Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
Vom Netzwerk:
Telefone?
    Nichts und niemand kann Sie stressen. Jeder einzelne kreiert Stress vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrung. Er gibt den Dingen individuelle
Be-Deutung
, er deutet sie. Er ist eminent kreativ, weil er das Erleben aktiv gestaltet. Und was den einen aufregt, lässt den anderen völlig kalt.
    Mensch, ärgere mich nicht
    »Mein Chef hat mich geärgert.« Ist das möglich? Natürlich nicht. Sie selbst produzieren Ärger, weil Sie gewählt haben, sich zu ärgern. Weil Sie glauben, das sei vor dem Hintergrund Ihres Wertsystems die angemessene Reaktion. Nichts und niemand kann Sie ärgern. Das müssen Sie schon zulassen. Das Gesellschaftsspiel weiß das schon lange: »Mensch, ärgere
dich
nicht!« heißt es, nicht »Mensch, ärgere
mich
nicht!«.
    Es besteht aber allseits die Tendenz, sein Umbehagen dem |104| Unternehmen, dem Chef, dem Kollegen, dem Mitarbeiter anzulasten: »Dieser Chef ist nun aber wirklich die letzte Krücke.« Der Chef ist aber nicht so.
Sie
machen ihn so. Sie sind derjenige, der das Unbehagen verspürt; Sie können auch etwas daran ändern. Warten Sie nicht, dass die anderen etwas tun, da können Sie unter Umständen lange warten. Weil die anderen es anders erleben.
    Ärger über einen Mitarbeiter läuft auf den Wunsch heraus: »Wenn Sie mir doch nur ähnlicher wären.« Ist er aber nicht. Es fällt vielen Menschen furchtbar schwer, anderen das Recht zuzugestehen, nicht so zu sein, wie sie sie gerne hätten. Jeder Ärger ist das Ergebnis zwanghafter Erwartungen. Wenn wir das erkennen, sind wir nicht frei von Problemen, aber frei von der daraus entstehenden Lähmung.
    Natürlich: wer sich ärgert, lenkt die Aufmerksamkeit auf sich, fühlt sich bedeutend und immer auf der richtigen Seite. »Es geht ja um die Sache!« Um die ging es noch nie. Jeder glaubt zwar, für die »Sache« und für allgemeinste Prinzipien zu streiten, wie »man« sich zu verhalten hat. Dabei macht er nur seine eigenen Wertmaßstäbe, seine Erfahrungen und Sichtweisen verbindlich für alle anderen. Mit welchem Recht?
    Gefühle
    Es sind nicht die Vorgänge an sich, die uns verletzen. Es ist unsere Art und Weise, darauf zu reagieren. Aber können wir diese Reaktion auch wählen?
Entscheiden
wir uns dafür, unglücklich zu sein? Ich höre den Einwand, das sei doch viel zu rational gedacht. Gefühle seien doch auch im Spiel. Und die Gefühle würden einen doch häufig »überwältigen«. Kann man Gefühle überhaupt steuern?
    Schon in den Kuschelkulturen der 68er Generation immunisierte der Rückgriff auf Gefühle gegen jedwede vernünftige Auseinandersetzung um rationale Lebenspraxis. »Das ist halt so mein Gefühl …« – und das Gespräch war beendet. Gefühle erzielten höchste Respektwerte. Heute noch ist es Brauch, die Verantwortung für ein bestimmtes Verhalten an die Gefühle abzutreten. Eine kleine Liste sprachlicher Unverantwortlichkeiten:

    |105| »Er geht mir mit seinem Perfektionswahn furchtbar auf die Nerven.«
    »Ich kann nichts dafür, dass ich so empfinde.«
    »Als Sie gesagt haben, wir hätten das Projekt nicht im Griff, hat mich das sehr geärgert.«
    »Sie haben mich vor aller Augen blamiert.«
    »Ich sehe abgespannt aus? Wir machen gerade den Jahresabschluss; da können Sie sich vorstellen, was bei uns los ist.«

    Alle diese Sätze sagen unterschwellig: »Ich bin für meine Reaktion nicht verantwortlich. Der andere oder die Umstände zwingen mir Gefühle auf.« Machen Sie eine kleine Übung. Achten Sie bei der nächsten Besprechung mal darauf, wie viel Zeit auf Opfer-Stories, auf Weh und Ach und Ich-kann-nichts-dafür verwandt wird. Sie werden staunen, wie viel Zeit dabei zusammenkommt. Und wie viel Unverantwortlichkeit.
    Die in unserer Kultur sehr verbreitete Trennung zwischen Denken und Fühlen steht auf dünnem Eis. Wir können nicht fühlen, ohne zu denken, und nicht denken, ohne gleichzeitig zu fühlen. Entsprechend unseren Erfahrungen in der Vergangenheit produzieren wir richtungsgleich emotionale Energien, die unsere Gedanken energetisch unterfüttern und die wir dann als Gefühle wahrnehmen. Gedanken bedingen Gefühle. Und Gefühle bedingen umgekehrt auch Gedanken.
    Die Trennung zwischen »Kopf« und »Bauch« ist somit zwar beliebt, aber nicht haltbar. Sie wäre das Ende menschlicher Freiheit. Warum beliebt? Weil sie uns scheinbar ent-antwortet. Wir verweisen auf die Eigendynamik unserer Gefühle und hoffen auf Preisnachlass. Die Akten der Verkehrspolizei sind voll von Nachrichten aus

Weitere Kostenlose Bücher