Überfall! — Mord! — Hilfe!" Der Mann sprang auf der Straße herum, als hätte er den Veitstanz.
„So", sagte Pete gemütlich, „der Anzug ist wieder sauber. Es geht doch nicht an, daß ein ,Professor' so dreckig im Dienst herumläuft!"
„Ich glaube", feixte Sam, „auf dem Rücken hat er noch einige Flecken." Ihm tat es leid, daß der Spaß schon zu Ende sein sollte.
In diesem Augenblick kamen drei Boys die Straße herunter getippelt. Sie bauten sich artig vor Mr. Zeigefinger auf, und der Kleinste von ihnen meldete:
„Wir sind Tim Harte, Johnny Wilde und Joe Jemmery und melden uns freiwillig zur Erziehungskur." Joe Jemmery blinzelte Pete verschmitzt zu. Sam Dodd konnte es nicht lassen, er mußte vor lauter Freude dem Benjamin des Bundes einen Schlag in die Rippen versetzen.
„Mööönsch, Joe", prustete er, „wie habt ihr denn das fertiggebracht?"
„Kleinigkeit", feixte der Kleine, „haben mit .behörd--licher' Genehmigung unseren Hausarrest umgetauscht."
„Ruhe!" donnerte der Professor. „Und jetzt hinein marschiert ins Heim! Wollen doch mal sehen, ob ich euch nicht ein anständiges Benehmen beibringen kann."
„Immer mit der Ruhe und dann mit 'nem Ruck", rief Tim Harte vergnügt. Und schon sausten die Boys los und waren mit ,,'nem Ruck" durch die zerbrochene Tür im ehemals Timpedowschen „Palais" verschwunden. Der „Privatgelehrte" folgte mit fliegenden Rockschößen und klopfte dann hart mit dem Fingerknöchel auf die Tischplatte.
„Aufgepaßt! Während des Unterrichts habt ihr mit durchgedrücktem Kreuz dazusitzen und euch nicht zu rühren, verstanden! Und die Hände liegen nebeneinander oben auf der Tischplatte!"
„So ein Kreuz", stöhnte Johnny Wilde.
„Wer redet da? Wer ungefragt spricht, bekommt eine
Ohrfeige. Wer sich bewegt, bekommt einen Schlag hinten drauf!"
„Was?" staunte Sam, „so streng sind hier die Bräuche? Wenn ich das gewußt hätte, wäre ich lieber zu Hause geblieben."
„Maul halten! Es redet nur, wer gefragt wird! Wir beginnen jetzt--"
„Herr Lehrer, dürfen wir auch nähertreten?" klang jetzt von der Tür her eine sehr freundliche Stimme. „Wir sollen uns nämlich im Erziehungsheim melden."
„Herein mit euch, es ist ein Aufwaschen!" Mr. Zeigefinger sah voller Genugtuung auf die wackeren Knaben, die jetzt erhobenen Hauptes anmarschierten. Es waren Bret Halfman,
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