Das Pete Buch 25 - Das wird ne Sache
erleichtern. In der Mühle gab es nur ein einziges Lebewesen, das es gut hatte: des Müllers vierjährige Tochter Milly. Sie wurde von ihrem Vater unsagbar verwöhnt; sie durfte tun und lassen, was sie wollte. Sonderbarerweise hatte sie den Waisenjungen schnell in ihr kleines Herz geschlossen. Das Kind wurde somit der einzige Lichtblick im Leben des armen Boys.
„Verdammter Lausekerl!" schrie der Müller noch ein letztes Mal, packte Joschy am Genick und warf ihn wutentbrannt in die nächste Ecke. Leise weinend blieb der Junge liegen.
Mr. Givern stampfte in die Mahlhalle hinüber. Joschy weinte — und dann kam plötzlich eine harte Entschlossenheit über ihn. Er wollte nicht länger mehr hier bleiben; diese Behandlung hielt er nicht mehr aus! Am liebsten wäre er ins Waisenhaus zurückgekehrt. Aber dort würde ihn Mr. Givern zuerst suchen, und er mußte dann mit ihm in die Mühle zurück.
Joschy erhob sich. Eine eiserne Ruhe war über ihn gekommen. Er mußte fort.. . irgendwo würde er schon Menschen finden, die besser zu ihm waren als dieser
Müller! Er arbeitete gern, wenn man ihn liebevoll behandelte; sicher würden andere zufriedener mit ihm sein.
Einen hastigen Blick noch warf er zum Mahlraum hinüber. Der Müller schimpfte gerade mit dem Gesellen herum. Joschy beschloß, die Gelegenheit zu nutzen, verließ den Kesselraum und schlich in sein kleines Kämmerchen unter dem Dach. Er wollte den Koffer, in dem seine Habseligkeiten steckten, nicht mitnehmen; er würde ihm nur hinderlich sein. Aber das Schuhwerk mußte er schnell noch wechseln; er besaß nämlich noch ein Paar kräftige neue Schuhe, die man ihm aus dem Waisenhaus mitgegeben hatte.
Zwei Minuten später schlich er aus dem Haus. Die Treppenstufen knarrten; er fürchtete jeden Augenblick, ihr Quietschen werde ihn verraten. Aber Mrs. Givern arbeitete in der Küche; sie hörte nichts. Joschy hätte sich gern von der Müllerin verabschiedet, aber er befürchtete, sie könnte ihm nur Schwierigkeiten machen. Auch Milly, die vor dem Haus spielte, ging er aus dem Weg. Kurze Zeit darauf stand er auf der Straße.
Er rannte los, bis er um die nächste Ecke war, dann ging er langsamer. Er zitterte vor Angst; erst, als er aus dem Town heraus war, wurde er ruhiger. Er marschierte gerade aufs Gebirge zu; er kannte die Gegend nicht, glaubte aber, daß er, sobald die Berge hinter ihm lagen, auf der andern Seite versuchen könnte, auf einer Ranch Arbeit zu finden. Er wollte ein tüchtiger Weidereiter werden. —
Eine Viertelstunde nach Joschys Verschwinden pirschte sich Sam an die Mühle heran. Die Jungen hatten in den letzten Tagen so manches gehört, und er hatte nun die Absicht, sich einmal eingehender mit Joschy zu beschäftigen. Vielleicht ließ sich etwas für den armen kleinen Kerl tun.
Sommersprosse hatte Pech; vor der Mühle war niemand zu sehen. Er mußte aber in den Hof hinein. Das Gittertor bildete kein Hindernis für ihn. Bald darauf schlängelte er sich, durch Strauchwerk und Gebüsch gut getarnt, aufs Mühlhaus zu. Er wollte in den Kesselraum; dort hoffte er den Kleinen zu finden.
Gerade, als er durch die Tür schlüpfen wollte, hörte er Mr. Giverns zornige Stimme. „Wo steckt dieser vertrackte Kerl? Wieder nicht genug Druck im Kessel — der Bursche faulenzt ja nur! Ich werde dir gleich Beine machen, Lausejunge!"
Joschy schien also in der Nähe zu sein. Sam schlich ein Stückchen näher heran. Eben wollte er den Kopf durch die halbgeöffnete Tür stecken, als er sich plötzlich gepackt fühlte. Es gelang ihm nicht mehr, sich loszumachen. „Rumtreiben, wie?" knurrte der Müller. „Denkst du, ich füttere dich umsonst durch? Arbeiten sollst du, das weißt du genau! Heute gibt's kein Mittagbrot für dich! — Wer nichts schafft, soll auch nicht essen!"
„Aber, Mr. Givern!" rief Sam empört. „Nicht nett von Ihnen, derart mit Ihren Kunden umzugehen!"
„He?" brummte der Müller. Dann sah er näher hin,
erkannte Sam und ließ ihn los. „Was tust du denn hier? Warum treibst du dich auf meinem Grund und Boden herum?"
„Ich wollte doch nur fragen, ob unser Mehl fertig ist! Mein ganzes Genick ist schon steif! Bestimmt kann ich nun acht Tage lang den Kopf nicht mehr drehen!"
Mr. Givern war schlechter Laune. „Ihr braucht doch nicht immerzu nachzufragen! Ende der Woche, sagte ich ja, und bis dahin ist's fertig! Jetzt mach, daß du rasch wieder verschwindest! Wir können niemand hier brauchen, der uns von der Arbeit abhält."
„Dann
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