Das Pharma-Kartell
eigenen düsteren Scherz. Nach einer unbehaglichen Pause stimmen wir mit ein. Was bleibt uns anders übrig?
Das San-Benjamin-Krankenhaus
Samat sitzt eingezwängt zwischen Schreibtisch und Stahlschrank in seinem Miniaturbüro und betrachtet mit der Lupe Fingerabdrücke auf langen Bändern.
Die Lampen hat er angeschaltet – draußen dämmert es schon. Er steht auf, um mich zu begrüßen, und deutet auf den Sessel.
„Nehmen Sie Platz, Herr Kollege. Was gibt es Neues vom Surfing?“
Die alten Sessel sind nicht sonderlich bequem, aber irgendwie richte ich mich ein.
„Im Großen und Ganzen war es interessant“, antworte ich. „Mir sind da ein paar Ideen gekommen. Doch zunächst – wissen Sie, wer in Ihrem Namen bei Molly gewesen ist?“
„Wer?“
„O’Sullivan!“
„Ach, zum Teufel!“, knurrt Samat ärgerlich. „Ich hätte es mir denken sollen. Ist es sicher?“
„Molly und Riad haben ihn nach dem Foto erkannt.“
„So ist das also… ich wollte mich auch gerade mit Ihnen in Verbindung setzen, als Sie anriefen. Wissen Sie, weshalb? O’Sullivan ist vorgestern Abend mit Doktor Larchey im Nachtklub gewesen!“
Klar. Der Kreis schließt sich. Samat hat erneut den Spitzgesichtigen aufgesucht und ihn ausgefragt.
„Haben Sie das etwa schon gewusst?“, fragt Samat. Er sieht, dass ich nicht eben überrascht bin.
„Nur vermutet. Sonst ginge die Patience nicht auf.“
„Welche Patience?“
Ich erzähle ihm von meiner Methode des Nachdenkens mit den Zettelchen. Samat findet sie bemerkenswert, hat aber offensichtlich andere Methoden.
„Die Patience geht auch jetzt nicht auf“, füge ich hinzu. „Aber ein paar Dinge werden wenigstens klarer… Auf Kosten anderer. Ist noch jemand in Ihrem Fotolabor?“
„Ja. Weshalb?“
„Ich habe ein paar Aufnahmen vom Surfing.“
Samat drückt auf eine Taste der Sprechanlage, die vor ihm steht. Inzwischen knöpfe ich meine Manschettenknöpfe ab und zerre den Sessel zum Schreibtisch. Das Öffnen dieser Knöpfe ist ein bisschen kompliziert, und ich möchte die mikroskopisch kleinen Filmrollen nicht auf den Fußboden fallen lassen. Samat schiebt mir zuvorkommend die Lampe hin.
Ein hochgewachsener Mann im Kittel tritt ein, dessen Ärmel von Säure zerfressen sind. Ich übergebe ihm die Röllchen und setze mich wieder im Sessel zurück.
„Gut“, sage ich. „Dort war einer hinter mir her. Sie werden seine Visage sehen. Wichtiger aber ist etwas anderes. Sind Sie immer noch der Meinung, dass Sie im Zusammenhang mit Larcheys Verschwinden nicht weiter zu ermitteln brauchen?“
Er schweigt eine Sekunde.
„Nein… Die Lage hat sich verändert. Und Sie halten weiter an Ihrer Version fest, die Sie gestern Abend erwähnten?“
„Ja. Hinter den Vorgängen um Doktor Larchey steckt Industriespionage. Und wie sich zeigt, ist O’Sullivan darin verwickelt.“
„So sieht es aus. Es wäre gut, wenn wir die Fakten noch einmal durchgingen.“
„Das wollte ich Ihnen vorschlagen.“
„Und ich möchte Ihnen erst eine Tasse Kaffee vorschlagen. Möchten Sie?“
„Danke, da sage ich nicht Nein.“
Er drückt zweimal auf eine andere Taste der Sprechanlage, offenbar das Zeichen für den Kaffee. War ein guter Einfall. Ich bin fix und fertig, die Kopfschmerzen melden sich auch wieder.
Nach dieser Manipulation zieht Samat einen Ordner auf dem Schreibtisch zu sich heran. Diesen Ordner kenne ich vom Vormittag, aber er ist nicht mehr so hoffnungslos dünn.
„Den Anfang kennen Sie.“ Er überschlägt die ersten Seiten. Vorigen Montag ist er aus London gekommen. Er hat das Visum bekommen, um in der Bibliothek von Al Agadir zu arbeiten.
„Und was ist, war er dort?“
„So klug ist er nicht gewesen. Oder er hat keine Zeit gehabt. Morgens hat er das Hotel verlassen, spätabends ist er wiedergekommen. Ein einziges Mal hat ein Mann am Telefon nach ihm gefragt, soweit man sich dort erinnert.“
„Wann ist das gewesen?“
„Das können sie nicht sagen. Mittwoch oder Donnerstag. Oder vielleicht Freitag. Eine wertvolle Information.“ Samat grinst sauer.
„Immerhin etwas. So wissen wir wenigstens, dass er nicht allein ist.“
„Natürlich ist er nicht allein. Er ist ein Profi und mit einem Auftrag hier. Und zwar im Zusammenhang mit Doktor Larchey. Er sucht ihn, findet ihn im le Corsaire.“
„Wissen Sie Genaueres? Wie ging das vor sich?“
„Er hat drinnen gesessen, als Larchey hereinkam. Sowie er ihn sah, ist er aufgestanden, und die beiden sind
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