Das Phantom im Netz
ich eine gekaperte Nummer benutzte, um die Rückverfolgung meiner Anrufe zu erschweren. Es kam ihnen nämlich nie in den Sinn, dass jemand den Verteiler manipuliert haben könnte.
Ein paar Wochen zuvor hatte JSZ mir ein Konto bei »escape.com« eingerichtet, das seinem Kumpel Ramon Kazan gehörte. Wir beide konnten daraufhin direkt über das System kommunizieren. Es war zu einem der vielen Eintrittspunkte geworden, über die ich ins Internet ging. Da ich Root-Zugang hatte, hatte ich dort auch mehrere Hacking-Tools, Schwachstellen und Quellcodes von Unternehmen eingestellt, in die ich mich in letzter Zeit gehackt hatte. (Mein Account bei escape.com lautete »marty«, nach der Figur aus dem Film Sneakers – Die Lautlosen .)
Immer wenn ich mein Konto bei escape.com aufrief, wurde mir angezeigt, wann ich mich das letzte Mal eingeloggt hatte. Als Erstes stutzte ich dann immer das Protokoll, um meine Spuren zu verwischen. Jetzt aber fiel mir sofort auf, dass jemand anders sich in meinen Account eingeloggt hatte … und zwar von The Well. Jemand war da gewesen. Was hatte das zu bedeuten?
Ich ging sofort zu The Well und suchte dort herum, fand aber nichts, das mich zu einem geheimnisvollen Spion geführt hätte.
Schnell beendete ich die Verbindung. Ich fühlte mich beobachtet.
Währenddessen versuchte ein Sprint-Techniker, aus der Nummer schlau zu werden, die GTE verfolgt und dem Sprint-Netzwerk zugeordnet hatte. In der Kundendatei des Unternehmens tauchte die Nummer seltsamerweise nicht auf. Schließlich erkannte der Techniker, dass es sich gar nicht um eine Sprint-Nummer handelte – sie hatte nicht einmal eine Handy-Vorwahl. Shimmy bat das FBI, eine Konferenzschaltung einzurichten, damit er diesen seltsamen Umstand mit dem Sprint-Techniker besprechen könnte. Dann beschloss er, es selbst mit einem Anruf unter der Nummer zu versuchen – vielleicht würde ja jemand abnehmen. Sobald die Verbindung hergestellt war, hörte er ein knackendes Geräusch, das immer leiser wurde, bis der Anruf unterbrochen wurde. Die Techniker stutzten. Langsam kamen sie dahinter, dass ich eine Fail-Safe-Schaltung installiert hatte, damit sie mich nicht zurückverfolgen konnten, und sie fragten sich, ob ich tatsächlich am Verteiler gebastelt hatte.
Indem ich Sprints Mobilfunknetz nutzte, um mich über meine gekaperte Nummer bei Netcom einzuwählen, sah es aus, als stamme die gekaperte Nummer aus Sprints Netz – was sie aber nicht tat. Die gekaperte Nummer und Netcoms Einwahlnummer waren lediglich im selben Verteiler. Der Sprint-Techniker beschloss nun, die Taktik zu ändern und eine Anrufrückverfolgung durchzuführen. Statt nach Anrufen von der ausfindig gemachten Nummer zu suchen, suchte er nun nach Verbindungen zu der Nummer.
Es dauerte nicht lange, bis er fündig wurde. Seine Durchsuchung der Anrufprotokolle ergab, dass die betreffende Nummer wiederholt von einem Sprint-Mobiltelefon angerufen worden war – oder besser gesagt von der Handynummer, die ich zur Einwahl bei Netcom verwendete. Die Nummer stammte aus der Region Raleigh.
Der Techniker bemerkte, dass die Telefonate meist über dieselbe Sendezelle geleitet wurden. Das bedeutete, dass das Telefon sich wahrscheinlich an einem festen Ort befand. Damit wussten sie, wo ich war: in Raleigh.
Nachdem der Techniker Shimmy seine Erkenntnisse mitgeteilt hatte, setzte dieser sich in ein Flugzeug nach Raleigh.
Ich versuchte mehrmals, JSZ in Israel per Telefon und E-Mail zu erreichen, um die unwahrscheinliche Möglichkeit auszuschließen, dass er sich über The Well in mein »escape.com«-Konto eingeloggt hatte. Am Sonntagnachmittag, während Shimmy auf dem Weg nach Raleigh war, schickte JSZ eine Nachricht, die mich weiter im Ungewissen ließ:
Hallo,
heute Morgen hatte mein Vater einen schlimmen Herzinfarkt und liegt seitdem im Krankenhaus. Ich war den ganzen Tag dort und werde auch morgen die ganze Zeit im Krankenhaus sein. In den nächsten 3-4 Tagen sitze ich wohl nicht am Computer – ich hoffe, ihr habt dafür Verständnis.
Beste Grüße
Jonathan
Ich wurde immer nervöser und loggte mich sofort in den Verteiler ein, der die Einwahlnummern zu Netcom über den Research Triangle Park bereitstellte – diesen Weg hatte ich in Raleigh unter anderem als Internetzugang verwendet. Tatsächlich war es meine bevorzugte Route gewesen, da direkte Handyverbindungen zu Netcom in Denver und anderswo bei langen Sitzungen von keiner guten Qualität waren.
Ich untersuchte die
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