Das Pharma-Kartell
Alpine. Was gibt es?“
„Können Sie mich nicht zuerst dort hinfahren? Es liegt auf dem Weg.“
„Gut, wenn Sie wollen“, willigt er ein. „Ich mache Sie mit den Leuten bekannt. Was soll ich ihnen sagen?“
„Die Wahrheit. Aber ohne Panikmache.“
„Und wir haben ihnen gesagt, er sei auf Dienstreise“, knurrt Kylian Fabre. „Da stellen wir uns ganz schön bloß.“
„Das ist kein Hindernis. Sie haben eben gedacht, er sei auf Dienstreise, und dann festgestellt, dass er weg ist.“
Fabre biegt ab, und eine Minute später halten wir vor dem Gebäude mit den Treppenstufen, den Büros der Alpine, die mich lebhaft interessieren.
Alpine AG
Das zweigeschossige Gebäude wirkt aus der Nähe recht belebt. Hinter den verhangenen Fenstern mit den halbgeschlossenen Jalousien sind Stimmen zu hören, jemand diktiert etwas, gedämpft und flink surrt ein Computer. Vor der Tür unterhalten sich einige Männer in Burnussen (Kapuzenmantel der Beduinen) lebhaft in ihrer kehligen Sprache.
Wir steigen die Treppe zum Obergeschoss hinauf, zum Büro des Direktors. Ingenieur Lorenzo Fiore ist für einen Direktor verhältnismäßig jung – an die Vierzig, ein ruhiger, ziemlich reservierter Mann. Er empfängt uns indes liebenswürdig und bittet uns sofort hinein, obwohl sein Schreibtisch mit Akten überhäuft ist und er im Moment seiner Sekretärin etwas diktiert. Sie ist eine dienstlich lächelnde, charmante Frau, eine von den Frauen, deren Alter man nicht bestimmen kann. Nicht eine überflüssige Bewegung. Alles an ihr ist ausgewogen durch jahrelange Erfahrung. Sie erlaubt sich nur ein Fünkchen Neugier in den Augen vor dem Hinausgehen. Ich erläutere zurückhaltend, was zu erläutern ist, bitte Ingenieur Fiore, uns diskret behilflich zu sein. In erster Linie möchte ich wissen, wer Doktor Enzo Larchey zuletzt gesehen hat und aus welchem Anlass.
„Ich habe ihn…“, er zögert, „wahrscheinlich am Mittwoch gesehen.
Da war etwas mit den Boxen, den sterilen Räumen.“
Fiore scheint nicht überrascht. Entweder weiß er es schon, oder Larcheys Verschwinden interessiert ihn überhaupt nicht.
„Um sicherzugehen“, schließt er, „fragen wir am besten Ingenieur Tommaso Poletti, unseren Chefingenieur. Was meinen Sie?“
Ich erwidere, dass ich mich ganz auf seine Diskretion verlasse. Er drückt auf eine Taste der Sprechanlage und sagt ein paar Worte.
Ingenieur Poletti, der nach ein paar Minuten hereinkommt und mir vorgestellt wird, ist ein großgewachsener blonder Mann, ungefähr fünfzig Jahre alt. Vermutlich ist er ein bisschen eitel – er trägt eine Frisur, die die angegrauten Schläfen geschickt verdeckt. Er ist ein gut aussehender Mann gewesen und ist es immer noch – energisch, konsequent, mit einem Hauch von Exaktheit im Ausdruck. Wenn Fiore der unerbittliche Verwaltungsmann ist, die Voraussicht, so ist dieser die Aktion.
Mit ein paar Worten lege ich dar, was ich wissen möchte. Wann ist Doktor Larchey zum letzten Mal hier gewesen? Mit wem hat er sich getroffen? Wann er selbst, Tommaso Poletti,ihn gesehen und aus welchem Anlass? Ich entschuldige mich vorsorglich für die Störung.
„Darauf kann ich Ihnen sofort antworten“, sagt er sachlich und zieht ein Notizbuch aus der Tasche. Er blättert ein paar Seiten durch. „Doktor Larchey? Donnerstag, vierzehn Uhr dreißig. Gegenstand des Gespräches: die Elektroinstallation in Box Nummer zwei. Die Frage ist Ingenieur Hentschel zur Bearbeitung übergeben worden. Reicht das?“
Das reicht überhaupt nicht, dieser Telegrammstil ist gar nicht nach meinem Geschmack. Bei unserer Arbeit zählen nicht nur Fakten, bisweilen sind die Nebenumstände, die diese Fakten begleiten, wichtiger. Aber was will ich machen, ich bedanke mich und versuche es noch einmal.
„Noch eine Frage, wenn Sie gestatten. Vielleicht eine mehr persönliche… Sie kennen Doktor Larchey. Wie hat er damals ausgesehen? Ist Ihnen etwas aufgefallen? Etwas, was Sie uns mitteilen könnten?“
Er überlegt einen Augenblick.
„Nein… das heißt… ja. Aber das ist, wie soll ich sagen, sehr subjektiv.“
„Ich bitte Sie, der Eindruck ist wichtig.“
„Gut. Er kam mir ein bisschen… ungeduldig vor, mehr als gewöhnlich. Es stimmt, Frau Krüger war mit den Zeichnungen im Verzug, aber es war eine zusätzliche Aufgabe. Doktor Larchey wusste, wie die Dinge lagen, aber er erschien mir… unnötig gereizt.“
Ich kann mir vorstellen, was sich hinter diesem „unnötig gereizt“ verbirgt.
„Kann
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