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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Unterstellung!«, ereiferte sich Haas.
    »Die dich nur trifft, weil sie stimmt.«
    Paul konnte nicht länger zuhören, weil eine Truppe Komparsen auf ihn zukam und ihn mit neugierigen Blicken musterte. Er versuchte, möglichst unbefangen zu wirken, und verließ gemeinsam mit ihnen den Trakt.

6
    Jan-Patrick hatte kleine Augen mit großen Ringen darunter – der Tribut des Spitzenkochs an einen Sechzehnstundentag? Oder lag es am Nachwuchs, der jede Nacht krähte? Paul war sich nicht ganz sicher, als er sich am Abend bei seinem Freund im Goldenen Ritter zum Essen einlud, um Ablenkung von den Aufregungen des Tages zu finden. Sicher hingegen war er in seiner Meinung über den Menüvorschlag des Küchenmeisters.
    »Klingt köstlich«, frohlockte Paul und nahm an seinem Stammplatz direkt neben dem Kücheneingang des urigen Altstadtlokals Platz. Jan-Patrick hatte einen neuen gastronomischen Schwerpunkt gesetzt, frei nach dem Motto »Zurück zur Natur«. Der quirlige Koch wollte sich fortan der Wald- und Wiesenküche widmen, und das nahm er durchaus wörtlich.
    »Darf ich dich mit Nesselmaultaschen verwöhnen?«, flötete Jan-Patrick und erklärte im Säuselton: »Für die Füllung nehme ich eine Handvoll zarter junger Brennnesselblättchen, vermenge sie mit Nesselblüten und kleingehackten grünen Haselnüssen, etwas Butter, Quark …«
    »Du bist verrückt«, entfuhr es Paul. »Wie kommt man bloß auf solche Ideen?«
    Jan-Patrick grinste – eindeutig selbstzufrieden trotz der Müdigkeit, fand Paul. »Die Konkurrenz schläft nicht. Man muss sehen, dass man seine Kundschaft bei Laune hält. Die ist mittlerweile nämlich ziemlich anspruchsvoll.«
    »Brennnesseln, grüne Nüsse … – sag mal: Woher beziehst du deine Rohstoffe? Doch wohl kaum vom Großmarkt.«
    Der Koch freute sich augenscheinlich über diese Frage. »Nein, da ist mehr Kreativität gefragt. Nehmen wir zum Beispiel Löwenzahn: Die mildesten Blätter gedeihen auf Maulwurfshügeln. Oder Brunnenkresse: Sie fühlt sich am wohlsten an sauberen, fließenden Gewässern. Den Kleinen Wiesenkopf oder auch Pimpernell erkennst du an seinen eiförmig-ovalen und stark gezackten Blättern, wenn du beim Spazierengehen die Augen offen hältst. Und beim Giersch ist es wichtig, dass du die Babyblättchen pflückst, sobald sie aus der Erde spitzen.«
    Paul war bass erstaunt, welche Wissensflut da auf ihn einströmte: »Du bist gerade erst Vater geworden. Woher nimmst du neben der Küchenarbeit die Zeit, im Wald nach Maulwurfshügeln und winzigen Blättern zu suchen?«
    »Nun«, Jan-Patrick hüstelte, »ein wenig delegieren muss man schon.«
    »Das heißt im Klartext?«
    »Es heißt, dass mein Azubi schon seit dem Frühjahr beim morgendlichen Joggen durch den Reichswald ein kleines Körbchen unter dem Arm trägt. Seine Ausbeute wird frisch verarbeitet oder für die spätere Verwendung eingefroren, so wie die Nesselblüten.«
    »Über diese Mehrbelastung ist er sicherlich begeistert«, spottete Paul.
    »Willst du nun die Maultaschen oder nicht?«
    »Ja ja, ich nehme sie. Dazu ein Gläschen vom Hauswein, bitte.«
    »Geht klar.« Bevor Jan-Patrick in der Küche verschwand, erkundigte er sich: »Warum bist du eigentlich hier? Nur zum Essen?«
    »Hauptsächlich ja. Aber ich bin auch verabredet.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Hannah sollte eigentlich schon da sein.«
    »Du triffst dich mit Hannah? Was heckt ihr beiden denn schon wieder aus?«, wollte der Koch wissen.
    Paul wiegelte ab: »Das braucht dich nicht zu interessieren. Jedenfalls geht es nicht um einen Kriminalfall, wenn du darauf anspielst.«
    Hannah tauchte mit einer für ihre Verhältnisse geringen Verspätung auf. Sie war leger gekleidet wie meist. Als sie sich nach kurzer Begrüßung zu ihm setzte, löste sie ihr Haargummi und schüttelte ihre Lockenmähne aus. »Puh! Noch ganz schön warm für die Jahreszeit, was? Ich bin mit dem Fahrrad gekommen.« Ihre blauen Augen tasteten Pauls Gesicht prüfend ab. »Was gibt es denn so Wichtiges? Weshalb wolltest du mich sehen? Plagt dich das schlechte Gewissen wegen deines heimlichen Sauna-Dates?«
    Paul beschloss, die Getränke abzuwarten. Erst nachdem diese serviert waren, erklärte er mit gedämpfter Stimme: »Ich muss deine Mutter unter vier Augen sprechen.«
    »Warum verabredest du dich dann mit mir und nicht mit ihr?«, fragte Hannah verständnislos.
    »Weil …« Paul suchte nach den passenden Worten. »Ich brauche ein wenig Zeit mit ihr allein. Du kennst deine Mutter doch

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