Das Phantom der Schule
ihren Namen? Das Mädchen wollte fortlaufen, aber seine Beine bewegten sich nicht. Wie angewurzelt blieb Poppi stehen.
Langsam schwang die schwarze Kutschentür auf. Das Mädchen traute seinen Augen nicht.
Im Halbdunkel, das in der Kutsche herrschte, konnte Poppi an der Hinterwand eine rot gepolsterte Sitzbank erkennen. Doch niemand saß darauf. Wer hatte den Wagenschlag geöffnet? Es konnte doch kein Geist gewesen sein. Vielleicht befand sich aber noch eine zweite Sitzbank auf der Kutschbock-Seite.
Poppi stand zu weit links und konnte es deshalb nicht sehen.
„Steig ein ... Bitte, steig ein und frage nicht, warum!“ flüsterte die unheimliche Stimme.
Das Mädchen tappte langsam, Schritt für Schritt auf die Kutsche zu. Wie ein Magnet wurde es von der Stimme angezogen. Poppi stand nun direkt neben der offenen Tür und beugte sich zaghaft vor.
Als sie den Kopf in den Innenraum steckte, riß sie den Mund auf und wollte laut schreien. Auf der Bank, die ihr bisher verborgen geblieben war, hatte sie nämlich ein schwarzes Gewand und ein Paar schwere, schwarze Schuhe entdeckt.
Bevor sie noch einen Laut ausstoßen konnte, hatte sich schon eine schwere Hand, die in einem schwarzen Lederhandschuh steckte, über ihr Gesicht gelegt.
„Pssst, keinen Ton, bitte! Bitte sei still!“ wisperte ihr die geheimnisvolle Stimme ins Ohr.
Poppi drehte den Kopf und erkannte das Gesicht eines älteren Mannes. Er hatte graues Haar und einen weißen, buschigen Backenbart, der sich bis zum Kinn zog. Er trug einen schwarzen Zylinder und einen dicken, altmodischen, schwarzen Umhang.
Der Mann mußte große Kräfte besitzen. Er packte das Mädchen nun sanft mit der anderen Hand und hob Poppi in die Kutsche, als wäre sie leicht wie eine Feder. Sanft drückte er sie in die weichen, roten Polster. Dann beugte er sich über das zitternde Mädchen und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Diese ganze Aktion hatte nur einige Sekunden gedauert und war den anderen drei Knickerbockern nicht aufgefallen. Axel hatte zwar bemerkt, daß die Kutsche plötzlich schwankte. Allerdings war ihm das nicht sehr verdächtig erschienen.
„Heeeeiiiiaaaa!“ Mit diesem Schrei schwang sich der schwarze Kutscher nun auf den Kutschbock und riß an den Zügeln. Sofort setzten sich die Pferde in Bewegung und bogen auf die Straße.
„Vorsicht! Lieselotte! Weg!“ brüllte Dominik. Um ein Haar wäre das Superhirn niedergetrampelt worden. Durch einen mächtigen Satz nach hinten konnte sich Lilo aber in Sicherheit bringen. Schnell hatte sie sich vom ersten Schreck erholt und lief nun auf der Fahrbahn neben der Kutsche her.
Sie wollte unbedingt einen Blick auf die gruselige Gestalt werfen, die da auf dem Kutschbock thronte.
Als der Mann das bemerkte, zog er den Zylinder tief ins Gesicht, zerrte heftig an den Zügeln und schrie: „Hüüü! Hüüü! Lauft meine Pferdchen! Hüüü!“ Dann ließ er die Peitsche durch die Luft pfeifen. Die beiden Pferde in der ersten Reihe wieherten laut und bäumten sich auf. Als hätte sie jemand in das Hinterteil gestochen, galoppierten sie nun los.
Lieselotte fiel auf, daß selbst der schwarze Kutscher damit nicht gerechnet hatte. Krampfhaft klammerte er sich mit einer Hand an seinem Sitz fest und hielt mit der anderen die Zügel straff.
Die Hufeisen der Pferde klapperten laut über den Asphalt. Die alte Kutsche ächzte und knarrte.
Das Mädchen konnte nicht mehr Schritt halten und blieb stehen. Mit ungeheurem Tempo polterte das altertümliche Gefährt an Lilo vorbei.
Entsetzt erkannte sie, daß jemand hinten auf dem Trittbrett kauerte und krampfhaft versuchte, nicht herunterzufallen. „Axel!“ schrie Lieselotte außer sich. „Spring ab! Spring ab! Was soll das?“
„Poppi!“ rief Axel zurück. „Poppi muß da drinnen sein! Sie war plötzlich vom Gehsteig verschwunden. Ich lasse sie nicht allein.“
Erst jetzt fiel den beiden anderen das Fehlen des jüngsten Bandenmitglieds auf.
„Wieso ... wieso ist sie in der Kutsche? Wie konnte sie nur einsteigen?“ Dominik war fassungslos.
„Wahrscheinlich ist sie nicht freiwillig hineingestiegen“, vermutete Lilo.
Die Kutsche bog nun mit rasender Geschwindigkeit um die Ecke. Dabei neigte sie sich gefährlich zur Seite und wäre um ein Haar gekippt. Das Trappeln der Hufe verklang in der Ferne.
Lautes Hupen riß Dominik und Lieselotte aus ihrer Starre. Sie standen mitten auf der Straße und starrten noch immer in die Richtung, wo die Kutsche verschwunden war.
Axel versuchte mit
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