Das Phantom der Schule
muß.“
„Ich schlage vor, heute nachmittag bleibt ihr zu Hause“, meldete sich Frau Kascha von vorne.
„Nein!“ riefen die vier Knickerbocker im Chor.
„Um dreiviertel fünf findet nämlich eine FerienspielFührung durch die Katakomben statt“, verkündete Lieselotte. „Da will ich unbedingt dabei sein.“
Dominiks Mutter blickte erstaunt in den Rückblickspiegel. „Eine Führung durch die Katakomben?
Wißt ihr überhaupt, was das ist?“
„Klar“, rief Dominik, „so eine Art Lagerhalle für Knochen und Skelette. Unter der Stephanskirche!“
Poppi blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Wie bitte?“ keuchte sie.
„Dominik hat etwas übertrieben“, beruhigte sie Frau Kascha. „Die Katakomben sind der größte unterirdische Friedhof der Welt. Dort liegen einige österreichische Herrscher und zahlreiche Domherren von St. Stephan begraben.
Außerdem haben die Katakomben bis vor etwa 100 Jahren auch als Friedhof für das Volk gedient. Allerdings dürft ihr euch keine Gräber mit Grabsteinen erwarten. Die Särge mit den Toten wurden damals in riesigen Kammern übereinander gestapelt. War eine Kammer voll, wurde sie zugemauert und die nächste gefüllt.“
Frau Kascha berichtete weiter, daß dieser Friedhof oft an Überfüllung gelitten hatte. Dann mußten Sträflinge alte Grabkammern öffnen und die Knochen und Totenschädel herausholen. Die Gebeine wurden gewaschen und in einer anderen Grabkammer „platzsparend“ übereinander geschlichtet.
„Jaja, die Katakomben sind heute eine Ausstellung der gräßlichsten Totenschädel und der klapprigsten Knochen“, krächzte Axel mit verstellter Gruselstimme, um Poppi Angst einzujagen.
„Also, ich will das sehen“, sagte Lieselotte.
„Ich komme mit!“ schloß sich Axel an. Auch Dominik war dabei. Nur Poppi zögerte.
„Weißt du was, wir beide gehen eine echte Sachertorte essen“, schlug Frau Kascha dem Mädchen vor. „Einverstanden?“
Natürlich war Poppi einverstanden. Aber auch die anderen drei wollten sich die Köstlichkeit nicht entgehen lassen und versprachen, später nachzukommen.
„Die Katakomben ... ein seltsamer Ort für ein Treffen“, überlegte Lilo. Wer dort wohl — außer Frau Stocker — noch auftauchen würde?
Die Sonne brannte an diesem Nachmittag im August ziemlich heiß vom Himmel. Auf dem Platz vor dem riesigen Dom bewegten sich die Menschen alle etwas langsamer als sonst. Die Hitze machte jedem zu schaffen.
Lilo, Axel und Dominik hatten gegenüber dem Riesentor — dem Haupteingang der Stephanskirche — Stellung bezogen.
„Der hohe Turm“, Dominik deutete mit dem Finger in die Höhe, „ist der dritthöchste Kirchturm der Welt! 136 Meter und einige Zentimeter mißt er!“
„Sehr gut, Kascha, setzen!“ flötete Lilo lobend.
„He, da kommt es ... unser rosarotes Panthermädchen“, zischte Axel und deutete zu einer Litfaßsäule.
Hinter ihr trippelte Petra Stocker in ihrem knall-rosa Hosenanzug und dem Wagenrad-Hut hervor. Um den Hals hatte sie einen langen, weißen Seidenschal geschlungen, und auf der Nase balancierte sie eine mächtige, dunkelblaue Sonnenbrille. Immer wieder blickte sie sich nach allen Seiten um.
„Hat wahrscheinlich Angst vor Verfolgern“, meinte Lilo.
Die Reporterin hielt eine dünne, längliche Handtasche unter dem Arm und marschierte zielstrebig durch das Riesentor.
Die drei Knickerbocker folgten ihr mit einigem Abstand.
„Wahnsinn“, staunte Lieselotte, als sie das riesige Kirchenschiff betrat.
„Siehst du die Kanzel?“ flüsterte ihr Dominik zu. Lilo nickte.
„Darunter befindet sich ein steinernes Fenster, aus dem ein Mann herausblickt. Das ist Meister Pilgram, ein Dombaumeister. Er hat sich unter der Kanzel selbst ein Denkmal gesetzt. Die Wiener nennen ihn ,Den Fenstergucker’! Und schau ... die steinernen Kröten, die auf dem Geländer der Kanzelstiege kriechen. Sie sind Zeichen für das ,Böse’. Der steinerne Hund hindert sie daran, ganz nach oben vorzudringen. Er ist das Zeichen für das ,Gute’.“ „He, kommt endlich“, zischte Axel den beiden anderen zu. „Die Stocker ist eine Stiege hinuntergelaufen. Ein Stück weiter vorne.“
Hastig gingen die drei Knickerbocker zu dem Stiegenabgang.
„Zu den Katakomben“, stand auf einem Schild. „Nächste Führung 17 Uhr. Treffpunkt hier.“
Axel blickte auf die Uhr. „Das ist ja jetzt! Wo soll diese Führung sein? Wieso ist niemand da?“
Am Fuße der Treppe fiel eine schwere Tür zu. Lilo deutete
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