Das Pete Buch 30 - Der Kaiser von Hollywood
diese unterwürfige Rede zu Hause auswendig gelernt. Trotzdem verlor sie den Faden, und das war kein Wunder. Denn aus der Ecke, in der die vermeintliche Witwe Poldi saß, schlug ihr eine eisige Ablehnung entgegen.
„Wenn ich also meine sauberen Hände in Berührung mit Ihrem schmutzigen Kleid brachte — ach, um Gotteswillen, was habe ich da gesagt! Kreiden Sie es mir bitte nicht auch noch an, liebe Frau! Ich bin ja schon ganz durcheinander. Ich saß noch nie im Jail, und wenn ich mir jetzt vorstelle, wie ich da auf dem Schemel hocke und Wasser essen und Brot trinken muß —"
Poch, poch, poch! Offenbar hatte sich an der Haustür ein weiterer Besuch eingefunden.
Jimmy, der vor dem Wohnzimmer stehengeblieben war, hätte seinen Onkel unter normalen Verhältnissen sofort um Instruktionen für diesen neuen Fall gebeten. Aber die Anwesenheit Mrs. Settlers zwang ihn natürlich zum Schweigen. Und Old John selbst mochte sich auch nicht demaskieren. So ließen beide das sich wiederholende Klopfen stumm über sich ergehen, während der diensttuende Sheriff in seiner Ratlosigkeit mit den Häkelnadeln herumfuchtelte und damit Mrs. Settlers höchstes Erstaunen hervorrief.
„Da ist jemand an der Tür", stammelte die Friseurgattin. „Aber es wäre mir lieb, wenn ich mein Gnadengesuch allein und ohne Zeugen beenden könnte. — Was machen Sie denn da mit den Häkelnadeln? Sie haben ja gar keinen Faden daran!"
Es klopfte, während sie sprach, immer weiter. Und nun meldete sich vor der Haustür noch eine Stimme:
„Hier ist Mrs. Malcolm. Ach, bitte, Mrs. Poldi, lassen Sie mich doch herein! Ich klopfe schon so lange. O, bitte, bitte!"
„Verdammte Teufelsweiber!" stöhnte Old John unwillkürlich auf und schlug sich dann erschrocken mit der Hand auf den Mund.
„Wie meinten Sie?" rief Mrs. Settler verblüfft. „Und — und was ist denn mit Ihrer Stimme los? Sind sie heiser?"
Da hatte der Unglücks-Jimmy schon wieder die Tür geöffnet und der Gattin des Drugstorebesitzers Einlaß gewährt, die gleichfalls durch einen geheimnisvollen Zettel zu einem Bittgang bei Mrs. Poldi ermahnt worden war. Sie stürzte in das Wohnzimmer, ohne auf Mrs. Settler zu achten, und schrie aufgeregt:
„Guten Abend, Mrs. Poldi! Verzeihen Sie mir bitte das nächtliche Eindringen. Ich will Sie auch nicht lange aufhalten. Es handelt sich um das Attentat, das Mrs. Settler auf Sie verübt hat. Ich —"
„Attentat? Ich?" rief diese entrüstet. „Nun wägen Sie aber Ihre Worte, meine Liebe! Wer hat denn die Zwangsjacke für Mr. Watson geholt? Und wer hat dann mit harter Faust zugegriffen, als Mrs. Poldi abgeführt wurde? Ich bestimmt nur zum geringsten Teil. Sie waren doch die Hauptperson!"
Mrs. Malcolm war peinlich berührt, da sie die Bar-bersgattin im Dämmerlicht der Tranfunzel nicht gleich erkannt hatte. Aber nun konnte sie ihre Worte nicht mehr zurücknehmen. Sie weinte und erhob ein schreckliches Lamento; Jimmy aber hatte sich unsichtbar gemacht, und Old John senkte sein sorgenbeladenes Haupt noch tiefer als vorher und wünschte sich selbst auf den Blocksberg und die beiden Damen in des Teufels Backofen.
„Die Hauptschuld", jammerte sie, „tragen weder Sie, liebe Settler, noch ich. Diese schrecklichen Männer haben uns die ganze Suppe eingebrockt, meiner und Ihrer, und diesen Trottel Watson auch nicht zu vergessen. Ja, Mrs. Poldi, ich weiß, daß Sie Mr. Watson hocheinschätzen; aber es muß doch einmal gesagt werden, daß er zur Zeit einen Schlag mit der Wichsbürste weg hat; und daß uns seine Anhänger gestern die Scheiben unseres Ladens einschlugen, ist auch eine Gemeinheit. Und wenn er's gar zu arg treibt, zeige ich ihn genau so an, wie er es mit uns gemacht hat. Mein armer Mann meinte es doch nur gut, als er mit der Zwangsjacke kam; und jetzt wimmert er vor Aufregung im Bett herum und träumt vom Gefängnis, und der Watson sitzt seelenvergnügt in seiltet?) Office und säuft Whisky. Was hat der schon für Sorgen!"
Old John bebte vor Wut und machte, da er notgedrungen zum Schweigen verdammt war, einige wilde Bewegungen mit den Häkelnadeln, als ob er die Ladies damit durchbohren wollte. Mrs. Settler aber rief abermals:
„Mrs. Poldi? Ist Ihnen nicht gut? Sie sehen ja unheimlich aus!"
Der arme Hilfssheriff war in einer recht peinlichen Lage. Da saß er in diesen gräßlichen Weiberkleidern und erwartete von Minute zu Minute den Angriff einer blutrünstigen Verbrecherbande, und diese beiden Megären machten ihn durch ihr. blödes
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