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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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grundsätzlich eine Illusion ist. Und dass Sie, was immer Sie verlieren, auch immer etwas gewinnen – wenn Sie bereit sind, das anzuerkennen. Deshalb hat die verbreitete Sehnsucht nach Sicherheit soviel Selbstzerstörerisches. Deshalb zahlt das Unternehmen für das Streben nach Sicherheit – wie vordergründig sinnvoll sich auch die ISO-9001-bis-7-Total-Quality-Null-Fehler-Progamme gebärden mögen – den Preis: Initiative, Mut und Risikobereitschaft drohen auf der Strecke zu bleiben. Unbenommen: Es ist hilfreich, sich auf Qualitätsstandards zu einigen. Aber weit dringender brauchen wir Initiative! Eine Initiative für die Initiative in den Unternehmen: unternehmerische Initiative, technologische Initiative, mentale Initiative.
    Was wir brauchen, ist ein Bewusstseinsrahmen, in dessen Mittelpunkt die Eigeninitiative steht. Entwickelt der Mitarbeiter eigene Ideen? Greift er Anregungen auf? Setzt er Begonnenes fort? Wie selbstständig arbeitet er? Wartet er auf delegatorische Abfallprodukte, oder sucht er sich selbstständig Aufgaben und Ziele? Denkt er über Änderungen innerhalb seines Aufgabengebietes nach? In welchem Maße beschafft er sich selbst die nötigen Informationen? Bleibt er auch in Situationen ungewöhnlicher Belastung konzentriert? – Mit Mitarbeitern, die wie Schrankenwärter immer aufs Klingelzeichen warten, werden wir den Wettbewerb der Zukunft nicht bestehen. Daher: Ermutigen Sie zu Initiative und Zivilcourage? Oder geben Sie Beispiele dafür, dass Anpassung belohnt wird?
    |84| Die Ambivalenz der Ziele
    Nun wird diese Initiative in Unternehmen vorrangig mit Blick auf irgendwelche Unternehmensziele gedacht, mithin der Blick angestrengt in die Zukunft gerichtet. Zielerreichung um (fast) jeden Preis ist oft die unausgesprochene Losung vieler Unternehmenskulturen. Der Weg zum Ziel wird oft gering geschätzt, die zieltragenden Prozesse im Unternehmen, das »Wie« der Zielerreichung bleiben oft Stiefkinder. Man denke nur an die Utopien des umgreifenden Visions-Geraunes. Vieles, was an kleinschrittiger Verbesserung möglich ist, verliert sich im visionären Großen und Ganzen. In der dünnen Luft des Zukünftigen ist die Gefahr groß, die konkreten Forderungen der Gegenwart als nebensächliches Kleinklein abzuwerten. Mehr noch: Die Mega-Entwürfe ermöglichen es den Unternehmen nicht selten, in ihren inneren Fehlhaltungen zu verharren. Häufig genug gilt:
Wer eine Vision braucht,
hat in der Gegenwart nichts zu bieten.
    Durch die Fokussierung auf Ziele wird der Zukunft der Vorrang auf Kosten der Gegenwart eingeräumt. Ein konkretes Beispiel dazu: In einem großen Konzern der Nahrungsmittelindustrie hatte man nach der Wiedervereinigung 1989 Goldrauschzahlen eingefahren und die Erwartungen der amerikanischen Mutter auch für die Folgejahre entsprechend hochgeschraubt. Rezession und andere Einflüsse ließen die Erwartungen unerfüllt; man wuchs nur noch wenig und produzierte wieder einmal eines jener selbstinszenierten Dramen, die sich an zu hoch gesteckten Erwartungen auftürmen und in Top-Down-Kulturen üblich sind. Überliefert ist, wie ein Manager in einem Meeting einen aus voller Seele lachenden Mitarbeiter anfuhr: »Was lachen Sie denn so! Sie haben wohl den Ernst der Lage nicht richtig erkannt.« Immer noch ist der Glaube verbreitet, dass verbissenes Anstrengen und eine Atmosphäre der langen Gesichter so was wie »zusätzliche« Motivation entfesseln. Genau auf diese Weise wird das Ziel verfehlt. Denn vor den Erfolg haben die Götter den Spaß gesetzt.
    Ein anderes Phänomen, das Sie wahrscheinlich kennen: »Wenn ich erst dieses Ziel erreicht habe, dann werde ich …« – »Beim nächsten Karrieresprung bin ich saturiert, dann kann ich …« So |85| denkt der Schüler ans Abitur, der Student ans Examen, der Trainee an den Vorstandsjob und der Vorstand daran, sich »zur Ruhe zu setzen« und seine Hobbys zu pflegen. Viele stellen sich, unbekümmert um die Reichtümer, die sie umgeben, auf die Zehenspitzen, um in die Zukunft zu sehen.
Jetzt
meine Arbeit genießen? Später! Später!
    Auch diese Erfahrung machen viele: die eigenartige Leere, wenn das Ziel erreicht ist. Ein Ziel erreichen heißt: sich ein neues suchen. Weiter! Weiter! Ein Ziel können Sie – als Ziel – eigentlich nur
zerstören
. Der Volksmund sagt: Wer Ziele hat, hüte sich, sie zu erreichen. Auf zur nächsten Runde! Sisyphos’ Scheitern war nicht die Hoffnungslosigkeit seines Bemühens; es bestand lediglich in der Illusion, er

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