Das Pete Buch 36 - Wo gibts denn sowas
nicht leugnen."
Regenwurm feixte. „Ich weiß zwar nicht, was sensible heißen soll, aber wenn du sagst, daß ich es bin, dann muß es ja stimmen. Ich bin nicht kleinlich, und wenn ich dir einen Gefallen damit tun kann — okay!"
Sam nickte. „Paß auf, Würmlein: Wir haben so zarte Seelen, daß wir die Schmach, gefangengenommen worden zu sein, einfach nicht aushalten. Dazu noch eingesperrt wie tollwütige Hunde? — No! Über so was empören sich automatisch unsere armen, gequälten Seelen und wünschen nicht mehr zu leben. Und weil wir nicht mehr leben wollen, hängen wir sie eben auf... die Jacken natürlich!"
Regenwurm tippte sich gegen die Stirn, nicht ohne vorher den Zeigefinger mit Spucke gehörig naß gemacht zu haben. „Mensch, Mann — einen so grandiosen Blödsinn hab i c h noch nicht gehört! Deine Gehirnwindungen scheinen an Darmverschlingungen zu leiden. Gib deinem Vögelchen Wasser, es leidet Durst! Hast zwar in deinem Leben schon viel Unsinn verzapft, aber so unsinnig wie eben war er noch nie!"
„Ich stelle mir nur die blöden Gesichter der fremden Boys vor, wenn sie morgen früh nach ihren werten Gefangenen sehen und dabei mit Schrecken feststellen müssen, daß die armen Kerle ihre Seelen an den Nagel gehängt haben!"
Regenwurm starrte ihn völlig verständnislos an. Dann aber entfuhr ihm plötzlich ein begeistertes „Mensch, Mann!" Schließlich überlegte er: „Da müssen aber doch noch Köpfe dran, damit die Sache einigermaßen echt wirkt! Und Stricke brauchen wir auch."
„Stricke sind nicht unbedingt nötig, unsere Gürtel tun's auch. Aber ich gebe zu: Stricke sind dekorativer. Schließlich genügt's ja, daß wir unsere schönen Jacken opfern. Aber Köpfe müssen unbedingt dran, da hast du recht."
Regenwurm kam immer mehr in Fahrt. Es wäre nur recht und billig, wenn die da draußen auch etwas zu unserm Tod beitragen würden! Ich flutsch mal schnell hinaus und seh zu, ob ich unter ihren Sachen etwas finde, was wir gebrauchen können. Mach du inzwischen mal schon die Jacken fertig. Wie wär's noch mit 'nein sauberen Abschiedsbrief, so einer, der sie an ihrem Gewissen packt!"
„Das ist oberprima! So was wirkt immer. Zum Beispiel: ,Tränenden Herzens geben von ihrem gequälten Ableben Kenntnis . . .' oder so ähnlich. Wir werden schon den richtigen Dreh finden!"
„Unser beider Abgang von dieser Weit hier in der dunklen Höhle ist so wichtig, daß er nur in Gedichtform gebracht werden kann! Laß mich mal nachdenken, ich kriege schon noch was zusammen. Jetzt will ich aber erst mal für Köpfe mit Inhalt sorgen." Damit wischte er durch das Loch.
Sam mühte sich im Schweiße seines Angesichts, ihre Körper möglichst echt hinzukriegen; und als er mit seinen Kunstwerken fertig war, kam Joe zurück. Er brachte zwei große Seilenden und zwei Kohlköpfe mit, die er Sam vor die Füße rollen ließ. „Das ist zwar ihr Mittagessen für morgen, aber warum sollen die Dinger vorher nicht ein bißchen Theater spielen. Die Sache wird wirklich prima!"
Während Sam sich damit abquälte, die Köpfe kunstgerecht auf die Röcke zu setzen, die Stricke glaubhaft darum zu legen und alles so zu drapieren, daß es möglichst echt wirkte, machte sich Joe ans Dichten. Bei ihm ging das sehr schnell, und trotzdem fanden alle Jungen vom Bund der Gerechten seine Verse immer ganz ausgezeichnet. Sam war mit seiner Arbeit noch nicht ganz fertig, als Joe bereits lustig zu deklamieren begann:
„Hier hängen Joe und Sam,
Sie alleine wissen, wie das kam!
Sam hängte sich auf, denn er wollte nicht mehr leben,
Und Joe hängte sich aus Freundschaft daneben.
Warum, das braucht ihr Bengel nicht zu fragen:
Sie konnten eben die Gefangenschaft nicht ertragen!
Seht zu, wie ihr nun mit dem Sheriff einig werdet;
Bei uns jedenfalls ist die Antenne geerdet...
Heimweh tut weh!" Sam nickte völlig zufrieden. Er hatte die Puppen in die richtige Lage gebracht, und nun befestigte er noch den Zettel mit der traurigen Moritat an einem der Röcke. Noch einmal beäugten sie ihr Werk und fanden es sehr gut. Ohne, daß sie es verhindern konnten, fingen sie plötzlich an, laut loszulachen.
Dann hielten sie sich wie auf Kommando den Mund mit den Händen zu. „Mensch, Mann, wenn d i e unsere Lache gehört haben und nachsehen kommen, ist der ganze pyramidone Spaß im Eimer! Nichts wie weg jetzt!"
Joe drängte. „Mach du den Anfang, Sam! Ich scharr dann den Ausgang von rückwärts wieder zu!"
Sommersprosse machte sich schleunigst
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