Das Pete Buch 25 - Das wird ne Sache
Bretterwand abgesperrt; dort stürzte das überflüssige Wasser in ein mindestens sechs Meter tiefer liegendes natürliches Felsbecken. Wenn Joks mitstürzte, war es um ihn geschehen.
Regenwurm versuchte schneller zu sein als das Wasser, und es gelang ihm beinahe.
„Ich hab' ihn! Ich hab' ihn!" schrie er triumphierend. Er hätte aber lieber auf den Weg achten sollen: denn so geriet er auf die schlüpfrige Einfassung, rutschte aus und lag gleich darauf im Wasser. Nun war es an ihm, zu prusten und um sich zu schlagen. Gleich beim ersten Ausholen jedoch bekam er den Kleinen zu fassen; krampfhaft hielt er ihn fest. Triefend richtete er sich schließlich auf.
„Dich hätten wir!" stellte er fest, schüttelte sich und stieg aus der Rinne. Dem Kleinen hatte das kalte Bad die Lust an weiteren Abenteuern genommen; er preßte seinen mageren Körper gegen Joes Brust und verhielt sich ruhig. „Du bist mir schon der Richtige!" schalt Regenwurm, aber es klang nicht böse, eher liebkosend-bewundernd. „Nun müssen wir rasch wieder trocken werden!"
Er suchte sich ein Plätzchen, das die Sonne besonders intensiv beschien, und streckte sich lang aus. Joks bettete er auf seiner Brust, das Leinenende fest in der Hand. Der fand nun, daß es sich auf Joe doch weicher lag als auf dem harten Erdboden. Er rollte sich behaglich zusammen und schloß die Augen.
*
Conny lag auf dem flachen Dach des Vorratshauses der Salem-Ranch und faulenzte. Er hatte den ganzen Tag über zwar nichts getan, fühlte sich aber trotzdem rechtschaffen müde. Sam war mit Halbohr beschäftigt; er hatte den Ehrgeiz, dem Halbwolf beizubringen, auf den Vorderbeinen zu gehen. Halbohr wäre längst davongelaufen, aber die Schinkenknochen in Sams Hosentasche reizten ihn.
„Hah!" machte Sommersprosse plötzlich, vergaß Halbohr und sprang hoch, als habe ihm jemand heimtückisch mit einem glühenden Eisen das Brandzeichen der Salem-Ranch in die rundliche Hinterfront gesengt.
„Was ist los? Kannst du denn nie Ruhe halten?"
„Du wirst staunen: ein Wink des Himmels!"
„Laß es ruhig winken", meinte Conny faul. „Im übrigen glaube ich nicht, daß ausgerechnet d i r der Himmel winkt!"
Da Halbohr in diesem Augenblick wild loskläffte, erhob auch er sich, um zu sehen, was los war.
Das Hoftor tat sich behutsam auf, und ein kleiner Mann streckte den Kopf durch. Halbohr wetzte zum Tor. Der Mann wollte es nun hastig wieder zuziehen, als Sam das Tier zurückrief. Da machte der Fremde eine höfliche Verbeugung und fragte liebenswürdig: „Ist's erlaubt einzutreten, Boys?"
„Bei uns hat's noch nie Eintritt gekostet; das ist hierzulande nicht üblich", belehrte ihn Sam. „Kommen Sie nur herein, Gent! Was bringen Sie schönes?"
Der Mann schob sich durchs Tor. Seine Blicke hingen an Halbohr, aber der wollte ihn jetzt nur noch beschnuppern. Als er genug wußte, stupste er den kleinen Mann so kräftig in die Kniekehlen, daß dieser beinahe vornüber gefallen wäre.
Der Kleine vollführte einen richtigen Eiertanz, um auf den Beinen zu bleiben. Dann schwang er gekonnt einen Bauchladen vom Rücken nach vorn und öffnete ihn. „Simsons kleines Warenhaus — such dir dies und jenes aus!" lockte er. „Für die Dame, für den Herrn — auch die Kinder kaufen gern!" Er ließ die Jungen einen Blick in den Kasten tun. Es gab alles darin, was man brauchen konnte, von der goldenen Uhr bis zum Babyschnuller.
„Mensch, Mann — das ist die Masche!" ächzte Sam begeistert und rannte davon.
Der „Warenhausbesitzer" schaute ihm verwundert
nach. „Niemand auf der Ranch, der etwas kaufen will?"
„Gehen Sie in die Küche", schlug Conny vor. „Mammy Linda wird Ihnen allerhand abkaufen. Haben Sie auch Veilchenparfüm? Darauf ist sie besonders scharf aus."
Ehe das wandelnde Warenhaus jedoch zur Küche kam, war Sam wieder da. „Bevor Sie Geschäfte mit uns machen, möchte ich eins mit Ihnen tätigen!" Er hielt dem Mann eine Riesenwurst hin: groß, fett, appetitlich.
Dem Händler lief das Wasser im Mund zusammen. „Und führe uns nicht in Versuchung", stammelte er verblüfft. „Die hast du doch sicher geklaut!"
Sam grinste.
„Ich schenke Ihnen diese Wurst, wenn Sie —" Er hielt dem Mann ein kleines Glasdöschen entgegen. Ein altes, dreckiges Stück Pergamentpapier war darum gewickelt.
„Was soll ich denn damit?" fragte der Warenhausbesitzer mißtrauisch.
„Verkaufen!" erklärte Sam kategorisch. „Nichts wie verkaufen, Gent!"
Der Mann beäugte das Döschen und
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