Das Pete Buch 15 - Hals und Beinbruch Boys
unter die Verbrecher."
„Vielleicht können Sie mir helfen?" sagte da der Fremde und musterte den Hilfssheriff abschätzend von der Seite.
„Ich kann Ihnen helfen!" trompetete Watson los. „Seien Sie überzeugt davon! Es ist im ganzen Distrikt bekannt, daß ich ein selbstloser Helfer der Armen, Witwen, Waisen und Bedrängten bin! Wo drückt Sie denn der Schuh?"
„Es ist nicht der Schuh, es sind Kinder!"
„Sie haben doch gar keine Kinder bei sich!" Watson staunte.
„Das ist es ja eben: ich suche sie! Und ich würde mich freuen, wenn Sie sie irgendwo hier herum gesehen hätten — bei Ihren Erkundungsgängen —"
„Kinder sehe ich jeden Tag in rauhen Mengen,, artige und unartige. Größtenteils sind es aber freche, ungezogene Bengel, die nicht den nötigen Respekt vor mir als der verkörperten Staatsgewalt haben. Aber das kommt daher, weil ihnen Sheriff Tunker in seiner unverständlichen Verblendung immer das Rückgrat stärkt! Um was für Kinder handelt es sich denn?"
Watson holte sein Notizbuch hervor. Ohne sein Notizbuch konnte er nicht amtshandeln. Als er jedoch merkte, daß es zu finster zum Schreiben war, steckte er es mit einem Seufzer wieder weg.
„Zwei Jungen und ein Mädel", berichtete der Fremde. „Um die handelt es sich. Vierzehn, Zwölf und sieben Jahre alt. Sie sind mir davongelaufen, und nun verzehre ich mich in Angst, es könnte ihnen etwas zugestoßen sein."
„Armer, armer bemitleidenswertester aller wertesten Väter!" entgegnete Watson gefühlvoll. „Nehmen Sie mein herzlichstes Beileid zu Ihrem schweren Verlust!"
„Ich bin nicht der Vater, bin nur der Onkel. Sie müssen wissen: Ich übernahm die Gilly-Ranch von meinem verstorbenen Bruder, der mir auch die Kinder hinterließ. Irgendwie fuhr der Teufel in sie, und sie liefen mir davon."
„So ist die Jugend heutzutage!" pflichtete Watson bei. „Durch und durch verderbt! Aber, mein Lieber: ich habe zwar bisher noch nichts von diesen Kindern gesehen, seien Sie jedoch versichert: sobald es hell geworden ist, habe ich sie! Beglückt lege ich sie Ihnen an die fürsorgliche Onkelbrust —"
„Sie sind wirklich ein guter Mensch!" entgegnete der Fremde mit spöttischer Dankbarkeit.
„Ich bin ein sehr guter Mensch! So hat der unselige Einfall des Sheriffs, mich bei Nacht und Nebel aus dem Bett zu treiben, doch etwas Gutes gehabt! Ich durfte einem trauernden Onkel die hinterbliebenen Kinder wiedergeben —"
„Wir haben sie noch nicht!" erinnerte ihn der Fremde hastig, weil er wohl glaubte, sein Begleiter könnte spinnen.
Watson tat diesen Einwand mit einer großartigen Handbewegung ab. „Kleinigkeit! Wenn ich mich hinter eine Sache klemme, dann ist sie so gut wie erledigt, auch wenn ich noch gar nicht angefangen habe. Nicht umsonst bin ich als der berühmteste Verbrecherjäger des gesamten Wilden Westens weit und breit bekannt!"
„Weswegen mußten Sie denn in der Nacht hinaus? Wichtige Sache, Hilfssheriff?"
„Wegen eines Mannes mit einer langen Nase! Er wird von der Polizei gesucht und soll sich in unserem Distrikt aufhalten. Daß diese Trottel in den höheren Stellen nicht einsehen wollen, daß es im Somerseter Bezirk gar keine Verbrecher gibt! Und warum nicht? Weil ein John Watson hier Hilfssheriff ist, und weil das Gesindel vor ihm zittert wie Espenlaub, durch das der kalte Wind fährt!"
Der Fremde machte eine hastige Bewegung nach seiner Nase, ließ die Hand aber sofort wieder sinken und schaute Watson mißtrauisch von der Seite an.
Als sie das Waldstück vor dem Towneingang erreichten, forderte er Watson auf, ihn zu seinem Lagerplatz zu begleiten. „Ich hab' noch eine ausgezeichnete Flasche im Gepäck. Noch nie im Leben bin ich einem so netten Vertreter der Amtsgewalt begegnet, und das müßte eigentlich begossen werden. Sagen Sie bitte nicht nein!"
„Ich sage nie nein!" rief Watson erfreut. Er war nun einmal ein sparsamer Mensch, und geschenkter Whisky ist überall auf der Welt billiger als gekaufter.
Eine halbe Stunde später war er bereits so weit, daß er den Fremden stürmisch umarmte. „Gräm dich nicht um deine lieben Kinderlein, Bruderherz!" flüsterte er. „Der gute Hilfssheriff von Somerset wird sie dir wieder in die Arme legen!"
„Sie sind wirklich äußerst liebenswürdig, Mr. Watson! Ich freue mich, Sie unterwegs aufgelesen zu haben."
„Sag nicht immer Mr. Watson zu mir!" lallte der Hilfssheriff. „Sag John zu mir — für meine Freunde heiße ich John!"
„Dann mußt du mich aber auch beim
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