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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Nudel mit aller gebotenen Strenge nahe, in ihrer Abwesenheit nicht allzu viel Unsinn anzustellen. Er bearbeitete gerade mit seinen scharfen Babyzähnchen Sofies Gürtel und schaute treuherzig, aber nicht übermäßig beeindruckt zu ihr auf.
    Â»Komm bloß nicht zu früh wieder!« Sofie rollte ihre Haselnussaugen. »Vor morgen Mittag will ich dich hier nicht sehen, verstanden! Ich halte natürlich die Daumen. Alle!«
    Â»Und ich die Zehen!« Das kam von Feli, die hoffentlich nicht ahnte, was ihre Mutter da vorhatte.
    Die Halle war in einen venezianischen Palazzo verwandelt, scheinbar überall verschwenderisch mit Stoffen dekoriert, die sich erst beim näheren Hinsehen als gemalte Papierwände entpuppten, geschmückt mit zahlreichen antiken Statuen aus Originalpappmaschee, illuminiert von unzähligen Kerzen. Jubelnde Musik erfüllte den Raum, an dessen tüllverhüllter Fensterfront das Büfett aufgebaut war. Natürlich gab es nicht das Geringste daran auszusetzen, Graziella Civitali hatte sich in Bestform gezeigt. Marinierte Sardinen, Triglie alla livornese, Kalbfleisch in Weißwein, gefüllte Zucchiniblüten, Frittata di carciofi, gebratener Radicchio, Kürbis-Mandel-Eier, lauwarmer Polenta-Auflauf, gefüllte Zwiebeln, geschmortes Kaninchen, Trippa alla fiorentina, Teufelshähnchen, Calamari ripieni – und von allem mehr als reichlich. Die Liste der italienischen Köstlichkeiten schien endlos. Dabei hatte Linda die üppig bestückten Nebentische mit Brot, Butter, Käse und Früchten nur mal eben im Vorbeigehen gestreift.
    Â»Ausgezeichnet! Aber wer um Himmels willen soll das denn alles essen?« wollte sie wissen.
    Â»Ich habe eher Bedenken, dass die Leute hungrig nach Hause gehen müssen«, seufzte Bruno, blass vor Aufregung und ungeheuer nervös. »Stell dir nur mal vor, das reicht nicht. Wie unendlich peinlich!« Er tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Falls überhaupt jemand kommt!«
    Â»Hör einfach gar nicht hin, Linda«, warf Aki spielerisch ein, »das sagt er nämlich jedes Jahr. Und hinterher war natürlich wieder er es, der für das prima Gelingen des Festes verantwortlich zeichnete. Kennen wir bereits! Immer die gleiche Leier.«
    Â»Na, wer sonst? Du vielleicht?« Bruno hatte sich vor seinem Freund aufgebaut. »Wer hat denn bis vor zwei Tagen vergessen, sich, wie zugesagt, um den Wein zu kümmern? Und wer wollte unbedingt noch den tollen Schwulenchor engagieren, der jedoch natürlich leider, leider längst auf Monate im voraus ausgebucht war …« »Da hast du es, Linda!« Aki grinste. »Jeden Sommer das gleiche Spiel – Brunos übliches Chaosgeunke, bevor die Gäste eintreffen. Eine Art psychisches Warming-up, nichts wirklich Ernsthaftes. Das braucht er einfach! Sonst steht er das Spektakel heute Abend garantiert nicht durch.« Er zwinkerte ihr zu. »Du siehst übrigens hinreißend aus, ganz nebenbei bemerkt. ›Lady in red‹ – die wandelnde Verführung!«
    Ihr Puls ging um einiges schneller. Nicht wegen seines Kompliments, obwohl sie sich sehr darüber freute. Sondern wegen des schlanken, dunkelhaarigen Mannes, der eben den Palazzo betreten hatte und sofort auf sie zusteuerte. Robert Häusler trug eine schwarze Hose, ein schickes, weißes Dinnerjacket und bewegte sich selbstsicher und geschmeidig. Beinahe wie ein zweibeiniges Raubtier. Keine Ahnung, warum ihr ausgerechnet dieser Vergleich in den Sinn kam.
    Â»Da ist sie ja, meine Ballkönigin«, sagte er. »Und ganz in Rot – überwältigend! Ich hoffe, ich bin noch nicht zu spät.« Ein formvollendeter Handkuss. Natürlich errötete sie wider Willen leicht dabei. Jetzt fühlte sie sich ihm gegenüber definitiv nicht mehr wie der Kumpel von der Tankstelle, der im nächsten Moment einen kräftigen Schulterschlag bekommt. Seine Augen waren blauer und blanker als je zuvor. Mit diesem Blick hat er wahrscheinlich schon Generationen von Frauen aus der Fassung gebracht, sagte sich Linda. Aber nichts half gegen dieses süße, schmerzlich ziehende Gefühl in ihrer Brust, das sich in seiner Nähe deutlich intensivierte.
    Â»Keineswegs! Dauert wohl noch, bis es richtig losgeht«, erwiderte sie schnell und fand sich dabei alles andere als originell. Selbstredend begann sie sofort wieder mit sich zu hadern. Wieso fielen ihr eigentlich nie

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