Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
Vom Netzwerk:
grundsätzlich und bedingungslos freundlich gegenüber dem anderen ist – weil er sich selbst mag. Sie können nur dann einen anderen mögen, wenn Sie sich selbst mögen.

|165|
Führen zur Selbstverantwortung
    Es ist unmöglich, Verantwortung zu delegieren.
    Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
    Es war klar: Der Chef war das Problem. Er hielt seine Mitarbeiter davon ab, ihre Aufgaben als
ihre
Aufgaben überhaupt wahrzunehmen. Er dominierte jede Besprechung. Er gab jede Lösung vor – manchmal, bevor das Problem überhaupt klar umrissen war. Er fiel seinen Leuten ins Wort, vollendete und ergänzte ihre Sätze. Ging mit seiner Meinung immer in die Vorlage. »Ich bin offen für alles, aber wir sollten doch …« Er veränderte die Tagesordnung während der Konferenz, sprach Punkte an, auf die niemand vorbereitet war. Er traf die Entscheidungen selbst. – Und er beklagte sich ständig, dass seine Mitarbeiter keine Initiative zeigten.
    Dabei verschwieg er geflissentlich, wie wohl er sich dabei fühlte. Sonst würde er es ja anders machen. Es ist ja auch großartig, so wichtig zu sein, immer im Zentrum des Geschehens, am Puls der Zeit, im Auge des Sturms. Feuerwehrmann zu spielen, die Sankt-Georgs-Nummer als helfender Retter schimmelreitend zum Wohle der Gemeinschaft (oder doch eher zum eigenen Wohl?), mit Flugzeugen zu wichtigen Verhandlungen durch die |166| Welt zu jetten, Faxe meterweise, Rückrufe mitten in der Nacht. Menschen schauen auf ihn, warten auf seine Entscheidung. All das sagt: »Ich bin wichtig, und ich mache einen wichtigen Job!« Heimlich liebt er diese Inszenierungen der Unersetzlichkeit. Dann ist es auch in Ordnung, wenn er den Preis dafür zahlt. Charles de Gaulle wird der ironische Satz zugeschrieben: »Die Friedhöfe sind voll von unentbehrlichen Männern.«
    Für das Unternehmen ist es nicht in Ordnung. Es arbeitet energetisch weit unterhalb seiner Möglichkeiten. Um es ganz deutlich zu sagen: Solche Verhaltenweisen sind ein massiver Loyalitätsbruch am Unternehmen. Denn wie können Menschen unternehmerisch handeln, wenn sich Führung von oben nach unten als Weisungs- und Problemlösungshierarchie aufbaut? Solange Führungskräfte ihre Rolle so verstehen, als sei es ihre Aufgabe, die Probleme ihrer Mitarbeiter zu lösen, so lange werden die Mitarbeiter mit ihren Problemen zur Führungskraft rennen. Der Chef löst das Problem, der Mitarbeiter legt sich wieder hin, denkt: »Hat mal wieder funktioniert«, und der Chef jammert über die Unterzuständigkeit seiner Leute.
    Was tun? Delegieren! lautet der gut gemeinte, wenn auch etwas altbackene Rat. Na gut, dann delegieren wir mal.
    Delegatorische Durchlauferhitzer
    So läuft das meistens ab: Der Chef ruft den Mitarbeiter zu sich: »Herr Müller, ich möchte Ihnen diese Aufgabe vollständig übergeben. Es muss in acht Wochen fertig sein, und ich möchte Sie bitten, mir jeden Montagmorgen kurz zu berichten, wie weit Sie sind. Und: Egal was ist – wenn Sie Fragen haben oder Hilfe brauchen, zögern Sie nicht, mich anzusprechen. Die Tür steht immer offen.« Klingt sauber. Aber wie viele Chefs schauen beim Vorübergehen »mal eben« in das Büro des Mitarbeiters hinein und fragen, wie es denn so läuft: »Wie geht’s denn voran mit dem Projekt?« Killed by friendly fire: Der Mitarbeiter spürt förmlich, dass ihm permanent über die Schulter geschaut wird. Die Übersetzung lautet: »Ich habe Ihnen das Projekt zwar übergeben, aber natürlich |167| traue ich Ihnen nicht zu, es allein erfolgreich zu beenden, deshalb frage ich jedes Mal nach, wenn wir uns sehen.«
    Es gibt kaum demotivierendere Praktiken in der Chef-Mitarbeiter-Beziehung. Ein Mitarbeiter muss spüren, dass ihm vertraut wird. Denn Vertrauen ist ein wechselseitiger Prozess. Grotesk zu sehen, wie viele erzkapitalistische Unternehmer Lenins Satz vom »guten« Vertrauen, aber der »besseren« Kontrolle im Banner tragen. Dabei ist Misstrauen nur die Intelligenz der Benachteiligten. Ohne Vertrauen jedoch gibt es keine Selbstverantwortung des Mitarbeiters.

    »Aber einige Mitarbeiter erwarten doch, dass man sich ständig um sie kümmert!« Tun Sie immer das, was andere von Ihnen erwarten? Oder kommt diese Mitarbeitererwartung Ihren Größenidealen entgegen? Wenn es Ihnen darum geht, dass Mitarbeiter wirklich Verantwortung übernehmen, dann müssen Sie sich auch
innerlich
von dieser Aufgabe lösen und nicht permanent dem Mitarbeiter |168| heimlich oder auch weniger heimlich über die Schulter schielen. Es

Weitere Kostenlose Bücher