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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Irgendwas stimmt nicht mit ihm. Also erstmal abwarten!
    „Mir fällt ein Stein vom Herzen“, sagte
Gaby. „Wegen Claudia bin ich richtig froh, daß er’s nicht ist.“
    Sie gingen hinaus. Der Himmel war mit
lilafarbenen Wolken überzogen. Es dunkelte, und ein paar Regentropfen
sprenkelten den Asphalt.
    Karl brachte Gaby nach Hause. Tarzan
und Klößchen legten sich mächtig ins Zeug, um noch einigermaßen pünktlich ins
Internat zu kommen. Trotzdem — sie hatten das Schulgelände unerlaubt verlassen;
und im zweiten Stock, wo die Schüler der Mittelstufe wohnten, liefen sie prompt
Assessor Braun in die Arme.
    „Himmel“, konnte Klößchen gerade noch
flüstern, „wir haben ja ganz vergessen, daß er diese Woche der EvD (Erzieher
vom Dienst) ist.“
    „Ach?“ meinte Braun, als er sich im
Flur vor ihnen aufbaute. „Die Herren kommen auch schon? Wie nett! War es
angenehm in der Stadt? Ich bin ja nur froh, daß ihr euch jetzt schon
zurückbemüht und nicht erst nach Mitternacht oder gegen Morgen. Richtig dankbar
muß ich euch sein. Himmel! Was ist das für eine Jugend?!“
    Allmählich redete er sich in Stimmung.
Seine etwas vorstehenden Kalbsaugen begannen zu leuchten. „Wenn ich da an meine
Zeit denke!“ (Das lag höchstens 15 Jahre zurück, denn er war noch lange nicht
30). „Wir haben gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet. Disziplin und Pünktlichkeit
waren keine leeren Worte. Wir wußten noch, wo’s langging. Bei dir, Willi, sehe
ich schwarz. In allen Fächern kippelig, und jetzt auch noch das. Bei Tarzan...
na ja. Er ist wenigstens ein guter Schüler, und sein Sport... Aber das
rechtfertigt auf keinen Fall, daß ihr euch benehmt, wie die Axt im Walde. Ich überlege
mir ernsthaft, ob ich euch dem Direktor melde.“
    Wie begossene Pudel standen beide vor
ihm.
    Dann sagte Tarzan kleinlaut: „Das wäre
ungerecht, Herr Assessor, wo wir Ihnen doch eine Freude machen wollten.“
    „Wie? Was meinst du?“
    „Wir waren nur rasch in der Stadt bei
dem Foto-Geschäft.“
    „Welches Foto-Geschäft?“ fragte Braun.
    „Brinkmeier heißen die, glaube ich“,
sagte Tarzan. Das war frei erfunden.
    „Was wolltet ihr dort?“
    „Fotos abholen. Aber sie sind noch
nicht fertig.“
    „Was hat das mit mir zu tun?“
    „Sie sind doch auf einigen drauf.“
    „Ich? Wieso?“ fragte Braun arglos.
    „Ach, wissen Sie. Es sind sicherlich
sehr lustige Fotos. Ein Schüler, dessen Namen ich nicht nennen möchte, hat sie
kürzlich geschossen. Er kam zufällig vorbei, als Sie, Herr Assessor, die Tropicana-Bar
verließen. Sie wären so herrlich beschwipst gewesen, sagt er. Fünf Minuten
hätten Sie gebraucht, um Ihren Wagen aufzuschließen. Und dann erstmal der
Zickzack-Kurs, als Sie abfuhren. Besagter Schüler hat sich gebogen vor Lachen.
Und da er seine Kamera dabei hatte, konnte er nicht widerstehen. Ein Dutzend
Fotos hat er gemacht. Die wollten wir Ihnen zeigen. Damit Sie auch mal was zum
Lachen haben — nach einer so freudlosen Jugend, meine ich. Wo Sie doch nur
immer gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet haben. Und nichts als Disziplin und
Pünktlichkeit kannten.“
    Studien-Assessor Braun starrte ihn an.
Sein Adamsapfel hüpfte, so krampfhaft mußte er schlucken.
    Was Tarzan über Brauns Rauschzustand
nach dem Besuch in der Tropicana-Bar erzählte, stimmte Wort für Wort. Ein
Schüler hatte das beobachtet. Aber der Schüler besaß gar keinen Fotoapparat und
wäre auch nicht auf die Idee gekommen, den Pauker in seiner peinlichen
Situation abzulichten.
    Das hatte Tarzan jetzt blitzschnell
erfunden, und die Wirkung zeigte sich sofort.
    „So? Hm.“ Braun zwang ein Lachen
heraus. Es klang, als werde auf einen Metalleimer gehämmert. „Na ja, ist ja
nett. Müßt mir die Bilder zeigen. Im übrigen war ich stocknüchtern. Der
Eindruck hat getäuscht. Denn... äh... sollte ich jemals zuviel trinken — was
noch nie passiert ist —, würde ich bestimmt nicht mehr fahren.“
    „Völlig klar“, nickte Tarzan. „Aber
bitte, melden Sie uns nicht dem Direktor.
    „Hm. Also gut. Will mal ein Auge
zudrücken und nochmal Gnade vor Recht... Aber daß mir das nicht wieder
vorkommt!“
    „Bestimmt nicht!“ versicherten die
beiden im Chor.
    Als sie im ADLERNEST waren, ließ sich
Klößchen prustend aufs Bett fallen. Er bebte vor Lachen. Immer wieder patschte
er mit der Hand aufs Kopfkissen.
    „Also nein! Herrlich! Das gibt’s nicht!
Toll! Wie du den reingelegt hast! Der war ja nur noch einszwanzig mit Hut.
Muffengang (Herzklopfen) hat

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