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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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es glühende Kugeln, die
immer dichter bei Tarzan einschlugen.
    Als er gegen sechs Uhr früh aufwachte,
war er total verschwitzt. Den Schlafanzug stopfte er gleich in den
Wäschebeutel. Dann stellte er sich minutenlang unter die Dusche.
    Die Physikarbeit in der dritten Stunde
wurde katastrophal schwer. Vier knifflige Textaufgaben — mit Unterteilungen,
die es in sich hatten.
    Abschreiben war unmöglich, weil jede
Reihe (der Schüler) andere Aufgaben erhielt. Tarzan gehörte zur Gruppe A,
Klößchen — der neben ihm saß — zur Gruppe B. Gestern abend hatte er sich einen
tollen Spickzettel gemacht. Aber der war plötzlich verschwunden. Wahrscheinlich
lag er irgendwo im ADLERNEST ‘rum.
    Tarzan, der in Mathe und Physik immer
glänzende Noten hatte, rechnete seine Aufgaben, war früh fertig und ließ sich
von Klößchen das Blatt geben. Die Zeit reichte noch, zwei Aufgaben zu lösen.
Klößchen übertrug sie in seiner Schrift aufs Blatt. Der Lehrer hatte nichts
gemerkt.

    Nachdem alle Arbeiten eingesammelt
waren, schrieb er die richtigen Lösungen an die Tafel.
    Die drei schwersten Aufgaben hatte
Tarzan fehlerfrei gelöst. Bei der vierten stimmte alles bis zur vorletzten
Zeile. Dort allerdings ergab bei ihm 2 + 2 = 5. Ein bedauerlicher
Schusselfehler.
    Auch Klößchens Aufgaben waren richtig.
    „Das wird mindestens eine 4+“, meinte
er grinsend. „Donnerwetter! Ich kriege Respekt vor mir. Hätte gar nicht
gedacht, daß mir Physik so gut liegt.“
    „Halt dich ‘ran“, meinte Tarzan, „und
du wirst nochmal so gut wie in Sport.“
    Gaby war betrübt. Sie hatte die Arbeit
verhauen. Karl strahlte. Diesmal war er besser als Tarzan. Alle Aufgaben
richtig.
    Der Rest des Vormittags verging viel zu
langsam. Tarzans Gedanken eilten voraus. Er konnte es nicht erwarten, zur
Steinernen Rinne zu kommen.
    So hieß ein schmales Felsband, das sich
aus einem bewaldeten Hügel bis zu einer Landstraße herunterzog. Tarzan kannte
die Gegend. Sie war nicht weit von der Phantom-Brücke entfernt, lag näher bei
Klettenborn. Parallel zur Steinernen Rinne führte ein ausgefahrener Weg in den
Wald.
    Nach dem Mittagessen trafen sich die
Freunde. Gaby hatte Oskar zu Hause gelassen. Er war erkältet, hatte eine heiße
Nase und lag schon den ganzen Tag — noch fauler als sonst — in seinem Körbchen.
Allerdings — was Ernstes war es nicht.
    „Morgen wird man ihm nichts mehr
anmerken“, sagte Gaby, während sie neben Tarzan radelte. „Hunde kriegen sowas
schnell mal. Aber es geht genau so schnell vorüber.“
    Der Tag war warm, aber feucht. Vormittags
hatte es geregnet. Mittags war die Sonne hervorgekommen. Jetzt ballten sich
dickbäuchige Wolken am Himmel. Über den Wiesen dampften Schwaden. Schwüle lag
über dem Land.
    Klößchen schwitzte und schimpfte, wie
üblich. Gaby hatte sich das goldblonde Haar mit einer blauen Schleife
zusammengebunden: Eine seltene Gelegenheit, ihre hübschen Ohren zu bewundern.
Tarzan wußte gar nicht, daß sie Ohrringe trug, klitzekleine, mit blauen
Halbedelsteinen.
    „Sind das Clips?“ fragte er.
    „Um Himmels Willen! Die würde ich
dauernd verlieren. Nein, das sind Steck-Ohrringe.“
    „Also hast du Löcher in den
Ohrläppchen?“
    „Klar. Schon seit zwei Jahren. Man muß
aufpassen, daß sie nicht Zuwachsen. Als die frisch geknipst waren, hatte ich
Schwierigkeiten damit. Sie waren entzündet und taten weh. Aber das ist längst
vorbei.“
    „Verstehe. Wer schön sein will, muß
leiden. Aber du wärst auch ohne... äh... Sieh’ mal dahinten! Ein Sportflugzeug.“
    Es war mindestens zehn Kilometer
entfernt und verschwand jetzt hinter einer Hügelkuppe.
    „Ein Sportflugzeug“, sagte Gaby. „Sieh
da! Endlich sehe ich mal ein Sportflugzeug. Das ist mindestens das
Zehntausendste in meinem Leben. Und du sagst: Sieh mal! Als käme dort ein
Raumfahrzeug von der Andromeda — oder wie das heißt. Aber du wolltest vorher
was anderes sagen.“
    „Ich? Nein!“
    „Du sagtest: Aber du wärst auch ohne...
Und? Wie weiter?“
    Mist! dachte Tarzan. Und reckte das
Gesicht in den Wind, damit er ihn kühlte. Wieder mal verquatscht! Um ein Haar
hätte ich gesagt: Du wärst auch ohne das schön. Wie sie das mitkriegt! Aber ich
sag’s nicht! Was sollen Karl und Klößchen denken? Die grinsen ohnehin schon.
Hinterher heißt es, ich wäre in Gaby verknallt. Und sie würde das gleiche
denken. Daß mir das auch immer wieder passiert. Und wie sie mich dann anguckt!
Verdammt! Ich werde doch sonst nicht verlegen. Aber

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