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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sagte Tarzan.
    Das war eine geschickte Ablenkung, denn
Dr. Weniger unterrichtete unter anderem in Biologie. Und wer sich dafür
interessierte, war gut bei ihm angeschrieben.
    „So?“ Dr. Wenigers Augen hinter den
Brillengläsern funkelten. „Und?“
    „Der Kolibri, natürlich, mit sechs
Zentimeter Länge und drei Gramm Gewicht. Und der Vogel Strauß. Er wird bis zu
zweieinhalb Meter hoch und bis zu zwei Zentner schwer.“
    „Stimmt“, nickte Dr. Weniger. „Aber
wendet euch an mich, wenn ihr eine Frage habt.“
    Um 18 Uhr war die Arbeitstunde zu Ende.
    Klößchen hatte von Physik keinen
blassen Dunst und konnte nur darauf hoffen, daß Tarzan ihm bei der Arbeit half.
    Unauffällig’ pirschten sie zum
Fahrradkeller.
    Als sie durchs Tor fuhren, kam ihnen
Studien-Assessor Braun in seinem Kleinwagen entgegen.
    Die beiden grüßten und legten noch
einen Zahn zu.
    „Das war knapp“, keuchte Klößchen. „Hoffentlich
meldet er uns nicht.“
    „Hauptsache, wir sind draußen“, lachte
Tarzan. „Jetzt müßten sie uns mit dem Lasso einfangen.“
    Der Abend war lau. Im Westen senkte
sich die Sonne auf den Horizont. Schaumige Schön-Wetter-Wölkchen schwebten über
dem Wald in der Ferne. Violettes Licht legte sich auf Felder und Wiesen. Unweit
der Straße ästen Rehe. Klößchen lachte über einen Hasen, der in langen Sprüngen
über Ackerfurchen setzte.
    In der Stadt war der Verkehr etwas
abgeflaut. Als die beiden das Eis-Café erreichten, war es erst fünf vor halb
sieben.
    Sie sicherten ihre Räder und gingen
hinein.
    Kein Gast. Die Bedienung, eine
mürrische Frau mit dünnen Beinen, langweilte sich.
    Die Freunde setzten sich an denselben
Tisch wie vorhin. Es dauerte dann noch eine Weile, bis die Bedienung kam.
    „Nougat-Eis gibt’s nicht“, sagte sie zu
Willi.
    „Ich weiß“, meinte Klößchen. „Aber wenn
Sie sich entschließen könnten, diese Köstlichkeit auf Ihre Karte zu setzen,
würde sich bestimmt der Umsatz verdoppeln.“
    „Da bin ich nicht so sicher“, sagte sie
mit einem halben Lachen.
    Beide bestellten Mokka-Milch. Klößchen
begann von einem italienischen Eis-Konditor zu erzählen, bei dem er sich bis
zum Geht-nicht-mehr vollgefuttert hatte. Aber Tarzan hörte kaum hin. Seine
Gedanken kreisten um das bevorstehende Gespräch mit Herfurth. Es war eine
seltsame Situation. Er und seine Freunde hatten den Mann in der Hand. Sie
konnten Schicksal spielen und entscheiden, was mit ihm geschehen sollte. Aber
die Entscheidung war schwer.
    Noch einmal überprüfte Tarzan den
gemeinsam gefaßten Beschluß. War es wirklich richtig, Herfurth wegen Claudia zu
schonen?
    Gaby und Karl kamen, beide außer Atem,
weil sie sich verspätet hatten.
    „Hallo!“ Gaby setzte sich neben Tarzan.
Er sah, daß ihre Hände etwas zitterten.
    „Hast du Bammel?“ fragte er.
    „Ein bißchen schon. Ich habe nochmal
nachgedacht: Ob Herfurth geisteskrank ist? Wenn ja, dann könnte er auf die Idee
kommen, uns zu beseitigen.“
    „Daran hat Klößchen auch schon gedacht.
Ich halte es für unsinnig. Trotzdem — wir können vorbeugen. Wir erklären ihm
einfach, wir hätten einen versiegelten Brief, in dem alles steht, bei Freunden
hinterlegt. Und wenn uns oder einem von uns was passiert, werde der Brief
sofort bei der Polizei abgegeben.“
    „Ein guter Einfall“, lobte Gaby. „Wann
rufen wir ihn an?“
    Es war jetzt kurz vor sieben. Das
Telefon, ein Münz-Apparat, befand sich in dem Gang, der zu den Toiletten
führte.
    „Wenigstens einer muß am Tisch bleiben“,
meinte Tarzan. „Sonst denkt die Bedienung, wir wollen durchs Toilettenfenster
abhauen.“
    Karl und Klößchen erboten sich, die
Stellung zu halten. Tarzan und Gaby gingen zum Telefon.
    Ein bißchen aufgeregt fühlte Tarzan
sich schon. Aber dann sagte er sich, daß es um eine gerechte Sache gehe. Und
wenn jemand Grund habe, sich aufzuregen, dann nur Herfurth, das Phantom.
    Er wählte. Gaby stand neben ihm,
zappelig trat sie von einem Fuß auf den anderen und drehte eine goldblonde
Haarsträhne um den Zeigefinger.

    Nach dem dritten Läuten wurde
abgehoben.
    Tarzan war darauf vorbereitet, daß
Herfurths Frau oder Claudia sich meldeten. Aber er war es selbst.
    „Herfurth.“
    „Sicherlich entsinnen Sie sich an mich“,
sagte Tarzan mit ruhiger Stimme. „Gestern nachmittag haben wir uns draußen bei
Klettenborn am Waldrand getroffen.“
    Sekundenlang war Stille.
    Tarzan hörte, wie Herfurth Atem holte.
    „Ich verstehe kein Wort“, sagte er
dann. „Wo soll ich

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