Das Peter-Prinzip
durch familiäres Getue nervös.
Man könnte den Zwang zur Änderung zunächst mit Potters
«Eins‐Hochkommen»‐Prinzip verwechseln, aber beide sind
grundverschieden. Potters Methode dient dazu, ihren Benutzer
auf seine Stufe der Unfähigkeit zu befördern. Der Zwang zur Änderung dagegen ist vor allem eine Abwehrtechnik, die ein Boss anwendet, der seine Stufe der Inkompetenz erreicht hat.
«Man weiß nie, wie man ihm kommen soll», urteilt der
Untergebene dieses Mannes.
Wanken-und-Wackeln
Beim Wanken‐und‐Wackeln‐Syndrom stößt man auf die völ‐
lige Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, die dem Rang des
Betreffenden angemessen sind. Ein Angestellter dieses Typs
kann die Pros und Kontras einer Frage endlos und minuziös gegeneinander abwägen, ohne sich jedoch für die eine oder
andere Seite entscheiden zu können. Er wird seine Entschluss-losigkeit mit ernsten Hinweisen auf den «demokratischen Pro‐
zess» oder «langfristige Überlegungen» begründen. Gewöhn‐
lich lässt er alle Probleme, die auf ihn zukommen, so lange schmoren, bis jemand anders die Entscheidung trifft oder es zu
spät für eine Lösung ist.
Ich habe übrigens festgestellt, dass die Opfer des Wanken‐
und‐Wackelns häufig auch Papyrophoben sind. Sie müssen
deshalb ausfindig machen, wie sie das Papier loswerden können. Dabei wird gewöhnlich der Abwärts‐, Aufwärts‐ oder Auswärtspass angewendet.
Beim Abwärtspass werden die Papiere an einen Unterge‐
benen mit der Bemerkung «Behelligen Sie mich bitte nicht mit solchen Lappalien» zurückgeschickt. Der Untergebene wird so
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gezwungen, eine Entscheidung zu treffen, die über seinen
Verantwortungsbereich hinausgeht.
Beim Aufwärtspass kommt es auf Einfallsreichtum an. Der
Wanken‐und‐Wackeln‐Kranke muss den Fall so lange prüfen,
bis sich ein winziger Punkt findet, bei dem eine Abweichung von der Norm festzustellen ist. Das rechtfertigt dann die Wei-terleitung an eine höhere Instanz.
Beim Auswärtspass beruft der Leidende eine Konferenz von
Kollegen gleichen Ranges ein. Hier beugt er sich dann der Mehrheitsentscheidung. Eine Variante davon ist das öffentliche
John‐Q.‐Ablenkungsmanöver: Man sendet die Papiere an
irgendjemanden, der eine Umfrage veranstaltet, um heraus‐
zufinden, was der Normalbürger über die Sache denkt.
Ein Wanken‐und‐Wackeln‐Opfer im Regierungsdienst löste
das Problem auf originelle Weise. Wenn ihm ein Fall vorlag, den er nicht entscheiden mochte, ließ er das Aktenstück einfach
nachts aus dem Büro verschwinden und warf es weg.
Ein klassischer Fall
William Shakespeare beschreibt ein interessantes Symptom
der Endplatzierung: ein irrationales Vorurteil gegen Untergebene oder Kollegen aufgrund irgendwelcher Merkmale, die in
keiner Weise zu der beruflichen Leistung in Beziehung stehen.
So lässt er Julius Caesar sagen:
Laßt wohlbeleibte Männer um mich sein ...
Der Cassius dort hat einen hohlen Blick,
Er denkt zu viel: die Leute sind gefährlich.
Es ist verlässlich überliefert, dass Napoleon Bonaparte gegen
Ende seiner Laufbahn Männer nach der Größe ihrer Nase beur‐
teilte und nur solchen mit großer Nase ein höheres Amt über-trug.
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Manche Opfer dieses Wahns knüpfen ihre grundlose Ableh‐
nung an solche Nebensächlichkeiten wie die Form des Kinns, einen Dialekt oder die Breite der Krawatte. Die tatsächliche Kompetenz oder Inkompetenz im Beruf bleibt außer Acht.
Dieses Vorurteil nenne ich die caesarianische Schlussfolgerung.
Versteckte Trägheit
Ein sicheres Kennzeichen der Endplatzierung ist die Ge‐
wohnheit, Witze zu erzählen, statt die anfallende Arbeit zu erledigen.
Structurophilie
Die Bauwut (Structurophilie) ist eine zwanghafte Beschäfti‐
gung mit Gebäuden (ihrer Planung, dem Bau, der Pflege und dem Umbau), verbunden mit einem wachsenden Desinteresse
an der Arbeit, die im Innern des Gebäudes erledigt wird (oder
erledigt werden sollte). Structurophilie habe ich auf allen hierarchischen Stufen beobachtet. Ihre feinste Ausprägung findet sie unzweifelhaft bei Politikern und Universitätspräsidenten. In
ihrer extremen pathologischen Erscheinungsform (gargantuan monumentalis) erreicht sie ein Stadium, wo das Opfer unter dem Zwang steht, riesige Grabstätten oder Denkmäler zu errichten.
Die alten Ägypter und moderne Südkalifornier scheinen
schwer unter dieser Krankheit gelitten zu haben.
Structurophilie ist von uninformierten
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