Das Philadelphia-Komplott
Fenster. Der Schneefall war stärker geworden und hatte die Straße bereits mit einer dünnen weißen Schicht überzogen. “Er ist an der Küste”, sagte sie, wobei sie bereits die Nummer ihres Büros wählte. “Und die Telefonleitungen sind tot.”
“Violet”, sagte sie und lächelte Dot aufmunternd zu. “Mir ist etwas dazwischen gekommen. Ich werde heute nicht mehr ins Büro kommen.”
“Warum? Wo bist du?” Syd konnte sie beinahe vor sich sehen, wie sie mit besorgtem Blick aus dem Fenster schaute.
“Ich bin auf dem Weg zu Gregs Haus in Tuckerton.”
“Syd! Das kann nicht dein Ernst sein. Schau dir doch mal an, was da draußen los ist.”
“So schlimm ist es auch nicht.”
“Aber das wird es noch. Es ist einer der Südstürme”, sagte sie und klang dabei wie eine Wetterexpertin. “Sie rechnen mit mehr als einem Meter Schnee bis morgen Früh.”
“Morgen Früh werde ich schon wieder zu Hause sein.”
“Was auch immer du mit Greg zu besprechen hast – und ich kann mir wahrlich nicht vorstellen, was das sein sollte”, setzte sie mit leichtem Sarkasmus hinzu, “kannst du doch auch am Telefon diskutieren.”
“Die Leitungen sind tot.”
“Dann warte bis morgen.”
“Das kann ich nicht. Dot hat gerade ein weiteres Erpresserschreiben bekommen. Sie hat bis Mitternacht Zeit, um das Geld zusammenzukriegen, und ihr fehlen noch zweihunderttausend Dollar.”
“Und du willst Greg fragen, ob er dir das Geld gibt?” Violet klang entsetzt.
“Ich habe keine andere Wahl. Mir läuft die Zeit davon.”
“Deinem neuen Freund wird das nicht gefallen.”
“Jake ist nicht mein neuer Freund. Und überhaupt handelt es sich hier um eine rein geschäftliche Transaktion, ein Darlehen sozusagen.”
“Und du glaubst nicht, dass Greg irgendeine Gegenleistung fordert? Ein kleines Entgegenkommen? Zum Beispiel deine Einwilligung in eine Hochzeit?”
Syd konnte nicht garantieren, dass das nicht passieren würde, aber im Moment wollte sie nicht über Gregs mögliches Druckmittel nachdenken. “Ich sehe dich morgen Früh”, sagte sie. “Sei vorsichtig da draußen.” Bevor Violet protestieren konnte, hatte Syd aufgelegt.
Sie steckte das Telefon in ihre Handtasche. “Würde es dir etwas ausmachen, mich zur Garage zu fahren, wo mein Auto steht?”, fragte sie Dot. “Das würde mir eine Menge Zeit sparen.”
Dot war bereits aufgestanden. “Sicher mach ich das – ich hole nur schnell meine Schlüssel.”
41. KAPITEL
D er späte Wintersturm, der in dem Moment aufgekommen war, als Jake Middletown verlassen hatte, überzog die gesamte Ostküste mit einer Schneedecke und machte das Fahren mehr als gefährlich. Letzte Nacht hatte Jake aus seinem Hotelzimmer Syd angerufen und ihr die Kette der unglücklichen Ereignisse erzählt – angefangen mit seinem Anruf bei Ted, bis hin zu dem Treffen mit Farah.
“Ich kenne Farah nicht”, hatte sie ihm gesagt. “Aber ich denke, dass sie erst einmal mit ihrer Trauer und mit der Wut zurechtkommen muss. Wenn sie dann in einer ruhigen Minute alles, was du ihr erzählt hast, aus der richtigen Perspektive betrachtet, wird sie sich auch wieder bei dir melden.”
Er bezweifelte das, aber nach dem Gespräch mit Syd war die Schuld für ihn etwas leichter zu ertragen.
Als er Philadelphia kurz vor zwei erreichte, rief er Ramirez an und berichtete ihm, was er von Colin Wright gehört hatte.
“Sie hätten sich mit mir besprechen sollen, bevor Sie ihn anrufen.” Ramirez klang wütend. “Was ist, wenn Victor davon erfährt?”
“Ich hoffe, dass er es herausfindet. Und bevor Sie mich daran erinnern, dass der Mann gefährlich ist, lassen Sie sich gesagt sein, dass ich sehr gut selber auf mich aufpassen kann.”
“Jake, hören Sie mir zu.” Ramirez’ Stimme klang etwas sanfter. “Ich habe heute Morgen mit einigen meiner Vorgesetzten gesprochen, und wir sind uns alle einig. Wir wollen Sie da rausholen.”
Die Ampel an der Sixth Street sprang auf Grün und Jake fädelte sich in den Verkehr ein, die Scheibenwischer versuchten auf höchster Stufe, gegen den Schnee anzukommen. “Was heißt das?”
“Wir wollen Sie an einem sicheren Ort wissen. Wo van Heusen und seine Meute Sie nicht finden können.”
“Sollen sie mich doch finden, ich bin vorbereitet.”
“Nein, sind Sie nicht. Diese Männer sind Fanatiker und unberechenbar.”
“Victor hat in dem Moment eine persönliche Sache daraus gemacht, als er sich Ted vorgenommen hat. Ich werde diesen Job zu Ende bringen,
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