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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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den Weg beschrieben hat?«
    »Britta, die Sängerin? Wohl kaum. Ich würde eher vermuten, dass jemand unser Gespräch belauschte und mir dann gefolgt ist. Die Kantine war proppenvoll, und die Tische stehen dort dicht beieinander. Es gab Dutzende freiwillige oder unfreiwillige Zuhörer.«
    »Dann wird es schwierig, deinen unheimlichen Schatten zu identifizieren. Es bleibt vorerst also doch beim Phantom.«

7
    Paul setzte alles daran, am nächsten Tag überpünktlich auf Probebühne 2 zu erscheinen. Einen weiteren Rüffel seines Chefs wollte er um jeden Preis vermeiden. Er war angehalten worden, ab jetzt die hauseigene Fotoausrüstung anstelle seiner eigenen zu verwenden. Daher musste er vor seinem Einsatz auf der Probebühne noch schnell im Büro seines Vorgängers vorbeischauen und sein Equipment zusammenstellen. Dieses Büro, das noch über eine angeschlossene Dunkelkammer aus alten Zeiten verfügte, hatte er bisher nur einmal betreten und seinen Aufenthalt dort auf ein Minimum beschränkt, denn er hatte ein flaues Gefühl bei dem Gedanken, dass er quasi im Revier eines anderen wilderte, wenn er dessen Raum und Ausrüstung einfach so nutzte.
    Doch so war nun mal der Gang der Dinge, und Paul verscheuchte diese Bedenken aus seinem Kopf. Er hatte das Zimmer am Ende eines Seitenflügels bald erreicht und nestelte nach dem Schlüssel, den man ihm schon am ersten Tag übergeben hatte. Da bemerkte er, dass die Tür nur angelehnt war. Er wunderte sich ein wenig über diese Nachlässigkeit, denn immerhin lagerten in dem Raum Fotoausrüstungen im Wert von einigen tausend Euro. Er gab der Tür einen leichten Schubs und wollte gerade eintreten, als er mitten in der Bewegung innehielt. Hatte er eben ein Geräusch aus dem Raum gehört?
    Sehr langsam ging Paul weiter und sah sich in Baumanns Quartier um. Es war ein alles in allem unordentliches und recht schmuddeliges Büro. Die Reinigungskräfte hatten offensichtlich schon vor geraumer Zeit vor diesem Raum kapituliert, denn sonst wäre es kaum erklärlich gewesen, dass auf einem Sideboard noch die leeren Verpackungen eines Fastfood-Menüs lagen. Paul suchte weiter nach der Quelle des Geräuschs, konnte zunächst aber nichts finden.
    Als er sich schulterzuckend daran machte, eine abgenutzte Fototasche mit zwei Kamerabodys, Blitzlicht und mehreren Objektiven zu füllen, erstarrte er. Da war doch wieder etwas zu hören! Ein Rascheln und zwischendurch ein leises Rumpeln. Paul stand angespannt mitten in dem Büro und spitzte die Ohren. Kurz darauf hatte er die Quelle lokalisiert: die Dunkelkammer.
    Paul schlich zu dem dicken schwarzen Vorhang, der das Büro von der Kammer trennte. Er schob ihn zur Seite und sah mit Befremden einen großen, korpulenten Mann, der mit fahrigen Bewegungen einen Stapel Papiere durchwühlte. Was machte Klinger da?
    Wie Paul schnell erkannte, hatte sein Vorgänger die nicht mehr benötigte Dunkelkammer in eine Art Archiv umfunktioniert. Stapelweise lagen Fotoabzüge, Negativmappen, Programmhefte sowie reichlich Rechnungen und andere Dokumente herum. Ein heilloses Chaos! Auf was genau es Klinger abgesehen hatte, konnte Paul nicht beurteilen.
    Da der Dramaturg so beschäftigt war, dass er ihn nicht bemerkte, hustete Paul dezent in seine Faust. Augenblicklich drehte sich Klinger zu ihm um und starrte ihn an. Er sah erschrocken aus, und seine Körperhaltung verriet, dass er sich ertappt fühlte. Aber dieser Eindruck hielt kaum eine Sekunde an. Klinger fand sehr schnell seine Fassung wieder und zwang ein überlegenes Lächeln auf sein feistes Gesicht.
    »Herr Flemming«, sagte er nun beinahe belustigt. »Heute zur Abwechslung mal pünktlich?«
    Paul lag die Frage auf der Zunge, was Klinger in Baumanns Räumen zu suchen hatte, er verkniff sie sich aber. Stattdessen sagte er: »Das habe ich Ihnen ja zugesichert. Auf mich ist Verlass.« Er deutete auf die Kameratasche, die er über der Schulter hängen hatte. »Ich habe nur noch schnell die passende Ausrüstung zusammengestellt.«
    »Prima«, lobte Klinger und nickte in Richtung des Ausgangs. »Dann wollen wir keine Zeit verlieren. Auf geht’s!«
    »Okay«, sagte Paul. Er hielt den Vorhang auf, sodass sein Chef die Dunkelkammer verlassen konnte. Da er aber nicht gleich kam, warf Paul noch einen kurzen Blick nach hinten. Dabei registrierte er eine blitzschnelle Bewegung von Klingers rechter Hand: Irgendetwas hatte er sich in die Tasche seines Jacketts gesteckt.
     
    Die heutige Stellprobe fand zu Pauls Enttäuschung

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